Sommer der Entscheidung
Wir bringen eine Erdbeer-Sahnetorte mit. Gram hat sie erst gestern gemacht, und nun steht sie im Kühlschrank. Wenn wir den Kuchen ganz allein essen, werden wir jeder fünf Kilo zunehmen.“
„Hm, lecker. Ich werde weniger von dem anderen essen, um sie zu probieren.“ Cissy sah so aus, als sei sie mit sich zufrieden.
„Wir fangen gegen sechs Uhr an, wenn die Männer von der Arbeit gekommen sind.“
„Ich freue mich darauf.“
Cissy ging zu ihrem Pick-up; dann drehte sie sich noch einmal um. „Ihre Mutter ist auch eingeladen. Ich habe ganz vergessen, es zu sagen. Das tut mir leid.“
Tessa versuchte, sich Nancy bei einem Hauskonzert auf einer Farm vorzustellen. „Ich werde es ihr ausrichten.“
Cissy fuhr los. Ihr Lieferwagen machte klappernde Motorengeräusche. Tessa lehnte sich gegen den Stamm des Ahorns und starrte der Staubwolke nach, die der Wagen aufstob.
„Ich mag das Mädchen.“
Tessa drehte sich um und sah, dass ihre Mutter hinter ihr stand. Nancy trug einen zitronengelben Pullover und ein anderes Paar ihrer leichten Latschen aus dem Supermarkt.
„Wirklich? Ich dachte, du seist dir zunächst nicht sicher gewesen.“ Tessa rückte ein Stück, und Nancy setzte sich zu ihr auf die Decke.
„Sie erinnerte mich einfach zu sehr daran, wie ich früher war. Deshalb.“
„Und jetzt?“
„Ich habe Kontakt mit meiner inneren Stimme bekommen.“ Nancy lächelte, um Tessa zu signalisieren, dass sie einen Scherz machte, wenigstens ein wenig.
Tessa fragte sich, ob es Nancys innere Stimme war, die Billy in letzter Zeit so unerschütterlich ignorierte. Nancy hatte keine fünf Minuten mit ihrem Mann verbracht, seitdem er Anfang der Woche zu Besuch gekommen war. Sie war spät aufgestanden, und wenn Billy und Tessa von ihrer Vogelrunde zurückkamen, war sie schon zur Kirche aufgebrochen, um die Ausstellung zu organisieren. Soweit es Tessa beurteilen konnte, hatte es ihre Mutter geschafft, alle Frauen aus der Gemeinde für ihr Projekt zu begeistern und sie dazu zu bringen, ihr zu helfen.
Tessa wurde bewusst, dass sie das Verhalten ihrer Mutter nicht länger ignorieren konnte. „Mom, ich glaube, Dad ist verletzt, weil du nie da bist, wenn er zu Besuch kommt.“
„Darum wirst du dich zukünftig nicht mehr kümmern, Tessa. Dein Dad und ich werden unsere Beziehung so klären, wie wir es für richtig halten. Ohne deine Hilfe.“
„Ich habe das Gefühl, dass neue Probleme dadurch entstandensind, weil ich mit euch beiden gesprochen habe.“ Obgleich sie und ihr Vater nichts wirklich Wichtiges auf ihrem Vogelbeobachtungsspaziergang besprochen hatten, war Billy ihr gegenüber zurückhaltend gewesen. Sein Verhalten hatte Tessa ernüchtert.
„Ich spreche dich von aller Schuld frei.“
„Ich liebe euch beide.“
„Tessa, manchmal fällt es einem sehr schwer mit anzusehen, wie jemand, den man liebt, einen Fehler macht. Ich habe in den letzten Jahren ansehen müssen, wie du deine Fehler machst, und nun bist du vielleicht an der Reihe, uns dabei zuzuschauen.“
Tessa wusste, auf welche Fehler ihre Mutter anspielte. Noch einmal dachte sie daran, wie sehr Mack wohl den Abend bei den Claibornes genießen würde. „Cissy hat uns alle zum Abendessen mit Hausmusik eingeladen. Jeder bringt etwas zu essen mit. Zekes Freunde spielen Countrymusik.“
„Hört sich nett an.“
„Kommst du mit?“
„Ja, natürlich. Vielleicht spendet deine Großmutter den Erdbeerkuchen für den guten Zweck.“
„Es ist einfach nur Countrymusik, Mom. Musik aus den Bergen, Bluegrass wahrscheinlich.“
„Und du glaubst, daran hätte ich keinen Spaß? Ich bin hier mit dieser Musik aufgewachsen, du erinnerst dich vielleicht?“ Nancy stand auf und klopfte den Staub von ihren Kleidern. „Ich gebe dir einen Rat, um den du mich nicht gebeten hast. Ruf Mack an. Er wird in seinem Element sein, auch wenn er aus Kalifornien stammt. Wenn du nur irgendein Interesse daran hast, deine Ehe zu retten, wäre das schon mal ein Anfang.“
Nachdem Nancy weggegangen war, starrte Tessa zum Horizont. Den Quilt hielt sie sich fest vor die Brust. Warumschien etwas, das immer so einfach gewesen war, jetzt plötzlich so unmöglich?
Wann war es das letzte Mal vorgekommen, dass sie Mack um etwas gebeten hatte?
Am späten Nachmittag grübelte Mack über Tessas Anruf, als sein Wagen auf die Abfahrt rollte, die zur Fitch Crossing Road führte. Als das Telefon klingelte, hatte er etwas anderes erwartet. Ein Triumphgeschrei, weil sie Owens beim Trinken oder
Weitere Kostenlose Bücher