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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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Siehst du hier irgendwo Syntho-Hauttransplantate? Siehst du hier irgendwo Laserskalpelle? Oder einen Medi-Droiden? Wir haben nur …« – sie hielt mir die Nadel mit dem Faden genau vor die Nase – »… das gute altmodische Zeug: Nadel und Faden.«
    Milton lachte leise. »Wirklich hübsch wirst du nie wieder sein, Gates«, erklärte sie. »Aber es wird verheilen. Wir waren schon auf der Straße unterwegs, als du bloß ein Funkeln im Auge deines Vaters warst. Ich habe schon mehr Leute wieder zusammengenäht und mehr Knochen gerichtet, als du überhaupt zählen könntest.«
    Nachdenklich blickte ich sie an, bemerkte die Fältchen rings um ihre Augen. Erst jetzt sah ich, wie hager und abgehärmt sie eigen dich aussah. »Sag mal, wie habt ihr es eigentlich geschafft, euch zur Ruhe zu setzen?«
    Sie lachte. »Du meinst: Wie wir es geschafft haben, uns lebendig zur Ruhe zu setzen?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Das ist genau wie bei allem anderen in dieser Scheiß-Welt: Wir hatten einfach Glück.«
    Ich verzog das Gesicht, als ihre Schwester sich über mich beugte und die Nadel durch die losen Hautlappen rings um meine Wunde schob. Es tat so weh, dass ich schon kurz nachdem sie angefangen hatte, überhaupt nichts mehr spürte. Ich knirschte mit den Zähnen, als die Schwestern mich anstarrten; Tanners Nase war immer noch feuerrot.
    »Was ist?«, grunzte ich.
    Milton verschränkte die Arme vor der Brust, während Tanner mich weiter zusammenflickte. Erschreckt stellte ich fest, dass Milton, während Tanner sich über mich beugte und mit dem Oberkörper im Takt ihrer Bewegungen leicht hin und her schwankte, sich ebenfalls kaum merklich bewegte – in genau dem gleichen Takt. »Wir sind hier, Cates. Wir sind einander schon an die Gurgel gegangen, und wir sind auch schon den ersten Kugeln ausgewichen. Und ich habe von dir immer noch keinen Plan gehört, wie wir in diese Scheiß-Abbey überhaupt reinkommen wollen!«
    Ich blickte zu ihr auf, dann schaute ich meine Hände an: dreckig und schorfverkrustet; einen Teil der Schorfkruste hatte ich mir schon wieder irgendwo aufgerissen, jetzt quoll ein wenig Blut aus den erneut geöffneten Wunden. »Ich habe eine Idee.«
    Tanner schnaubte verächtlich. »Gepriesen sei der Herr!«
    »Das Schlechte daran ist, dass das nichts ist, wo Kieth nur mit der Nase zu wedeln braucht und das Problem mit Hilfe seiner magischen Klugscheißerkräfte und ein paar Batterien lösen kann.«
    Ein zweites Mal schnaubte Tanner. »Also gibt es daran …«
    »… auch etwas Gutes?«, beendete Milton den Satz.
    Ein paar Sekunden lang schwieg ich. »Nein, eigentlich nicht.«
    Tanner hielt inne; die Nadel, die immer noch in meinem Fleisch steckte, brannte wie Feuer. »Ist ja’n Ding, Meister!«
    Ich seufzte. »Na ja, als Erstes werden wir noch ein paar Dinge brauchen.«

XXIV
    So dass alles verblasst und fade schien
     
    01110
     
     
    Ich war es nicht gewohnt, eine dunkle Brille zu tragen; alles, was das Sehvermögen eines Revolverhelden einschränkt, war immer eine ganz dumme Idee. Aber nachdem mein Gesicht jetzt unverrückbar mit dieser Marilyn Harper im kollektiven Unterbewusstsein der ganzen Welt verankert war, stellte diese Sonnenbrille eine unabdingbare Notwendigkeit dar. Alles fühlte sich einfach falsch an: Ich trug fremde Kleidung, hatte eine fremde Brille auf der Nase und befand mich in einer fremden Stadt. Den ganzen Tag über achtete ich auf jedes Vid, an dem wir vorbeikamen, suchte nach meinem Gesicht, und unablässig hatte ich das Gefühl, jeder würde mich anstarren.
    »Beruhige dich«, sagte Canny Orel leise, während wir über eine riesige, geborstene Säule hinwegkletterten, die umgestürzt war und dabei die Seitenwand eines Gebäudes eingeschlagen hatte. Gleichzeitig machte er großes Aufheben um die Liste der benötigten Kleinigkeiten, die ich mühsam für uns zusammengestellt hatte, als wolle er unmissverständlich zeigen, dass er nur einen winzigen Bruchteil seines erstaunlichen Gehirns benötigte, um über diesen Schotter zu klettern. »Du bist ja ein echter Paranoia-Sender, verdammt! Mir wird ja selbst schon ganz anders, bloß weil ich neben dir stehe!« Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete er erneut die Liste. »Wer zum Teufel ist denn auf so etwas gekommen? Was zur Hölle wollen wir mit zwei digitalen Videokameras?« Kurz blickte er zu Gatz hinüber, der sich auf der anderen Seite neben mir befand. »Wollen wir schon vorher ein Geständnis aufzeichnen, um uns wenigstens die

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