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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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wieder rumdrehte, sah ich Orel, der sich gegen eine der Luken lehnte und mich ausdruckslos anschaute. »So gehen Sie mit so etwas um, Mr Cates? Versuchen Sie das bloß nicht bei mir!«
    Ich schüttelte den Kopf. »Würde ich niemals machen, Mr Orel. Mit Ihnen würde ich in die Stadt gehen, Ihnen ein paar Drinks ausgeben und Sie dann erschießen, während Sie schlafen.«
    Das brachte mir lediglich eine hochgezogene Augenbraue ein, und doch war auch diese wortlose Geste messerscharf.
    »Schau doch mal«, meldete sich jetzt Milton zu Wort, drängte sich an den anderen vorbei und baute sich vor mir auf, die Hände in die Hüften gestemmt. »Ganz unrecht hat sie doch wirklich nicht. Allmählich wirst du hier verdammt auffällig, Cates.«
    Ihre Schwester, die sich immer noch die Nase rieb und mit der anderen Hand das Messer umklammerte, nickte. »Dein Gesicht ist auf allen Vids zu sehen. Das ist ein echtes Problem.«
    »Das weiß ich auch, verdammt noch mal.« Der Reihe nach schaute ich sie alle an. »Das hier ist mein Job. Wenn ihr gehen wollt, dann geht – aber Abfindungen gibt’s nicht. Entweder bleibt ihr bis zum Zahltag dabei und kämpft für euren Anteil, oder eben nicht – so einfach ist das. Wenn euch das hier zu heiß wird, dann zieht ab. Aber ein Zurück gibt es nicht. Und nehmt nie, nie wieder Kontakt mit mir auf. Wenn ihr weggeht, dann geht auch richtigweg.« Ich blickte Orel an. »Das gilt auch für dich, Canny. Wenn du dein Geld sehen willst, dann bleib hier.«
    Seine Augen sprühten vor Energie. »Und wenn ich es vorziehe, einfach meine Rache an Mr Kieth hier zu nehmen? Es gibt im Leben noch andere Dinge als Geld, Mr Cates.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich verliere hier ziemlich schnell alles, was ich noch zu verlieren habe.«
    Er nickte, stieß sich von der Luke ab und legte mir eine schwere Hand mit auffallend gepflegten Fingernägeln auf die Schulter. Dann zog er mich sanft ein wenig näher zu sich heran. Mir fiel auf, wie deutlich sich seine Venen auf der schwieligen, rauen Hand abzeichneten – sie war eindeutig übermäßig entwickelt.
    »Begleite mich doch gerade mal ein Stück, Cates.« Wir stiegen aus dem Schweber, dann ging ich in einigen Schritten Entfernung neben ihm her. Als er stehen blieb, wartete ich ab, die Hände in den Taschen. Er blickte über meine Schulter hinweg und beugte sich dann so zu mir herüber, dass wir jeweils über die Schulter des anderen blicken konnten – eine alte Angewohnheit, die sich fast jeder Gauner auf der Straße angeeignet hatte; auf diese Weise nahm man auf der Straße nicht so viel Platz ein, und jeder konnte dem anderen den Rücken sichern. Orel und ich machten es ganz instinktiv. Mir kam der Gedanke, es könne gefährlich sein, mich Orel so schutzlos auszuliefern, doch ich glaubte nicht, dass es sein Stil wäre, jemandem, den er offensichtlich für den Unterlegenen hielt, einen Aufwärtshaken zu verpassen.
    »Natürlich wirst du die Frau töten müssen«, sagte er leichthin.
    Ich blickte ihn nicht an, sondern spannte nur meine Kiefermuskeln. »Nein.«
    »Schlimm genug«, sagte er so klar und deutlich, als habe er diese Predigt schon seit Kindesbeinen immer wieder geübt, »dass dein Gesicht auf allen Vids zu sehen ist – aber damit kommen wir zurecht. Die Vids zeigen ständig irgendwelche Gesichter, eine endlose Parade der ›Bösen Leute, die man aufhalten muss‹, oder nicht? Niemand ist an einem weiteren herzlosen Killer interessiert-zumindest niemand, der auf der Straße lebt. Aber die Frau stellt wirklich eine Gefahr für uns dar. Sie werden die Leute auf jeden Fall wiedererkennen. Und wenn man dich und sie auch noch zusammen sieht, dann geschieht das sogar mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit. Was, wenn sie fliehen will? Wenn sie irgendwie nach Hilfe rufen möchte? Wenn sie uns sozusagen einen Knüppel zwischen die Beine wirft?« Er nahm den Kopf weit genug zurück, um mir in die Augen zu schauen, und ich hielt seinem Blick stand. »Nein, Mr Cates. Man muss sich um sie kümmern. Bringen Sie sie nach draußen, jetzt sofort, und tun Sie, was getan werden muss. Sie ist einfach zu gefährlich.«
    Ich musste heftig schlucken. Der Vorschlag an sich machte mir keine Sorgen. Ich hatte schon fast dreißig Leute auftragsgemäß umgebracht, und mindestens genauso viele hatte ich noch zusätzlich töten müssen. Ich war ein Killer. Aber ich war kein Tier. Ich war bereit, mich vor Gott oder dem Kosmos oder vor was auch immer zu rechtfertigen – ich hielt

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