Sommer der Entscheidung
und die der Menschen, die sie liebte, klar zu werden.
Dieses E-Book wurde von "Lehmanns Media GmbH" generiert. ©2012
26. KAPITEL
C issy kam zu ihrer Quilting-Stunde am Donnerstagmorgen, und bevor sie wieder nach Hause ging, schaute sie kurz bei Tessa vorbei, um ihr die Fortschritte an ihrem Baby-Quilt zu zeigen.
Tessa lümmelte auf einer Decke unter den Ahornbäumen im Schatten herum. Bis Cissy kam, bestand die einzige Gesellschaft, die sie hatte, in einer von Helens Scheunenkatzen, einem Kater mit weißen Flecken, der wie ein Torwächter auf der Verandabrüstung thronte. Der Tag war kühler als gewöhnlich. Eine leichte Brise kam aus dem Norden und brachte bauschige Kumuluswolken mit, die vor der ärgsten Sonne schützten. Als Cissy ankam und sich neben sie fallen ließ, hatte Tessa den Wedding-Ring-Quilt ausgebreitet und ersetzte einen Flicken, der auseinanderfiel, durch ein neues Stück Stoff.
Es war offensichtlich, dass Cissy sehr stolz auf ihren Baby-Quilt war, und die sechs Stücke mit einem Pinwheel-Muster, die sie bisher genäht hatte, waren zu einem perfekten Rechteck zusammengesetzt. „Die Farben sind wunderhübsch, genau wie die Stiche“, lobte Tessa sie.
Cissy lächelte schüchtern, ihre Art, sich für das Kompliment zu bedanken. „Jetzt sitze ich hier unten und weiß nicht, ob ich überhaupt wieder aufstehen kann. Wahrscheinlich muss ich mich erst auf alle viere stellen wie ein alter Jagdhund.“
„Bleib doch noch einen Moment. Hat dir Gram etwas zu trinken angeboten? Ich kann dir gern schnell etwas holen.“
„Sie hat mir Pfefferminztee gemacht. Sie macht ihn so, wie es früher meine Granny gemacht hat. Ich hätte fast geweint, als sie mir das Glas gab.“
Tessa fragte sich, ob es Helen bewusst war, dass sie allmählichzum Familienersatz für diesen heimatlosen, schwangeren Ausreißer geworden war. Tessa hoffte, dass ihre Großmutter auch zukünftig Cissy ein wenig Liebe geben würde, weil sie es offensichtlich so sehr brauchte. Es täte ihnen beiden gut.
„Was machen Sie da?“, fragte Cissy.
Tessa erzählte ihr die verkürzte Version der Geschichte des Wedding-Ring-Quilts. „Es ist so angenehm, heute nicht drinnen arbeiten zu müssen. Es ist hier draußen so schön. Wer weiß, ob wir in den nächsten Monaten noch einen so schönen Tag haben werden.“
„Ich glaube, das ist mit der schönste Quilt, den ich je gesehen habe“, sagte Cissy. „All diese kleinen Flicken, und alle sind verschieden. Und zu wissen, dass alles mit Liebe genäht wurde.“
Tessa musste über diesen Gefühlsausbruch der jungen Frau lächeln, aber in Wahrheit mochte sie den Quilt aus genau denselben Gründen.
„Ich habe mich nur gefragt …“, Cissy überlegte eine Weile, als suche sie nach den richtigen Worten. „Tja, ich habe mich nur gefragt, ob Sie uns vielleicht heute Abend besuchen wollen. Wir haben ein Hauskonzert mit alter Volksmusik, so wie sie früher hier überall gespielt wurde. Zekes Freunde kommen alle her, um auf der Wiese der Claibornes zu spielen. Wir machen auch etwas zu essen. Jeder bringt etwas für das Abendessen mit.“
Tessa schaute auf und sah, wie Cissys Augen glänzten. Sie war kurz davor „Nein, danke“ zu sagen, aber dann war ihr klar, dass sie das nicht tun durfte. Cissy wollte den Frauen, die sich für sie interessierten, etwas zurückgeben. Und deswegen lud sie sie ein.
„Hast du Gram schon gefragt?“, wollte Tessa wissen.
„Sie sagt, sie geht abends nich’ … nicht mehr weg. Aberich glaube, sie würde kommen, wenn Sie sie mitnehmen.“
Tessa gab ihr recht. Dann musste sie plötzlich an Mack denken. Mack, der am liebsten Countrymusik hörte. Nicht die Sorte, die nur ein wenig anders ist als Rockmusik, sondern die echte Musik vom Lande, die von früher. Er hatte die Titelmusik des Films O Brother, Where Art Thou so häufig gespielt, dass Tessa mittlerweile auch den ganzen Film nicht mehr leiden konnte.
Sie sprach ihren Gedanken aus. „Es ist schade, dass mein Mann nicht hier sein kann, er liebt Countrymusik. Er wäre gern dabei.“
Cissy schaffte es, ihren Körper wieder auf die Beine zu stemmen, ohne zuerst auf alle viere gehen zu müssen, aber es fiel ihr schwer. „Vielleicht können Sie ihn ja anrufen und fragen, ob er herkommen möchte.“
Tessa dachte nicht daran, Mack zu fragen. Sie war sich noch nicht einmal sicher, warum sie ihn Cissy gegenüber erwähnt hatte. „Ich werde zumindest da sein, und vielleicht kann ich Gram überzeugen, auch zu kommen.
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