Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch
»Ja.«
Ich nickte. »Kieth: Ruf die Scheiß-Bullen!«
Ich glaubte zu hören, wie sich die Sehnen in Bellings Nacken spannten, als er sich zu mir umdrehte. »Wie bitte?!«
»Ruf sie, Kieth«, schrie ich, als ein weiterer Mönch um die Ecke kam; aus seinem Mund drang ein elektrisches Heulen, in jeder Plastikhand hielt er eine Waffe und feuerte unkontrolliert in der Gegend herum. Ich hob die Waffe, verpasste dem Mönch eine Kugel in den Hals, und der Cyborg stürzte rücklings zu Boden.
»Mr Gates, ich sollte Sie darauf aufmerksam machen, dass sich an der Oberfläche ähnliche Szenen abspielen wie in diesem Komplex«, sagte Marin. »Ich bezweifle, dass es Ihnen gelingen wird, die Aufmerksamkeit des SSD auf sich zu ziehen -obwohl Sie der große Avery Gates sind.«
Avery Gates, der Grooche und Chreckliche, dachte ich grimmig. »Ruf nicht einfach die Cops, Kieth«, entschied ich, und eine Spur meiner ursprünglichen Ausgelassenheit kehrte zurück. »Lass dich zu Elias Moje durchstellen. Erklär Colonel Moje, dass Avery Gates hier unten ist. Sag Colonel Moje, dass Avery Cates jetzt ein sehr, sehr reicher Mann ist und über ihn nur noch lachen kann.«
Einen winzigen Moment lang war es relativ still in dem Labyrinth, nur das endlose Schreien der Mönche in der endlosen Entfernung und Schüsse in nicht allzu weitem Abstand waren zu hören.
»Ich hoffe, du weißt, was du tust«, murmelte Belling.
»Ich versuch’s, Gates«, rief mir Kieth schließlich zu. »Aber es wird nicht gerade leicht sein, ihn zu finden.«
»Und ob es das ist«, korrigierte ich ihn. »Ersucht nach mir. Brüll einfach meinen Namen lange genug in die Datenströme des SSD, und er wird dich finden.«
»Na, wenn das mal nicht abgedreht wäre«, grummelte Belling. »Von den Scheiß-System-Bullen gerettet! Ich weiß nicht, wie es dir geht, Gates, aber ich bin mir nicht sicher, dass ich wirklich so scharf darauf bin, hier rauszukommen.«
Wieder grinste ich. »Wie ich schon sagte: Wer behauptet denn, dass ich es schaffen will, Mr Belling?«
XXXVI
Unsere Knochen unter ihren
hochglanzpolierten, teuren Stiefeln
zermalmen
00011
Die Sturmtruppen kamen herein, als hätten sie der Cyber-Kirche lediglich gestattet, das Gebäude ein paar Jahre lang zu nutzen, in Wirklichkeit aber schon immer die Absicht gehabt, irgendwann wieder nach Hause zu kommen und ordentlich aufzuräumen.
Als wir eine weitere unbeschriftete Stahltür erreicht hatten, kauerte ich mich auf den Boden und schloss für einen Moment die Augen. Die Erschöpfung zerrte an mir, rann an mir herab wie geschmolzenes Wachs. Ich fühlte mich, als habe man mir in jedes Gelenk und jeden Muskel eine Mischung aus Kieselsteinen und Glasscherben injiziert. Ich öffnete die Augen wieder und starrte die glatte Stahltür an, die am anderen Ende des Korridors vor uns lag. Neben der Tür wanderten auf der einen Seite ein gleißender Lichtfleck und eine dünne Rauchfahne stetig auf und ab. Einen Augenblick lang lagen all der Lärm und all das Entsetzen hinter uns, gedämpft durch Stahl und Beton, sodass wir hauptsächlich unser gemeinsames, erschöpftes Keuchen hörten.
Dann krachte die Tür in den Gang hinein, das Türblatt schlitterte über den Boden, dass die Funken sprühten, und blieb keinen halben Meter vor mir liegen. In der klassischen Zweiergruppen-Formation stürmten die Sturmtruppen durch den Eingang, und ihr TS ließ sie fast mit den Wänden verschmelzen, sodass man kaum die Umrisse der Männer erkennen konnte.
Durch den Rauch und den Staub schritt wie ein allmächtiger Herrscher Elias Moje; er trug einen dunkelblauen Nadelstreifenanzug unter einem langen Ledermantel; seine Stiefel blitzten im weißen Licht der Lampen. An einer Gürtelschlaufe hing eine goldene Kette, die in seiner Hosentasche verschwand. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, selbst eine Waffe anzufassen.
Er blickte sich um, und ein Lächeln umspielte seine Lippen. »Hallo, ihr Ratten«, sagte er freundlich. »Nur noch ihr vier, ja? Wie enttäuschend. Ich hatte gehofft, ich könnte euch alle persönlich umbringen.«
»Ich fürchte, Sie haben Anweisungen, diese Personen hier lebendig in Gewahrsam zu nehmen, Colonel Moje«, sagte Marin und stand auf. »Und uns aus diesem Gebäude zu eskortieren.«
Moje starrte ihn an. »Sir«, sagte er langsam, dann hielt er inne. »Ich habe gerade ein Blitzmemorandum von Ihnen erhalten, aus dem Büro in Bogota.«
»In dem sämtliche SSD-Angehörigen angewiesen wurden,
Weitere Kostenlose Bücher