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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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ich einen von diesen reichen Ärschen sah, die so taten, als würden sie arbeiten. Da draußen gab es jede Menge Leute, die bereit wären, jemanden umzubringen, bloß um einen Job zu kriegen – ganz egal, was für einen. Die einzigen Jobs, die es überhaupt noch gab, waren bei den Vids und beim SSD. Man konnte als Brecher zum SSD gehen, als Streifenhörnchen eben, und das war immer noch besser als gar nichts, aber eigentlich schaffte man damit bloß, den täglichen Kampf ums Überleben legal zu machen. Für alles andere musste man reich sein, um überhaupt den Job zu kriegen. Mich machte das fuchsteufelswild.
    Ich zuckte mit den Schultern und schob dem Teenager den Becher zu, öffnete die Flasche und goss ihm einen Schluck ein. Er griff nach dem Becher, nickte mir zu und trank. Ich probierte das Zeug aus der Flasche und verzog das Gesicht. Das Zeug schmeckte wie Pisse. Wie warme Pisse. »Wie alt bist du?«
    Mürrisch verzog der Junge das Gesicht und blickte auf den Boden seines Bechers. »Was soll’n das werden, ’n Date? Ich bin neunzehn.«
    Ich nickte. Hatte also recht gehabt. Der kannte keine andere Welt als die nach der Vereinigung. Der Junge hatte sein ganzes Leben damit verbracht, durch die Abwasserkanäle zu rennen und Angst vor jeder neuen Lichtquelle zu haben, weil sie sich normalerweise als SSD-Schweber herausstellte. Ich stand auf. Dieser Fusel hier fühlte sich an, als würde er meine Innereien verätzen; am liebsten hätte ich das Zeug einfach wieder ausgekotzt. »Behalt die Flasche«, sagte ich und war mit einem Mal unendlich müde.
    Der Junge schenkte sich bereits nach. »Scheiße, Mann, ich schuld’ dir was.«
    Ich ging auf die Tür zu. Scheiße, der Junge wäre sowieso bald tot, genau wie jeder andere auch. Hinter mir hörte ich den kleinen, knubbeligen Mann in lautstarken Protest ausbrechen.
    »Sir! Da bliebe noch die Frage der Bezahlung zu klären!«
    Neben Gatz blieb ich stehen und blickte ihn aus dem Augenwinkel an. »Kev, gib dem Mann sein Geld.«
    Obwohl Pick nie körperlich als Gauner gearbeitet hatte – nicht ein einziges Mal hatte er mit einer Waffe herumgefuchtelt oder irgendwelche Leute verprügelt –, brachte ihm doch jeder in dieser Stadt immensen Respekt entgegen, einfach weil Pick lange genug auf den Straßen von New York überlebt hatte, um alt zu werden – und er wusste wirklich alles. Deswegen kam jeder in New York, der beabsichtigte, irgendwelchen Bürgern des Systems ihre Yen abzunehmen, ganz von sich aus ins ›Pick’s‹.
    Bei ›Pickering’s‹ waren schon unendlich viele Aktionen geplant worden. Die meisten, wenn nicht sogar alle größeren Unternehmungen hatten hier wahrscheinlich bei dem einen oder anderen Fusel-Becher ihren Anfang genommen, und ich kam zu dem Schluss, das sei doch eigentlich gar kein so schlechtes Omen. Als wir endlich wieder dort angekommen waren, bestellte ich für Gatz eine Schüssel mit … was auch immer Melody gerade in der Küche hatte. Ich setzte mich zu ihm, während er aß. Anfangs löffelte er sehr langsam, doch dann meldete sich irgendein uralter Instinkt bei ihm zu Wort, um am Schluss hätte Gatz wahrscheinlich sogar noch die Schüssel mitgegessen, wenn das nicht extra gekostet hätte.
    Ich hatte mich noch nicht mal um mein Glas mit dem Fusel kümmern können, als Ty Kieth auftauchte, über der Schulter einen riesigen schwarzen Sack. Es war wirklich erstaunlich: Das Einzige, was ich besaß, hielt mich in der Nacht warm. Niemand besaß überhaupt noch irgendetwas; bestenfalls kümmerte man sich um den Besitz irgendeines reichen Arschlochs und erhielt dafür ein paar Krümel. Doch solche Techie-Freaks wie Kieth brachten es immer fertig, reichlich Schotter zusammenzukratzen.
    »Cheers«, sagte Kieth atemlos, ließ den Sack zu Boden fallen und riss ihn auf. »Lass Ty einen Moment Zeit, den Raum hier zu scannen und zu sichern. Ty sagt in der Öffentlichkeit kein Wort, solange er nicht absolut in Sicherheit ist.«
    Ich nickte, führte mein Glas an die Lippen und nahm einen Schluck – und das war natürlich falsch: Der Gin, der bei ›Pick’s‹ ausgeschenkt wurde, war dazu gedacht, einfach heruntergekippt zu werden. Danach krampfte man sich zusammen und behielt das Zeug durch pure Willenskraft bei sich. »Tob dich nur aus.«
    Ty holte eine wahrhaft erstaunliche Menge Gerätschaften aus der Tasche und verteilte sie überall im Raum; vor jedem Gerät blieb er stehen und drehte sich dann einmal um die eigene Achse, ein kleines Kästchen in

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