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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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katapultiert zu werden. Er gab einen Laut von sich, der Mike an den tollen Hund erinnerte, den Memo vor Jahren abgewehrt hatte.
    Pater C. war einen ganzen Kopf größer als der Soldat, aber die khakigekleidete Gestalt prallte weit oben gegen ihn und ruderte dabei mit Armen und Beinen wie eine große Katze auf einem rutschenden Schal, so daß sie beide durcheinanderpurzelnd stürzten - der Priester war so überrascht, daß er nur ein Grunzen von sich geben konnte, das Knurren des Soldaten kam tief aus seiner Brust. Sie rollten über das kurz gemähte Gras, bis sie gegen einen uralten Grabstein stießen, wo sich der Soldat breitbeinig über Pater C. setzte und die langen Finger um den Hals des Priesters krallte.
    Pater Cavanaugh hatte die Augen aufgerissen, ebenso den Mund, als er endlich zu schreien versuchte. Aber nur ein Gurgeln kam heraus. Der Soldat hatte immer noch den Hut auf, aber jetzt war die Krempe zurückgeschoben und Mike konnte das glatte wächserne Gesicht und Augen wie weiße Murmeln sehen. Der Soldat machte den Mund auf-nein, machte ihn nicht auf, der Mund wurde rund wie ein in Ton gedrücktes Loch -, und Mike konnte Zähne darin sehen, viel zu viele Zähne, einen ganzen Ring kurzer, weißer Zähne, die die gesamte Innenseite des runden, lippenlosen Rings von einem Mund säumten.
    »Michael!« keuchte Pater C. Er mußte eindeutig seine gesamte nicht unerhebliche Kraft aufwenden, um nur zu verhindern, daß die unvorstellbar langen Finger des Soldaten ihn bewußtlos würgten. Pater C. wand sich und krümmte sich, aber die kleinere Gestalt blieb fest auf seiner Leibesmitte und schien sich mit den khakibekleideten Knien am Gras festzusaugen. »Michael!«
    Mike löste sich aus der Starre, lief die zehn Schritte, die ihn von dem ringenden Paar trennten, und schlug auf den schlanken Rücken des Soldaten ein. Es war nicht, als würde er Fleisch berühren, sondern mehr, als schlüge er auf einen Sack sich windender Aale ein. Der Rücken des Dings wogte und zuckte unter dem Hemdenstoff. Mike schlug nach dem Kopf des Soldaten, so daß der Hut hinter einen Grabstein flog. Der Scheitel des Soldaten war unbehaart und rosa-weiß. Mike schlug dem Ding wieder auf den Kopf.
    Der Soldat nahm eine Hand von Pater C.'s Hals und schlug hinter sich. Mikes Hemd riß; er selbst wurde fast zwei Meter in die Dunkelheit unter den Wacholderbäumen geschleudert.
    Er wälzte sich herum, kam auf die Knie und riß einen dicken Ast vom erstbesten Stamm.
    Der Soldat senkte den Kopf über Gesicht und Hals von Pater C. Die Wangen des Soldaten schienen sich aufzublähen, als wollte er einen Pfriem Kautabak ausspucken, der Mund selbst streckte sich in die Länge, als würden neue Zähne aus dem Zahnfleisch wachsen.
    Inzwischen hatte Pater Cavanaugh die linke Hand freibekommen und schlug mit einer großen Faust nach Gesicht und Brust des Soldaten. Mike sah, wie Male auf Wangen und Stirn des Dings auftauchten; die Faust eines wütenden Bildhauers hieb Vertiefungen in den Ton. Die Male glätteten sich binnen Sekunden wieder. Das Gesicht des Soldaten schmolz und gestaltete sich neu, die weißen Murmelaugen bewegten sich im Fleisch und konzentrierten sich ohne Andeutung von Blindheit auf den Priester.
    Die Schnauze des Dings waberte, wurde länger, wurde zu einer Art fleischigem Rüssel, der sich vor Mikes Augen dehnte, während Pater Cavanaugh schrie. Der obszöne Rüssel war jetzt vierzehn Zentimeter lang... dann zwanzig - und senkte sich Pater Ca-va-naughs Hals entgegen.
    Mike rannte los, stemmte die Füße auf den Boden, als würde er auf das Schlagmal steigen, schwang den schweren Ast zu einem Rundschlag und traf den Soldaten über dem linken Ohr. Das Geräusch hallte über den Friedhof und in den Baum.
    Einen Augenblick dachte Mike, er hätte der Kreatur buchstäblich den Kopf abgeschlagen. Schädel und Kiefer des Soldaten knickten in einem unmöglichen Winkel ab und blieben, auf der rechten Schulter ruhend, an einem in die Länge gezogenen Stück Hals hängen. Keine Wirbelsäule hätte diesen Winkel aushalten können.
    Weiße Augen glitten durch Fleisch, das sich immer noch wie fleischfarbener flüssiger Schlamm bewegte, und richteten sich auf Mike. Der linke Arm des Soldaten schoß schneller als eine Schlange in die Höhe, packte den Ast und rang ihn Mike aus den Händen. Er zerbrach den sieben Zentimeter dicken Ast wie ein Streichholz.
    Der Kopf des Soldaten richtete sich auf, bildete sich neu, die Rüsselschnauze wurde länger und

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