Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch
auf die Tür gerichtet. Ich ließ die eigene Waffe sinken und versuchte mich zu entspannen, doch mein Körper gehorchte mir nicht, blieb angespannt, fast wie elektrisiert.
Kieth ging hin und her, eine Hand immer noch gegen den Schädel gepresst, als müsse er ihn davon abhalten, abzufallen. »Wir sind davon ausgegangen, dass die Verhaltens-Chips sich deaktiviert haben, aber sie haben nie einen entsprechenden Befehl erhalten. Bei West ist uns das nicht aufgefallen, weil Gatz diese Rolle übernommen hatte. Aber Squalor stand in irgendeiner Art und Weise mit denen in Kontakt – wahrscheinlich bloß mit Hilfe eines Autorisierungs-Codes –, und jetzt, wo er ausgeschaltet ist, gibt es nichts mehr, das bei den Dingern da draußen das Verhalten modifiziert.«
»Wie genau kommen wir denn jetzt hier raus?«, schrie ich.
»Naja, Mr Gates, ich dachte, Schatten in dieser Hinsicht vielleicht schon irgendetwas geplant.«
Ich fluchte – die aufgestaute Frustration entlud sich in einer äußerst obszönen Schimpfkanonade, die ohne Pause mehrere Sekunden lang andauerte. »Was auch immer ich für den Rückzug geplant haben mochte, Marin, basierte darauf, dass es hier nicht Tausende von durchgeknallten Blechköpfen gibt, die wild um sich schießen.«
Marins Grinsen im Schein von Kieths Lampe war der widerlichste Anblick, den ich jemals zu Gesicht bekommen hatte. »Ist nicht mein Problem, Mr Gates. Ich bin lediglich ein Avatar. Sollte ich hier zerstört werden, gibt es derzeit noch zweiunddreißig andere von mir.«
Belling blickte zu mir herüber, dann zum Oberschnüffler. »Gerade eben haben Sie noch ›vierunddreißig‹ gesagt«, merkte er an.
Marin nickte, nickte noch einmal und hörte dann überhaupt nicht mehr auf, als hätte er ganz vergessen, was er gerade tat. »Was hier unten gerade geschieht, Mr Orel, geschieht gleichzeitig überall -weltweit. Jeder einzelne Mönch im Netzwerk der Cyber-Kirche war unmittelbar mit Dennis Squalors digitalisiertem Bewusstsein verbunden. Deren Verhaltens-Chips basieren sogar auf genau dieser Verbindung. Nun wurde eben diese Verbindung in recht uneleganter Art und Weise gekappt, und damit ist die globale Lage, gelinde gesagt, chaotisch. Mein Dasein in Manila wurde terminiert. Sogar in ziemlich spektakulärer Art und Weise.«
Er blickte uns der Reihe nach an, während er weitersprach. »Dieses Avatar verkörpert sämtliche Ressourcen, die ich zur Sicherung Ihres Überlebens bereitzustellen gewillt bin. Ich halte das für recht großzügig, schließlich wurden sie dafür angeheuert, Squalor zu eliminieren – unser ursprüngliches Abkommen berührte in keiner Weise Ihren Rückzug. Was auch immer dieser Avatar unternehmen kann, um ihre Flucht zu begünstigen, sollen Sie haben. Abgesehen davon sind Sie jedoch ganz allein auf sich gestellt.«
In mir loderte immer noch dieses hysterische Lachen; ich erstickte fast daran. »Na, das ist ja großartig«, sagte ich fröhlich. Wen interessierte es denn schon, ob ich hier lebend rauskam oder nicht? Es war doch völlig egal! »Mr Kieth, wenn Sie freundlicherweise diese Tür öffnen würden? Dann werden Mr Orel und ich einen Weg für uns freimachen.«
Belling nickte. »Genau das.«
»Also gut«, sagte Kieth und schluckte heftig. »Mr Marin, darf ich Sie bitten, diese Lampe hier zu halten, oder gehört das schon nicht mehr zu den Diensten, die uns zu leisten Sie bereit sind?«
Marin trat vor und griff nach der Lampe. »Sie gefallen mir, Mr Kieth. Ich hoffe, Sie überleben das hier.«
Kieth, der jetzt endlich beide Hände frei hatte, stapfte mit entschlossenen Schritten auf die Tür zu und zog währenddessen schon die ersten Werkzeuge aus der Tasche. »Das wird nicht lange dauern. Jessas! Die hauen die Tür aber ordentlich zu Klump! Ty wettet, einer von denen könnte die Tür einfach aus der Verankerung reißen, aber wir wollen doch professionell sein und sie knacken. Warum denn auch nicht?«
Er kniete sich vor das Türblatt und befestigte daran mehrere kleine Magnetclips. Belling und ich bewegten uns gleichzeitig, gingen hinter ihm in Position, sodass unsere Schusslinien sich kreuzen mussten – genau oberhalb von Kieths Kopf.
»Nicht aufstehen, Mr Kieth«, warnte ich ihn.
»Ty neigt eher dazu, sich zu Boden zu werfen und um Gnade zu betteln, Mr Cates«, erklärte der Techie, ohne sich rumzudrehen. »Mr Marin, halten Sie die Lampe bitte ein wenig weiter nach links. Ist nebenbei bemerkt recht interessante Hardware, die man bei diesen Türen hier
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