Solomord
Landeshauptstadt nicht gerade die beste. Wild gestikulierend, überholte ihn der Fahrer des silbernen Mercedes, und Brandt war für einen kurzen Augenblick versucht, seine Hand vom Lenker zu lösen und den Mittelfinger auszustrecken. Doch schon stieß er auf das nächste Verkehrshindernis, eine Mutter mit Kinderwagen hatte sich geradezu todesmutig auf die Fahrbahn gestürzt.
»Nutzen Sie doch den Fußgängerübergang!«, rief er ihr zu und wich geschickt aus. Wieder ertönte ein lautes Hupen. Genervt erreichte er schließlich das Präsidium.
»Morgen, Hagen«, begrüßte sein Kollege ihn und erzählte anschließend gleich von seinem gestrigen Besuch in der JVA.
»Ich weiß nicht, aber irgendetwas stimmt da nicht«, schloss er seinen Bericht, »wir sollten noch mal mit Frau Roeder sprechen.«
»Das können wir auf dem Weg zum Grafenberger Wald erledigen. Gibt’s sonst was Neues?« Teichert schüttelte den Kopf. »Nicht wirklich. Ein paar Anrufe aus der Bevölkerung. Die Kollegen gehen den Hinweisen bereits nach.«
Die Tür zu ihrem Büro wurde geöffnet. »Gut, dass ich euch noch treffe. Es gibt einen konkreten Hinweis. Ein Anwohner hat einen verdächtigen schwarzen Wagen gemeldet. Wir haben bereits den Besitzer überprüft. Haltet euch fest, der Typ ist wegen sexueller Belästigung bereits vorbestraft. Scheint ’ne heiße Spur zu sein. Fahrt doch gleich mal raus!«
Teichert lenkte den Wagen durch die zum Teil engen Gassen in der Karlstadt. Der über 200 Jahre alte Stadtteil mit seinen rechtwinkligen Straßen beherbergte mehrere Sehenswürdigkeiten der Stadt. Bei dem guten Wetter wanderten viele Leute auf den zum Teil kopfsteingepflasterten Straßen und erschwerten ein zügiges Vorankommen. Brandt betrachtete einige der klassizistischen Gebäude, die in den letzten Jahren weitgehend saniert worden waren. Er fragte sich, wie der vorbestrafte Dieter Heinze wohl die Miete für eine Wohnung in diesem Viertel aufbrachte. Seinem Wissen nach waren die Preise hier nicht gerade niedrig. Außerdem war Dieter Heinze laut ihren Informationen arbeitslos.
Sie parkten direkt auf dem Gehweg vor der ihnen bekannten Hausnummer. Der schwarze Landrover stand nur wenige Meter entfernt.
Brandt drückte den messingfarbenen Klingelknopf neben dem Namensschild.
»Ja bitte?« Eine raue Männerstimme drang aus der Sprechanlage.
Nachdem er seinen Namen genannt hatte, summte der Öffner. Teichert drückte die schwere Holztür auf.
Auf dem Treppenansatz im zweiten Stock stand ein drahtiger Mann mit Brille und Schnauzbart. Brandt schätzte ihn auf Mitte 50. Er trug einen dunklen Anzug, seine dunkelbraunen Haare waren sorgfältig nach hinten gekämmt.
»Herr Heinze?« Der Mann nickte.
Sie nahmen auf einem gestreiften Samtsofa im Wohnzimmer Platz. Die Wohnung war geschmackvoll eingerichtet, überall standen antike Möbel, gegenüber der Fensterfront befand sich ein Kamin, vor dem ein Tierfell ausgebreitet lag.
Dieter Heinze präsentierte sich als fürsorglicher Gastgeber, bot den beiden Eistee und Kekse an.
»Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte er, während die beiden an ihren Gläsern nippten.
»Es geht um Ihren Wagen«, begann Teichert, »Sie sind doch der Halter des Landrovers, der unten auf der Straße parkt?«
»Ja?«
»Wo waren Sie vorgestern in der Zeit zwischen 12 und 13 Uhr?«
Dieter Heinzes Blick wurde misstrauisch. »Geht es etwa um das verschwundene Mädchen?«
»Herr Heinze, bitte beantworten Sie unsere Frage.«
»Damit habe ich nichts zu tun. Ich bin ein anständiger Bürger. Seit der Sache von damals habe ich mir nichts zuschulden kommen lassen.«
Brandts Blick wanderte durch den Raum. »Und dies alles können Sie sich von Ihrem Arbeitslosengeld leisten?«
Das Gesicht ihres Gegenübers verfärbte sich dunkelrot. Er habe geerbt, erklärte er mit knappen Sätzen die exklusive Einrichtung.
»Und wo waren Sie am Mittwoch?«
Dieter Heinze bat noch einmal um die genaue Zeitangabe, lehnte sich in seinem Sessel ein wenig zurück und tat, als dachte er angestrengt nach. Kurz darauf antwortete er: »Ach, Mittwochmittag, da war ich zu einem Empfang im ›Malkasten‹. Sie können das gern überprüfen, es gibt jede Menge Zeugen.« Er grinste.
Auf dem Weg zu Sabine Roeder rief Brandt einen Kollegen im Präsidium an. »Ja, genau«, bestätigte er. »Mittwochmittag, Empfang im ›Malkasten‹! Okay, bis später.« Er legte auf.
Teichert blickte ihn fragend an. »Meinst du, der Typ hat etwas mit dem Verschwinden zu
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