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Sommer der Entscheidung

Sommer der Entscheidung

Titel: Sommer der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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konstruiert wirkte.
    „Macht dir der Job keinen Spaß?“, wollte sie wissen.
    „Nichts Wichtiges. Es gibt keinen Anlass zur Sorge. Ich mache meine Aufgabe gut. Und das ist die Hauptsache.“
    „Na, nein, es ist nicht die Hauptsache. Ich meine, erfüllstdu deine Pflicht nur deswegen, weil man es von dir erwartet, obwohl du die Arbeit gar nicht magst?“
    Billy schien aufzuwachen und ihren Unterton wahrzunehmen, mit dem sie sprach. „Das habe ich nicht gesagt.“
    „Nein, aber es passt zu dem, worüber ich vorhin mit Nancy gesprochen habe.“
    „Worüber habt ihr gesprochen?“
    „Die Geschichte eurer Ehe. Als du Mom geheiratet hast, weil sie schwanger war und als du dich schließlich erst zu ihr bekannt hast, als du merktest, wie schlecht deine Mutter sie behandelt.“
    „Das hat dir Nancy erzählt?“
    „Ich habe zufällig eure Heiratsurkunde gefunden. Das hat vieles erklärt. Mom erläuterte mir den Rest, als sie merkte, dass ich mich nicht mit einer einfachen Antwort abspeisen ließ. Darin seid ihr euch ähnlich. Den äußeren Schein zu wahren ist für euch beide wichtig.“
    „Deine Mutter und ich sind seit fast vierzig Jahren verheiratet.“
    „Das beweist nur Trägheit, Dad, nichts anderes.“
    „Tut mir leid, Tessa, aber wann haben wir dir erlaubt, unsere Ehe und unser Leben zu hinterfragen?“
    „Als ihr euch dafür entschieden habt, in jener Sommernacht kein Kondom zu benutzen.“
    „Das reicht!“
    „Nein, das glaube ich nicht. Die Wahrheit ist, dass ich verstehen muss, was euch zusammengehalten hat. Wenn ich es war, dann lastet ein unglaubliches Gewicht auf meinen Schultern, und das bin ich nicht länger bereit zu tragen.“
    „So bist du nicht.“
    „Aber vielleicht sollte ich so sein.“
    „Es geht dich nichts an.“
    „Ach komm! Wen geht es denn etwas an?“
    „Mich und deine Mutter.“
    „Wie konntest du sie heiraten und mit ihr all die Jahre zusammenleben, wenn du sie nicht geliebt hast? Hat sie nicht etwas Besseres verdient? Oder du? Oder ich ?“
    „Ich bin mir nicht sicher, wie du jetzt in diese Reihe kommst.“
    „Weil ich meine ganze Kindheit damit verbracht habe, zu versuchen, ihr zu gefallen. Deswegen. Und sie versuchte, dir zu gefallen oder sogar deiner Mutter. Weil sie wollte, dass du sie liebst, verdammt noch mal. Das war alles, was sie wollte.“ Tessa wurde bewusst, dass sie kurz davor war zu weinen. Sie schluckte und drehte den Kopf zur Seite.
    „Ein Leben lang versuchen Menschen, einander zu gefallen, und haben es nie ganz geschafft“, stellte er fest.
    Sie sah ihn wieder an, Billy starrte in den Himmel.
    „Wir haben dich enttäuscht“, sagte er. „Obwohl wir alles versucht haben, gerade das zu vermeiden.“
    „Das habe ich nie gesagt, dass ihr mich enttäuscht habt.“
    Er wandte sich ihr zu. „Nein, aber das haben wir. Nancy und ich haben dir das angetan. Wie haben so sehr versucht, allen gerecht zu werden, dabei hat es niemandem genützt, noch nicht einmal uns. Du hast nie die Sorte Ehe und Familienleben kennengelernt, die richtig gewesen wäre, wo Menschen über ihre Gefühle sprechen oder darüber, was ihnen wirklich wichtig ist …“
    Tessa wusste, wohin dieses Gespräch führen würde, und sie schnitt ihm das Wort ab. „Dad, hier geht es nicht um mich.“
    „Gerade hast du gesagt, dass es um dich ginge, erinnerst du dich? Du kannst nicht beides haben. Du hast nicht von uns gelernt, wie man mit Traurigkeit umgeht. Du hast versucht, allein damit zurechtzukommen, genau so, wie ich oder deine Mutter es getan hätten – und getan haben. Du hast nicht gelernt, deine Trauer anderen mitzuteilen, undnun zahlst du den Preis dafür.“
    „Dad, fang jetzt nicht an, mich zu therapieren. Es geht hier um dich und Mom.“
    „Es gibt zwischen mir und deiner Mutter eine Million Dinge, die du nie verstehen wirst. Wir sind sehr lange verheiratet. Es gibt vieles, was ich nicht erklären kann oder erklären werde. Damit wirst du dich abfinden müssen.“ Er stand auf. „Am Ende des Flurs, sagtest du?“
    „Ich versuche nicht, die Dinge noch schlimmer zu machen, als sie sind. Ich versuche lediglich …“ Sie hielt inne und war sich nicht mehr sicher, was sie zu retten versuchte.
    „Wenn wir morgen früh aufstehen wollen, um Vögel zu beobachten, muss ich jetzt ins Bett gehen. Du auch.“ Er ließ sie allein auf der Veranda sitzen.
    Tessa fragte sich, warum sie ausgerechnet diesen Moment, diesen Ort, diese Situation ausgewählt hatte, um sich über ihre Gefühle

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