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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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weiß, mit wem er es zu tun hat und wie gut wir sind.« Ich seufzte. »Der kommt wieder.«
    Orel nickte; seine Miene war unergründlich. »Aber nicht hierher. Er hat jetzt herausgefunden, dass es unmöglich ist, unbemerkt in dieses Gebäude zu gelangen, und ich glaube, gemeinsam haben du und ich ihm doch etwas mehr Ärger gemacht, als er erwartet hat.« Er hielt inne. »Weißt du was, Cates? Das war das erste Mal seit dreißig Jahren, dass ich dachte, ich könnte vielleicht draufgehen.«
    Ich kniff die Augen zusammen. »Dreißig Jahre? Ich schaffe ja kaum einen einzigen Abend, ohne damit zu rechnen, mir eine Kugel einzufangen!«
    Er blickte mich weiter aus seinen grauen Augen an. »Du bist wirklich einer dieser wahren Gläubigen, nicht wahr, Cates?«
    »Wahre Gläubige?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Revolution. Die Welt verändern. Das System zerstören.«
    Ich blickte auf den Fußboden; was Orel da sagte, war mir peinlich, und außerdem ärgerte ich mich darüber. »Willst du nicht auch manchmal, dass diese ganze Scheiße einfach aufhört? Um Gottes willen, wenn du bei den Dúnmharú warst, kann es doch gar nicht anders sein!«
    Dann hielt ich seinem Blick wieder stand. »Oh doch, Mr Cates.« Wie mit einer Waffe deutete er mit einem ausgestreckten Finger auf seinen Kopf. »Wenn ich dem System eine Kugel durch den Kopf jagen könnte, dann würde ich das tun. Aber ich bin Realist. Und bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist, muss man sich schließlich auch irgendwie ernähren.«
    Schweigend kehrten wir zur Montagehalle zurück. Der riesige Raum wirkte verlassen; nur Bruder West hielt einsam Wacht. Schließlich bemerkte ich Gatz; er saß dort, den Kopf zwischen den Knien, auf dem Fußboden neben ihm lag Marilyn Harper, gefesselt und geknebelt. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie mich an.
    »Bei dir alles in Ordnung, Kev?«
    Er drehte sich nicht rum, er hob nicht den Kopf, sondern vollführte nur eine abwehrende Handbewegung. Er hatte Harper sehr, sehr lange ›pushen‹ müssen. Kieths kahler Schädel tauchte aus der Luke des Schwebers auf, dann winkte der Techie uns zu sich.
    Als wir das beengte Cockpit betraten und uns zwischen die anderen vier Gestalten zwängten, blickte Milton zu uns hinüber, blinzelte und legte einen Finger an die Lippen. Ich schaute zum Vid hinüber und sah auf dem Bildschirm mein eigenes Gesicht.
    »… keinen Kommentar abgeben. Wir wiederholen diese Sondermeldung: Unsere Kollegin Marilyn Harper, die angesehene und beliebte Nachrichtensprecherin, ist als vermisst gemeldet. Vor zehn Minuten hat die Pressesprecherin des System-Sicherheitsdienstes erklärt, im Zusammenhang mit Harpers Verschwinden gebe es einen Hauptverdächtigen: Avery Cates aus New York City, hier ein Archivbild. Zugleich ist Cates der Hauptverdächtige in fünf bislang ungelösten Mordfällen. Einige von ihnen reichen bis zu …«
    Mit einer Handbewegung deaktivierte ich die Lautsprecher. »Scheiße«, keuchte ich.
    »Ich frage mich …«, sagte Tanner mit einem Funkeln in den Augen, das ich in gleicher Art und Weise auch bei ihrer Zwillingsschwester sah, »… ob du diese Presseverlautbarungen nicht persönlich an die Vids und den SSD schickst. Es stellt sich doch wirklich die Frage, ob du nicht in Wirklichkeit eine ganz entsetzliche Medienhure bist.«
    Ich hatte den Zwillingsschwestern einiges durchgehen lassen, weil sie wirklich hart im Nehmen waren, und weil ich wollte, dass im Ganzen ein angenehmer Umgangston herrschte, doch allmählich wurde mir das hier zu bunt. Keinen Augenblick lang konnte man sich entspannen, nie konnte man einfach Mensch sein. Ständig musste man auf der Hut bleiben. Rasch zählte ich innerlich bis drei, dann sprang ich auf sie zu. Sie schrie auf und versuchte mir auszuweichen, doch im Cockpit war es viel zu eng, und so hatte sie keinerlei Fluchtmöglichkeit. Ich bekam sie an der Nase zu fassen. Tanner wand sich, riss ein Messer hervor und hielt es mir dicht an den Hals; alle anderen schrien jetzt ebenfalls und zerrten an mir.
    »Mach nur so weiter«, sagte ich ihr mit ruhiger Stimme, mit der ich dennoch das plötzlich losgebrochene Getöse übertönte; ich schaute sie von der Seite an, sodass mein Blick sie eigentlich nur streifte. Das Messer ignorierte ich einfach.
    Wenn sie mir die Kehle dafür durchschneiden wollte, dass ich sie angefasst hatte, würde ich schon längst ausbluten. »Mach nur so weiter.«
    Ich ließ sie los, und sie entspannte sich und rieb sich die Nase. Als ich mich

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