Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
Vom Netzwerk:
hat Harmon unsere Party gestört. Heute Nacht wird er wohl der Gastgeber sein.«
    »Die Luft fühlt sich komisch an«, bemerkte Sue. »Als wäre sie elektrisch geladen.«
    Odus war die ganze Zeit so angespannt gewesen, dass er sich ausschließlich auf die Schmerzen in seiner Magengegend konzentriert hatte. Jetzt, wo er in Gesellschaft war, konnte er sich wieder ein bisschen entspannen. Er sog die feuchte Nachtluft ein. Sie roch nach Balsamkiefer und nassen Blättern, dickem Lehm und Moos – die satten, heilsamen Düfte des Hochwalds.
    Doch unter diesem Duftmantel lag ein Hauch von Schwefel und Ozon, wie der Geruch eines Leichnams, der unter der Salbung des Bestatters hervorsticht. Es stank nach Verwesung, ein Geruch, der nicht von dieser Welt schien. Der Gestank war fast greifbar, so als ob er über seine Haut strich und böse Gedanken und Taten in ihm anregte.
    »Die anderen werden bestimmt auch bald zu uns stoßen«, meinte Sarah.
    »Er hat uns hierher geführt?«, fragte Sue.
    »Jesus hielt seine Predigt auf einem Berg«, sagte Odus. »Vielleicht will es Harmon genauso machen.«
    »Du glaubst doch nicht etwa, dass er der Teufel ist, oder?!«, warf Sue mit einem Unterton in der Stimme ein, aus dem herauszuhören war, dass für sie solche Fantasien ausschließlich ins Reich der schlechten Horrorfilme gehörten.
    »Oder der Dibbuk aus dem jüdischen Volksglauben«, meinte Sarah. »Auch wenn ich davon keine Ahnung habe.«
    »Vielleicht könnte uns Gordon Smith weiterhelfen«, sagte Odus. »Er kennt sich doch mit sowas aus. Und wenn ich es mir recht überlege, kommt es mir schon komisch vor, dass er nie viel darüber gesprochen hat.«
    »Vielleicht schämt er sich dafür«, meinte Sarah. »Ist schließlich seine Blutsverwandtschaft. Und haben wir nicht alle Verwandte, über die wir nicht gerne sprechen?«
    Sister Mary trat einen Schritt nach vorn, auf die Stelle, die von den Scheinwerfern wie eine Bühne beleuchtet wurde. Sue ließ die Zügel fahren, so dass das Pferd zu Odus gehen konnte. Sister Mary strich mit der Nase über Odus’ Tasche und er holte einen Apfel heraus. Sie zermalmte ihn mit seltsam schiefen Kaubewegungen, die Odus an die Ziegen erinnerten und wie sie sich außerhalb ihrer natürlichen Trächtigkeitsperiode immer stärker vermehrten.
    »Die Herde«, sagte er und erinnerte sich dunkel an die Christenlehre, als der Religionslehrer versucht hatte, sie mit Ausmalbüchern und Postern zu ködern. Jesus war darauf oft mit einer Herde oder einer Schar zu sehen, mal waren es Schafe, mal Kinder in langen Umhängen. Manchmal waren auch Erwachsene mit unterschiedlichen Hautfarben abgebildet, so dass man daraus schließen konnte, dass auch Schwarze in den Himmel kamen. Allerdings gab es nicht allzu viele von ihnen, und Gott gab ihnen bestimmt einen eigenen Platz. Aber immer wieder ging es darum, dass sich Menschen oder Tiere um Jesus herumscharten. So als würde es Gottes Sohn langweilig werden, wenn er nicht ständig von Lebewesen umgeben wäre, die auf ein weises Wort von ihm warteten. Oder auf etwas zu essen.
    »Was für eine Herde?«, wollte Sarah wissen.
    »Wegen der Ziegen musste ich daran denken«, erklärte Odus. »Sie haben sich im letzten Jahr rasend schnell vermehrt, besonders auf Gordons Hof. Man konnte kaum über seine Felder laufen, ohne sie überall brunften zu hören. Ich dachte immer, dass Gordon das vielleicht braucht, damit er sich gut fühlt. So als ob er der Anführer des ganzen Haufens wäre. Vielleicht hat er deshalb auch eine Frau mit Kind geheiratet.«
    »Und was hat das mit dem Wanderprediger zu tun?«, fragte Sue.
    »Der braucht auch eine Gefolgschaft. Und das sind wir.«
    Sarah sah sich um, als hätte sie Angst vor dem, was sich hinter der trügerischen Sicherheit der Scheinwerfer verbarg. Die Schrotflinte hatte sie auf den Boden gestützt. »Wozu braucht er denn ausgerechnet uns? Er hätte doch einfach jemanden umbringen und abhauen können!«
    »Vielleicht braucht er dieses Mal was Anderes«, warf Odus ein. »Und ist dir aufgefallen, dass wir beide brauchen gesagt haben? Als ob wir eine Aufgabe zu erfüllen hätten.«
    »Deshalb fühlen wir uns vielleicht auch so, als ob wir auf einer Mission wären«, warf Sue ein. Ihre Stimme klang aufgeregt. Das erinnerte Odus daran, wie jung sie war und wie neu Solom und seine Traditionen für sie waren. Doch sie schien lernfähig zu sein, oder sie war einfach nur genauso durchgeknallt wie die anderen aus der Runde.
    Manchmal hatte Odus sich

Weitere Kostenlose Bücher