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Solomord

Solomord

Titel: Solomord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Duenschede
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vermutet.
    »Hat Herr Wagner etwas mit Maries Verschwinden zu tun?«
    Er sah die Furcht in ihren Augen und konnte gut nachvollziehen, dass sie die Ereignisse der letzten Zeit ängstigten, und die Geheimniskrämerei, die Brandt betrieb, trug nicht gerade dazu bei, dem Mädchen die Angst davor zu nehmen, dass ihr Ähnliches widerfahren konnte. Immerhin war eine Mitschülerin von ihr spurlos verschwunden. Er rang mit sich. Sollte er ihr sagen, dass sie den Täter ausfindig gemacht hatten und dass ihr Vater genau in diesem Augenblick darauf wartete, ihn festnehmen zu können? Würde sie das beruhigen oder eher noch unsicherer werden lassen?
    Er räusperte sich.
    »Also, wir haben heute …«
    Weiter kam er mit seiner Erklärung nicht, denn genau in dem Moment, in dem er für sich beschlossen hatte, dass es besser sei, Brandts Tochter die Wahrheit zu sagen, klingelte sein Telefon. Auf dem Display blinkte der Name seines Kollegen. Er deutete ihr mit dem ausgestreckten Zeigefinger, den er gegen seine Lippen presste, zu schweigen. Dann drückte er die Aufnahmetaste des Rekorders und nahm das Gespräch an.

    Eilig lief Michael Wagner den Flur entlang. Er hatte das Licht nicht angeschaltet, aber Brandt nahm seinen Schatten wahr, als er an der Wohnzimmertür vorüberhuschte. Er setzte sich in dem Sessel auf und lauschte angespannt.
    Den Geräuschen nach befand sich Wagner im Schlafzimmer. Er hörte, wie eine Jalousie heruntergelassen wurde, dann das Aufziehen von Schubladen. Brandt stand auf und schlich in den Flur.
    Sein Gehör hatte ihn nicht getäuscht. Die Tür zum Schlafzimmer war weit geöffnet. Wagner stand mit dem Rücken zu ihm und führte Selbstgespräche. Dabei blickte er auf etwas, das er in den Händen hielt.
    »So, Yvonne, nun bleiben wir für immer zusammen. Nichts kann uns mehr trennen, wirst sehen!«
    Er beugte sich über seinen Koffer, legte den Gegenstand aus seinen Händen hinein, klappte den Deckel hinunter und ließ die Verschlüsse zuschnappen. Noch einmal ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen, ehe er nach dem Koffer griff und sich umdrehte.
    »Guten Abend, Herr Wagner!«
    Der Mann erschrak und ließ vor Entsetzen den Koffer fallen. Ein dumpfer Knall ertönte und Wagner zuckte erneut zusammen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er ihn an.
    Brandt, der insgeheim ob des gelungenen Überraschungseffektes triumphierte, blieb gelassen. Der Nachbar wirkte völlig verstört. Ein Angriff schien unwahrscheinlich.
    »Wollen Sie verreisen?«
    Er deutete auf den Koffer. Der andere folgte seinem Fingerzeig.
    »Wohin soll die Reise denn gehen? An die Ostsee?«
    Die Verblüffung über Brandts Auftreten und seine wissenden Fragen stand Wagner ins Gesicht geschrieben, aber langsam fasste er sich.
    »Wie kommen Sie in meine Wohnung?«
    Der Kommissar ging darauf gar nicht ein. Er versuchte, sein Gegenüber mit den Tatsachen, die ihm bisher bekannt waren und die ihn hierher geführt hatten, weiterhin aus der Fassung zu bringen.
    »Wir haben Ihre Mutter gefunden.«
    Wagner schluckte und begann langsam zu verstehen, warum der Polizist hier war. Allerdings konnte er nur vage Vermutungen darüber anstellen, wie viel der andere tatsächlich wusste. Dennoch entschied er sich, die Flucht nach vorn anzutreten.
    »Sie ist ganz friedlich eingeschlafen.«
    »Das wird sich zeigen.«
    Brandt traute ihm nicht. Und solange die Ergebnisse der Obduktion nicht vorlagen, kamen für ihn alle Varianten in Frage.
    »Ist das alles? Sind Sie deswegen hier?«
    Stück für Stück verflüchtigte sich die Überraschung und ermöglichte es ihm, zumindest nach außen eine gewisse Gelassenheit zu demonstrieren. Er kniff die Augen zusammen und blickte ihn durchdringend an.
    Brandt ärgerte sich, dass sein Gegenüber sich anscheinend so schnell gefasst hatte. Der Kerl ist ganz schön abgebrüht, dachte er und überlegte, wie er Wagner ein weiteres Mal in die Enge treiben konnte.
    »Das ist leider nicht alles. Sagen Ihnen die Namen Michelle Roeder und Marie Priebe etwas?«
    Er erwartete gespannt die Reaktion seines Gegenübers, doch weder an dessen Blick noch Körperhaltung war es ihm möglich, irgendetwas abzulesen. Wagner tat, als überlege er angestrengt, ehe er antwortete:
    »Sind das nicht die beiden Mädchen, die vor Kurzem verschwunden sind? Ist doch in jeder Zeitung zu lesen. Ich glaube, ich habe sogar einen Bericht darüber im Fernsehen gesehen.«
    Langsam wurde es Brandt zu bunt. Für wie schlau hielt sich der Typ eigentlich? Gut, sie

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