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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Mann unter Maschinengewehrlauten vom Lautsprecher sagen.
    Duane sagte etwas, das wirklich nicht zu hören war, als ein gigantischer Kanonenschlag unter der Katze explodierte. Sogar Mr. Ashley-Montague mußte sich nach vorne beugen, damit er Duanes Worte hören konnte.
    »... es gab eine Glocke«, sagte der Millionär, als Dale wieder hören konnte, »aber die wurde schon vor Jahren entfernt. Vor Jahrzehnten. Ich glaube, schon vor dem Ersten Weltkrieg. Sie war natürlich eine Fälschung. Mein Großvater wurde ... übertölpelt, sagt man wohl. Aufs Kreuz gelegt. Betrogen.«
    »Nun, genau das brauche ich für meinen Aufsatz«, sagte Duane. »Andernfalls müßte ich ein Referat abgeben, in dem steht, daß der derzeitige Aufenthaltsort der Glocke ein Geheimnis ist.«
    Mr. Ashley-Montague ging neben dem Projektor hin und her. Der Zeichentrickfilm war vorbei, der Assistent beeilte sich, den Kurzfilm einzulegen - ein Nachrichtenfilm von 20 th Century Fox über die Ausbreitung des Kommunismus, den Walter Cronkite kommentierte. Dale sah auf und erblickte den dunkelhaarigen Reporter, der an einem Schreibtisch saß. Der Kurzfilm war in Schwarz-weiß ... Dale hatte ihn letztes Jahr in einer Sondervorstellung der Schule gesehen. Plötzlich wurde eine Karte von Europa und Asien ganz schwarz, weil sich die kommunistische Bedrohung ausbreitete. Pfeile zeigten nach Westeuropa, China und andere Länder, die Dale nicht einmal kannte.
    »Es gibt kein Geheimnis«, sagte Mr. Ashley-Montague brüsk. »Jetzt fällt es mir wieder ein. Großvaters Glocke wurde kurz nach der Jahrhundertwende heruntergeholt und eingelagert. Ich glaube, sie konnte aufgrund von Rissen nicht einmal läuten. Sie wurde aus dem Lager geholt und eingeschmolzen, und das Metall wurde im Ersten Weltkrieg für Rüstungszwecke verwendet.« Er verstummte, drehte sich um und setzte sich wieder, als wäre die Unterhaltung beendet.
    »Es wäre toll, wenn ich das aus dem Buch zitieren und vielleicht ein paar der alten Bilder für mein Referat fotokopieren könnte«, sagte Duane.
    Der Millionär seufzte wie als Antwort auf das zunehmende Meer kommunistischer Bedrohung auf der Leinwand. Walter Cronkites Stimme dröhnte so laut wie der Tom-und-Jerry-Zeichentrickfilm. »Junger Mann, es existiert kein Buch. Doktor Priestmann hat mir einen Berg zusammenhangloses, unsortiertes und nicht gekennzeichnetes Material hinterlassen. Mehrere Kartons voll, wenn ich mich recht entsinne. Ich versichere dir, daß ich sie nicht behalten habe.«
    »Könnten Sie mir sagen, wem Sie sie gespendet haben ...«, begann Duane.
    »Ich habe sie nicht gespendet!« sagte Mr. Ashley-Montague, dessen Stimme fast zu einem Brüllen anschwoll. »Ich habe sie verbrannt. Ich habe die Arbeiten des guten Professors unterstützt, aber ich hatte keine Verwendung dafür. Ich versichere dir, es gibt keinen geheimnisvollen Band, der deine Nachforschungen vervollständigen würde. Zitiere mich, junger Mann. Die Glocke war ein Fehler ... einer von vielen weißen Elefanten, die mein Großvater von seinen Flitterwochen in Europa mitgebracht hat ... sie wurde um die Jahrhundertwende aus Old Central entfernt, in einem Lagerhaus eingelagert... irgendwo in Chicago, glaube ich... und 1917 oder so eingeschmolzen, als wir in den Krieg eingegriffen haben. Und das ist alles.«
    Der Film von 20 th Century Fox war zu Ende, der Assistent legte hastig die erste große Spule von Herkules ein, mehrere Köpfe sahen zum Pavillon hoch, als Mr. Ashley-Montagues Stimme durch die relative Stille dröhnte.
    »Wenn ich nur...«, begann Duane.
    »Es gibt kein >Nur<«, zischte der Millionär. »Die Unterhaltung ist beendet, junger Mann. Es existiert keine Glocke. Und das ist alles.« Er deutete mit einer, wie Dale fand, femininen Geste der Hand zur Treppe des Pavillons. Eine zweite Geste rief den Assistenten herbei - der Film begann wieder mit einem brüllenden Countdown der Menge -, und Duane sah sich einem eins achtzig großen Mann mit hochgekrempelten Ärmeln gegenüber. Der Assistent hätte ein Butler, Leibwächter oder Platzanweiser in einem von Mr. Ashley-Montagues Kino sein können; Dale wußte es nicht.
    Duane schien die Achseln zu zucken und wandte sich ab; er ging die Treppe viel langsamer hinunter, als Dale es getan haben würde, hätte ein Erwachsener ihn angeschrien. Dale wußte, er würde in der hinteren Ecke des Pavillons im Schutz der Dunkelheit nicht zu sehen sein, sprang aber trotzdem vom Geländer herunter, landete einen Meter

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