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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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aufzulehnen, nur um uns weiterhin in der Luft zu halten. Die Luft roch jetzt verbrannt, war rauchgeschwängert, kratzte im Hals. Ich stieß mich ab, um wieder auf die Beine zu kommen, lehnte mich gegen die Sitze, stand ein paar Sekunden lang nur keuchend und japsend dort, und spürte deutlich, dass eine Seite meines Körpers sich anfühlte, als habe mir jemand ein besonders langes und äußerst raues Stück rostigen Metalls zwischen die Rippen geschoben. Der Schweber erzitterte – heftig.
    Vorsichtig kletterte ich zum Cockpit, machte aber extrem langsam immer nur einen Schritt nach dem anderen. Das Heck des Schwebers schien seine eigene Schwerkraft zu haben, und die war immens – als sei unmittelbar hinter den Metallplanken ein funkelnagelneues schwarzes Loch entstanden, das jetzt unablässig an mir zerrte. Ich konnte nicht genug Luft in meine Lungenflügel saugen, und jeder Schritt erforderte fast unvorstellbare Anstrengung. Als ich mich schließlich bis zur Tür des Cockpits vorgekämpft hatte, hielt ich mich daran mit aller Kraft fest und starrte durch die Windschutzscheibe hinaus. Ein dämliches Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus. Wir waren weit nach Norden getrieben. Anstelle der Stadt lag jetzt unter uns die ruinenübersäte Wildnis der nördlichen Insel. Die völlig verlassene Gegend rings um Inwood war nur noch eine lang gestreckte Narbe in der Landschaft. Die Vereinigungs-Ausschreitungen hatten halb Manhattan dem Erdboden gleichgemacht. Denn die einzigen Leute, die es für eine gute Idee gehalten hatten, die ganze Welt unter einer einheitlichen Regierung zusammenzuschweißen, waren auch genau die Leute, die es von vorneherein darauf angesetzt hatten, anschließend alles zu ruinieren. Seitdem hatte sich niemand die Mühe gemacht, irgendetwas wieder aufzubauen. Ich jedenfalls stand kurz davor, mit diesem Schweber geradewegs in das Narbengewebe der Landschaft hineinzubrettern – mit ungefähr einhundert Meilen in der Stunde.
    Das debile Grinsen auf meinem Gesicht blieb, auch wenn ich nicht im Mindesten belustigt oder fröhlich war. Es war, als hätte eine fremde Macht von meinem Gesicht Besitz ergriffen. Ich schaute zu, wie sich der Boden trügerisch langsam näherte, fast wie in Zeitlupe, und dann blickte ich auf den Piloten hinab, der in einer kleinen Blutlache auf dem Fußboden lag, halb gegen die Wand gestützt. Dann verdrehte ich mir fast den Hals, um hinter mich zu schauen. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf die Drillinge.
    Das jaulende Heulen der Verdränger zerriss einem fast das Trommelfell.
    Ich stürzte vorwärts und klammerte mich am Pilotensitz fest, meine Rippen verwandelten sich in einen mächtigen Keil aus massivem Feuer, der immer tiefer in mich eindrang. Ich stieß einen erstickten Schrei aus und riss mir zwei Fingernägel ab, während ich mich in den Pilotensitz selbst hineinwuchtete. Endlich dort angelangt erschlaffte ich einfach nur und ließ zu, wie mich Schwerkraft und Massenträgheit gegen die dünnen Polster pressten. Vor Schmerzen atmete ich nur stoßweise.
    »Das ist absolut nicht fair!«, murmelte ich. Ich hatte keine Zeit für so etwas; ich musste noch Leute töten.
    Die Verdränger gingen in ein Crescendo über, so übermäßig laut, dass meine Ohren es kaum noch wahrnehmen konnten -es war fast lautloser Lärm. Dann, als nur noch wenige Hundert Meter zwischen mir und dem zerklüfteten Flussufer lagen, gaben die Verdränger den Geist auf und verstummten.
    Ich hörte das Heulen des Windes, als wir durch die Luft rasten. Ich atmete verkrampft, ein kurzes, hastiges Schnauben, das ich selbst nicht hörte. Mit blutigen Fingern versuchte ich hastig, den Sicherheitsgurt anzulegen und einrasten zu lassen. Ich hörte das Klicken. Ohne Vorwarnung kam der Boden plötzlich nicht mehr wie in Zeitlupe auf uns zu – jetzt kam er schneller näher, als das überhaupt möglich war.
    In vielleicht fünf Metern Höhe schloss ich die Augen.

V
    Tag drei:
    mit Lügen und billigen Tricks
    die Panik bekämpfen
     
     
    Obwohl ich noch dachte, es wäre wahrscheinlich keine gute Idee, öffnete ich die Augen und blinzelte: Ich spürte Schmerzen, ein gewaltiges Elend, das von meinem Arsch bis zu meinen Zähnen reichte. Ich versuchte mich zu bewegen, mich zu strecken, doch ich konnte die Arme nicht heben. Wie feiner Regen umwirbelten mich Glasscherben, verteilten sich über den Himmel, als wäre die geborstene, rissige Grenze der Welt nur wenige Zentimeter von mir entfernt. Wieder schüttelte

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