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Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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Reis oder getrocknete Bohnen gekauft. Sicher war es kein Zufall, dass der junge Mann gerade heute hier aufgetaucht war. Der Grund für ihr gemeinsames Kommen lag mit Sicherheit in den Tiefen des Schädels unter dem zerfressenen schwarzen Hut begraben.
    Das hieß, wenn der Wanderprediger an dieser Stelle überhaupt noch ein Gehirn hatte. Sarah konnte sich gut vorstellen, dass der Schädel, wenn man ihn mit einer Ladung Schrot zum Bersten brachte, nichts weiter hervorbringen würde als stinkend schwarzes Pech. Der Saft des Bösen und des Wahnsinns, der wahrscheinlich auch durch Satans heißkalte Adern gepumpt wurde. Sie war versucht, Harmon Smith eine Ladung Schrot ins Hirn zu blasen, einfach um zu sehen, was dann passierte. Doch irgendwie hatte sie das Gefühl, dass für ihr großes Theaterstück noch jemand fehlte. Harmon musste noch ein paar Kulissen aufstellen und zurechtrücken, und er schien es damit nicht besonders eilig zu haben. Wahrscheinlich war eine Sonntagnacht im Vollmondschein seine perfekte Vorstellung von einer netten kleinen Zusammenkunft.
    »Schießen Sie auf ihn, Sarah«, sagte Sue in der Fahrerkabine des Jeeps. Warum junge Leute nur immer so ungeduldig sein mussten.
    »Man legt nicht so einfach jemanden um, ohne ihm die Chance zu geben, sein Anliegen zu erläutern«, sagte Sarah und unterdrückte die Angst in ihrer Stimme. »Ansonsten wäre dieses Geschlecht schon vor Jahren ausgelöscht worden. Außerdem ist es bestimmt ganz unterhaltsam zu hören, welche Lügen aus dem Munde dieses Mannes kommen.«
    »Ich verkünde nichts als die Wahrheit«, rief Harmon, obwohl er viel zu weit weg gestanden hatte, um Sarahs Worte zu hören. Gerade so außerhalb Sarahs Schussweite. Aber er schien in Reichweite des Bogens zu stehen, den der junge Mann jetzt ansetzte. Sarah sah, dass er noch andere Waffen über seiner Schulter trug. In einem Pistolenhalfter am Gürtel steckte eine Seitenwaffe. Seine Ausrüstung erinnerte an einen Geheimagenten aus einem Film, der nicht so recht wusste, in welcher Zeit er spielte.
    »Gehören diese Scheißviecher Ihnen?«, fragte der junge Mann. Seine Stimme zitterte, entweder vor Angst oder vor Wut.
    Harmon machte eine ausladende Handbewegung, die den gesamten Berg und das darunterliegende Tal einschloss. »Das alles hier gehört mir«, antwortete der Prediger. »Und auch andere Orte sind mein. Meine Wege sind lang, mein Dienst ist nie getan.«
    »Hör auf, so geschwollen zu reden, Alter«, warf ihm der junge Mann entgegen. »Wenn Ihnen diese Viecher gehören, dann müssen Sie mir Schadenersatz zahlen. Denn sie sind in mein Grundstück eingedrungen.«
    »Zäune sind was für die Lebenden. Ich gehe, wohin ich will. Denn Solom gehört mir.«
    Sarah hatte das Gefühl, dass der Finger, mit dem der junge Mann den Bogen gespannt hielt, ziemlich nervös war.
    »Mein Anspruch ist urkundlich eingetragen«, entgegnete er.
    »Und mein Anspruch ist im Buch des Wissens verewigt.«
    »Sind Sie von der Regierung?«
    »Ich bin keinem Gesetz verpflichtet.«
    »Was soll dieses rätselhafte Gelaber?«, rief der junge Mann und wandte sich an Sarah, Sue und Odus. »Und was wollt ihr eigentlich hier?«
    »Wir sind aus demselben Grund hier wie Sie«, antwortete Sarah.
    »Um ein paar verfluchte Ziegen umzulegen?«
    »Sie sind wegen mir gekommen«, warf der Wanderprediger ein. »So wie alle meine Geschöpfe.«
    »Hey, Alter, ich hab mit eigenen Augen gesehen, wie die Ziegen Sie aufgefressen haben!«
    »Ich nähre meine Herde.«
    Sarah fand keine andere Erklärung, als dass Harmon Smith zu Lebzeiten irgendwann mal ein paar auf den Kopf gekriegt haben musste. Vielleicht als er seine methodistischen Neigungen gegen den Glauben an Fleischesopfer eingetauscht hatte. Nachdem er ein paar hundert Jahre in den Hinterwäldern umhergestreift war, dabei verschiedenen Orten in den Appalachen seinen Besuch abgestattet und hin und wieder jemanden getötet hatte, hatte er wahrscheinlich mit seinem Wahnsinn Frieden geschlossen. Die Wege waren lang und der Pfad staubig, doch wer auf einer solchen Mission unterwegs war, musste sich mit der Einsamkeit arrangieren. Auch wenn er sein Pferd zum Gefährten hatte, so war der Wanderprediger doch mutterseelenallein, von Gott und Teufel verstoßen, gemieden von allen sterblichen Wesen. Aber warum scharten sich dann all diese Menschen um ihn wie die Motten ums Licht?
    »Ich habe eine Offenbarung zu verkünden«, sagte Harmon Smith, als ob er Sarahs Gedanken lesen konnte. Mit seinen

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