Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers

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erstarrt. Mein Poker-Face eben. Ich war halb blind, fühlte mich, als sei irgendwo in meinen Innereien etwas ernstlich beschädigt, und befand mich in einem Gebäude, in dem es vor Leuten nur so wimmelte, die mich voller Freude sofort in Stücke schießen würden. Aber ich musste weiterhin Avery Gates sein. Ich war berühmt. Und genauso musste ich mich auch verhalten.
    Wir kamen an eine Ecke – die Wand bestand aus kahlen Schlackesteinblöcken –, dann hatten wir die Docks erreicht, in denen schmutzige Abfall-Schweber unzählige Tonnen Müll abholten, um sie dann in Jersey loszuwerden. Es roch wie in einer Toilette, sämtliche Betonoberflächen schimmerten äußerst unschön. Belade-Droiden schlurften im Hangar hin und her. Sie summten leise vor sich hin, während sie auf die nächste Lieferung oder die nächste Abholung warteten. Schwaches Tageslicht fiel durch den Eingang zu den Docks. Dabei lag dieser Eingang nur wenige Dutzend Schritte entfernt. Ich hörte, dass aus den Vids in der Ferne erneut eine Ankündigung dröhnte, doch ich verstand kein W 7 ort.
    Hinter uns war ein leises › Fing!‹ zu hören-der zweite Aufzug war da.
    Die beiden Cops wirbelten herum; Happling ließ den Sack zu Boden fallen, Henses Mantel schien sie wie von allein zu umwirbeln. Ich kam mir im Vergleich zu den beiden regelrecht langsam vor, wie ich so in die Hocke ging und meine Waffe zog. Mein Arm schmerzte, mein Schädel hämmerte. Marko stand nur da wie eine gottverdammte Schießscheibe und kniff verwirrt die Augen zusammen.
    Die Türen des zweiten Fahrstuhls öffneten sich, zwei Männer stürmten heraus. Den Ersten der beiden erkannte ich: Es war vielleicht eine Stunde her, dass er mir vor einem Aufzug deutlich gezeigt hatte, wie wenig er es schätzte, mich dort zu sehen. Doch zugleich konnte ich mir auch einbilden, bereits zu sehen, wie meine kleinen Mistviecher ihm schon jetzt das Leben schwer machten – er hatte Ringe unter den Augen, und auf seiner Haut schimmerte ein feiner Schweißfilm, als versuche sein ganzer Körper mit aller Macht, sich in einen Backofen zu verwandeln. Seine dunklen Haare klebten ihm immer noch an der Stirn, als käme er nicht einmal auf die Idee, sie sich aus den Augen zu wischen. Er trug jetzt seinen Mantel. Die Hände in den Taschen trat er vor. Er trug zwei Schulterhalfter, eines auf jeder Seite. Die winzigen Augen hatte er halb zusammengekniffen, als blinzle er unablässig.
    »Wir unterliegen hier einer Quarantäne-Order, Colonel«, sagte er mit dieser schwachen Stimme. »Ich bin entsetzt und bestürzt gleichermaßen, mir auch nur vorzustellen, Sie könnten diesen Befehl dazu nutzen, einen Gefangenen aus dem Gebäude herauszuschmuggeln.«
    »Ich wurde befördert«, sagte ich und lächelte. »Jetzt habe ich diesen tollen neuen Mantel und so.«
    Er deutete auf mich, ohne mich anzusehen. »Halt die Klappe, du Scheiß-Kerl! Glaubst du allen Ernstes, man hätte dich hier zusammengeschlagen? Man hätte dich verletzt oder deine Rechte missachtet? Du Arschloch, wir haben noch nicht einmal damit angefangen, dich zu verletzen! Wie viele Cops hast du umgebracht?«
    Dreiunddreißig, dachte ich düster. Einschließlich dieser Sturmtruppen vor der Westminster Abbey. Ich lächelte weiter, doch meine freie Hand ballte sich unwillkürlich zur Faust – so fest, dass meine Gelenke knackten.
    Unser Gegenüber leckte sich über die Lippen und zuckte mit den Schultern. »Sie werden Gates nicht aus dem Gebäude bringen, Sir.«
    Sein Kumpel stand hinter ihm, die Arme vor der Brust verschränkt: ein muskulöser Oberkörper auf spindeldürren Beinen. Die Dinger sahen aus, als würden sie eigentlich zu jemand ganz anderem gehören. Keiner der beiden zog die Waffe. Hense und Happling entspannten sich ein wenig und richteten die Waffen an die Decke. Die konnten jetzt noch den ganzen Tag lang da rumstehen und Maulaffen feilhalten, aber keiner von denen würde das Feuer eröffnen.
    Auch ich entspannte mich: Ganz ostentativ, sodass es wirklich niemandem entgehen konnte, ließ ich meine Waffe sinken. Mit meinem noch funktionstüchtigen Auge versuchte ich, in alle Richtungen gleichzeitig zu blicken.
    »Wisst ihr Idioten eigentlich, was hier los ist?«, fragte Hense mit ruhiger Stimme. »Ich werde nie begreifen, wie ihr eure CIS-Prüfung geschafft habt! Ihr müsst ernstlich aufpassen, dass ihr nicht wie die Gorillas mit den Fingerknöcheln über den Boden schleift, so, wie ihr mich hier bei der Arbeit behindert! Lieutenant, kehren