Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
meiner Geburt.)
    Dale, Lawrence, Mike, Kevin und Jim. Wie soll man Erbsen in einer Schote beschreiben? Frisuren: Dale hat den Elm Haven-Einheitsbürstenschnitt - der alte Friers schneidet ihn in seinem unheimlichen Barbierladen (Barbierstange = Schuldsymbol. Blut läuft spiralförmig daran herunter. Vielleicht waren sie im Mittelalter Vampire). Aber Dales Bürstenschnitt ist vorne ein bißchen länger - fast lang genug, daß er Löckchen bildet. Dale schenkt seinem Haar keine Beachtung. (Außerdem damals, als es seine Mom geschnitten hatte, da waren wir in der dritten Klasse, und er hatte Strähnen und Stufen und kleine kahle Inseln ... da hat Dale sogar im Unterricht die Pfadfindermütze aufbehalten.)
    Das Haar von Lawrence ist kürzer und vorne mit Pomade hochgestriegelt. Paßt zu seiner Brille und den Hasenzähnchen. Macht sein schmales Gesicht noch schmaler. Ich frage mich, wie die Frisuren in der Zukunft aussehen? Sagen wir 1975? Eines steht fest - nicht wie in den Science-fiction-Filmen, wo die Schauspieler aussehen wie heute und nur Glitzeranzüge an- und Mützen aufhaben. Vielleicht lange Haare? Wie zu Zeiten von Thomas Jefferson? Oder mit Pomade glattgestrichen und Mittelscheitel, wie der Alte auf seinen Fotos von Harvard aussieht? Eines ist sicher, wir werden alle unsere Fotos von heute ansehen und denken, daß wir wie Geeks aussehen.< Duane hielt inne, nahm die Brille ab und dachte über den Ursprung des Wortes >Geek< nach. Er wußte, damit bezeichnete man den Typen beim Zirkus, der lebenden Hühnern den Kopf abbiß ... Onkel Art hatte ihm das gesagt, und auf Onkel Arts Wort konnte man sich verlassen ... aber was war der etymologische Ursprung?
    Duane schnitt sich das Haar selbst. Wenn er daran dachte. Es war oben lang ... viel länger als es bei einem Jungen 1960 üblich war ... aber über den Ohren ziemlich kurz. Er kämmte es nicht. Jetzt fühlte es sich schmutzig an - die staubige Fahrt von Elm Haven. Du-ane schlug das Notizbuch wieder auf.
    >Mike: derselbe Bürstenschnitt, wahrscheinlich von seiner Mom oder einer seiner Schwestern, weil sie nicht genug Geld für den Friseur haben, aber irgendwo sieht er bei O'Rourke besser aus. Vorne länger, aber nicht hochgestrichen, und kein Pony. Fällt nie auf, aber Mike hat so lange Wimpern wie ein Mädchen. Seine Augen sind merkwürdig - so graublau, daß sie einem schon von weitem auffallen. Seine Schwestern würden wahrscheinlich den rechten Arm für solche Augen geben. Aber er ist nicht etepetete, weibisch (schw.?) ... nur ir-genwie hübsch. Wie Senator Kennedy, nur ganz anders, wenn das einen Sinn ergibt. (Kann es nicht leiden, wenn Mailer oder sonstwer eine Figur beschreibt, die wie ein Schauspieler aussieht. Faulheit.)
    Kevin Grumbachers Haar steht irgendwie steil in die Höhe, wie ein Striegel über einem Kaninchengesicht. Paßt zu seinem vorspringenden Adamsapfel und den Sommersprossen und dem nervösen Grinsen und allgemeinen Eindruck ängstlicher Bestürzung. Wartet immer darauf, daß seine Mommy ihn nach Hause ruft.
    Jims Haar - Harlens Haar -, eigentlich kein Bürstenschnitt, aber kurz. Ein ziemlich eckiges Gesicht mit einem Haarschopf darüber. Jim Har-len erinnert mich an den Schauspieler, den wir letzten Sommer in der Gratisvorstellung gesehen haben, im Film Mr. Roberts, der Typ, der Ensign Pulver gespielt hat. Jack Lemmon. (Hoppla, schon wieder. Beschreib die Figuren in deinen Büchern ruhig wie Filmstars; das erleichtert die Besetzung, wenn sie es an H'wood verkaufen.) Aber Har-len sieht wirklich aus wie dieser Ensign-Pulver-Typ. Derselbe Mund. Dieselbe komische, nervöse Gestik. Dieselbe gepreßte, sarkastische Sprechweise. Derselbe Haarschnitt? Wen kümmert das?
    O'Rourke ist irgendwie ruhig, ein Anführer, so wie Henry Fonda in diesem Film. Vielleicht stellt Jim Harlen auch nur seine Rolle aus diesem Film dar. Vielleicht imitierten wir alle Figuren, die wir letzten Sommer in der Gratisvorstellung gesehen haben, und wissen es gar nicht ...< Duane klappte das Notizbuch zu, nahm die Brille ab und rieb sich die Augen. Er war müde, obwohl er heute nichts gearbeitet hatte. Und hungrig. Er versuchte sich zu erinnern, was er sich zum Frühstück gemacht hatte, und gab es auf. Als die anderen zum Mittagessen gegangen waren, war Duane im Hühnerhaus geblieben, hatte sich Notizen gemacht und nachgedacht.
    Duane war müde vom Denken.
    Er sprang von der Pritsche herunter und ging zum Waldrand. Glühwürmchen funkelten in der Schwärze. Duane hörte die

Weitere Kostenlose Bücher