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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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dauern mochte und unendlich kompliziert war, in zwei Sätzen zusammen –, blickten die beiden einander erneut an, und in ihrem Blick entdeckte ich diese fast schon wahnsinnige Aufregung … und eine Art Gier, die ich nur allzu gut kannte.
    Milton – oder Tanner, wer wusste das schon, verdammt? -lehnte sich zurück und schaute mir direkt in die Augen. »Mr Cates, entweder sind Sie der durchgeknallteste Revolverheld, den ich jemals erlebt habe, oder Sie sind da wirklich einer ganz heißen Sache auf der Spur.«
    »Durchgeknallt«, meldete sich Gatz träge zu Wort. »Eindeutig durchgeknallt.«
    »Wie dem auch sei«, erklärt die andere Frau. »Das wollen wir unbedingt miterleben.«
    »Wie sieht unser Anteil aus?«
    Ich nannte den beiden eine Zahl, und zum ersten Mal, seit Gatz und ich hereingekommen waren, hielten die beiden fassungslos den Mund und starrten einander bloß an; dabei nutzten sie wohl wieder diese Zwillings-Telepathie, um sich abzusprechen: Sie wackelten mit den Brauen und kniffen immer wieder kurz die Augen zusammen. Es war fast, als würden sie einander etwas zumorsen. Schließlich schauten sie wieder zu mir herüber.
    »Wir sind dabei, Mr Cates«, sagten sie gleichzeitig. »Wann geht es los?«
    »Morgen Abend«, erwiderte ich, ließ mich vom Schreibtisch gleiten und steuerte auf den Ausgang zu. »Ich muss mich noch um ein paar Vorbereitungen kümmern.«
    Hinter mir hörte ich, wie mir eine der beiden etwas zurief: »Es heißt, ein System-Cop sei ziemlich heiß auf Sie. Meinen Sie, dass Sie morgen Abend überhaupt noch leben?«
    Ich blickte mich nicht um. »Wahrscheinlich nicht.«

XI
    Bloß jemand, den wir für tot
    gehalten hatten
     
    10000
     
     
    Vor ›Tanner’s‹ blieben Kev und ich erst mal einen Moment lang stehen. Ich beobachtete die grauen, verdrossenen Gesichter der Leute, die hier vorbeimarschierten, um irgendeinen Job zu erledigen – die meisten arbeiteten für irgendjemanden, der nur ein ganz klein bisschen weniger arm war als sie selbst. Oder sie stahlen und raubten und mordeten sich durchs Leben. Nur wenige unter uns hatten das erreicht, was Pick zustande gebracht hatte: In seinem Hinterzimmer war er jetzt ein richtiger kleiner Herrscher über Informationen: ein Kaiser des Wissens.
    Ich blickte zu Gatz hinüber, der den Eindruck machte, im Stehen eingeschlafen zu sein. »Ach, Scheiße. Ich brauch’n Drink.«
    Er nickte. »Was soll’s? Ich habe heute keine weiteren Termine und keine Vorstellungsgespräche mehr.«
    Wir machten uns auf den Weg. Ich war nervös, fühlte mich hier gänzlich schutzlos. Ich hatte mir immer vorgestellt, ich sei nie auf dem Radar des SSD aufgetaucht, weil ich clever und vorsichtig vorgegangen war, aber jetzt hatten Kev und ich innerhalb kürzester Zeit mehrere Gestalten aufgespürt, die allesamt auf der ›Most-Wanted‹-Liste des SSD ziemlich weit oben standen. Plötzlich kam mir der Gedanke, die System-Bullen könnten vielleicht doch deutlich mehr wissen, als sie zeigten – sie ließen uns einfach durch die Gegend huschen, um zu sehen, wohin es uns zog. Vielleicht war ich ja bislang nie so gut versteckt geblieben, wie ich immer gedacht hatte. Schließlich hatten wir uns mit Pick ungefähr fünfzehn Minuten lang unterhalten, hatten ihm ein paar tausend Yen gezahlt und sofort den jeweiligen Aufenthaltsort mehrerer zu allem fähiger Verbrecher erfahren. Ich hatte das ungute Gefühl, Pick könnte seine Informationen direkt aus den SSD-Datenbanken beziehen – und vielleicht war auch ich darin verzeichnet.
    Es dauerte nie lange, eine Fuselbude zu finden – nicht in Old New York, dem uralten Stadtzentrum. Die hier vorne sah angenehm versifft aus – wieder eine illegale Bar, die nicht lange hier bleiben würde, ganz anders als ›Pick’s‹, schließlich war die Bude fast schon legal und hatte sich mit Bestechungsgeldern eine Art Waffenstillstand mit den Brechern erkauft. Das hier war eine von Hunderten illegaler, unlizensierter Kneipen, die irgendwann eröffnet und ungefähr drei Wochen lang betrieben wurden, sich ihre Yen damit verdienten, ganz üblen Fusel an jeden zu verkaufen, der genug Yen dabei hatte, und die dann sang- und klanglos wieder verschwanden, noch bevor die System-Bullen Interesse daran entwickeln konnten. Das hier war eine alte, ausgebombte Ruine, die noch von den früheren Revolten übrig geblieben war, und sie sah aus, als könne sie jeden Moment in sich zusammenstürzen: Die Fenster waren lediglich gezackte, leere Hohlräume.

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