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Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Titel: Someone like you - Dessen, S: Someone like you Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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mittlerweile in einem Pflegeheim untergebracht. Einige der Insassen waren bettlägerig, andere hingegen noch mobil, zumeist Frauen in Rollstühlen mit Elektromotor, die auf den Fluren an uns vorbeidüsten, Handtasche eisern im Griff. Überall roch es durchdringend nach dem billigen Raumspray, der dort mehr als reichlich benutzt wurde. Jeder freie Quadratzentimeter Wand war mit Thanksgiving-Dekorationen gepflastert: Truthähne, Pilger, Maiskolben. Man bekam das Gefühl, dass nicht nur dieser, sondern jeder Feiertag an diesem Ort sehr wichtig war, geradezu zwanghaft wichtig, weil es sonst nicht mehr viel gab, auf das man sich freuen konnte, wenn man erst einmal dort gelandet war.
    Ich hatte die Fahrt nach Buffalo weitestgehend verpennt, da mein Vater darauf bestanden hatte, um vier Uhr früh loszufahren, um einen satten Vorsprung vor allen anderen Autofahrern zu haben, die wegen des Feiertags unterwegs waren. Bei jeder unserer Reisen achtete mein Vater sorgfältig darauf, einen »satten Vorsprung zu bekommen«. Auch das gehörte zu den absurden Lieblingsbeschäftigungen meines Vaters: andere Autofahrer austricksen. Außerdem fummelte er ununterbrochen an der Sendereinstellung des Autoradios herum, um sich die |235| Konkurrenz anzuhören und einen Überblick zu verschaffen, wie er sagte. Es nervte, echt, weil ich nie in Ruhe einen Song zu Ende hören konnte.
    In der Nacht vor unserer Abfahrt lag ich stundenlang wach. Schreckte bei jedem Wagengeräusch hoch. Ich rechnete eigentlich fest damit, dass Macon vorbeikommen würde, um noch einmal Tschüs zu sagen, und sei es nur, indem er hupte. Er wusste, dass ich mir Sorgen wegen meiner Großmutter machte, konnte allerdings nicht gut damit umgehen. Familienangelegenheiten waren nicht gerade sein Ding, sondern ihm geradezu unangenehm. Außerdem tat es mir Leid, wie wir auseinander gegangen waren. So hatte ich es nicht gewollt, so ungeklärt. Doch er kam nicht. Also versuchte ich ihn mir vorzustellen, wie er zusammen mit den wenigen seiner Freunde, die ich flüchtig kannte, an Orten abhing, die er, wie ich wusste, regelmä ßig aufsuchte – Häuser, Kneipen, Treffpunkte, von denen ich allerdings auch nur wenige aus eigener Anschauung gesehen hatte. Versuchte mich selbst davon zu überzeu gen , dass er sich genug aus mir machte, um sich nicht anderswo zu holen, was ich ihm nicht gab.
    Als ich in Oma Halleys Zimmer trat, fiel mir als Allererstes auf, wie klein sie wirkte. Sie lag mit geschlossenen Augen im Bett; vom Fenster her fiel ein quadratischer Fleck Sonnenlicht auf ihr Gesicht. Sie sah aus wie eine Puppe. Als wäre ihr Gesicht aus Porzellan, wie bei der Scarlett O’Hara, die sie mir geschenkt hatte.
    »Hallo.« Meine Mutter, die auf einem Stuhl am Fenster gesessen hatte, stand auf. Ich hatte sie im ersten Moment gar nicht wahrgenommen. »Wie war die Fahrt?«
    »Okay.« Sie kam auf mich zu, gab mir einen Kuss.
    »Sehr okay.« Mein Vater schlang einen Arm um ihre |236| Taille. »Wir sind sehr gut durchgekommen. Hatten einen satten Vorsprung vor dem Rest der Meute.«
    »Kommt bitte mit nach draußen«, sagte meine Mutter in gedämpftem Ton. »Sie hat eine schwere Nacht hinter sich und braucht dringend Ruhe.«
    Draußen auf dem Flur fuhr gerade lachend und schwatzend ein Trupp alter Weiber in Rollstühlen vorbei. Durch die nur angelehnte Tür zu dem Zimmer neben dem von Oma Halley sah ich im Bett einen Mann, der einen Schlauch in der Nase hatte und an eine Maschine angeschlossen war. Die Rollläden waren heruntergelassen, so dass der Raum im Halbdunkel lag.
    »Wie geht’s euch?« Meine Mutter zog mich an sich. »Ihr habt mir so gefehlt.«
    »Wie geht es
dir
?«, fragte mein Vater, der ebenfalls sofort bemerkt hatte, wie erschöpft sie wirkte. Ihr Gesicht sah älter, hagerer aus. Als würde man schon allein dadurch altern, dass man Zeit an diesem Ort verbrachte.
    »Ganz okay«, antwortete sie ihm. Ihren Arm hatte sie immer noch um meine Schulter gelegt, wodurch mein eigener Arm zwischen uns eingequetscht wurde – für mich eine ziemlich unbequeme Position. Doch die Nähe war ihr in diesem Moment offenbar wichtig, deshalb bewegte ich mich nicht. »Heute ging es ihr schon viel besser. Es geht ihr jeden Tag besser, manchmal mehr, manchmal weniger.« Beim Sprechen drückte sie immer wieder die Hand gegen meine Schulter, als wollte sie ihre Worte auf diese Weise besonders betonen.
    Wir gingen zurück ins Zimmer. Ich sprach sogar mit Oma Halley, aber nur ein paar Minuten lang.

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