Sommer der Nacht
pochenden Stiefelschritten auf Mike zu. Mike hob die Eichhornbüchse, spannte den Hahn und schoß. Der Knall war ungeheuer.
Er duckte sich, warf die verbrauchte Hülse hinaus, lud nach. Als er wieder hochkam, war der Mann fort - im Gras unten oder fort. Die beiden anderen schienen im Feuerschein erstarrt zu sein.
Dann brachen Lärm und Wahnsinn los.
Flammen loderten aus dem dichten Gehölz keine zehn Meter südlich des Lagers empor. Ein weiterer Schrotschuß dröhnte. Der dritte Mann schien an unsichtbaren Schnüren rückwärts gerissen zu werden, die Axt wirbelte durch die Luft und landete direkt in den Flammen, der Mann selbst rollte ins hohe Gras der Wiese. Eine Pistole wurde abgefeuert - Mike erkannte an dem raschen, hustenden Geräusch, daß es sich um eine halbautomatische Fünfundvierziger handeln mußte - drei Schüsse, Pause, noch drei Schüsse. Eine weitere Pistole stimmte in das irrwitzige Stakkato ein und feuerte, so schnell der unsichtbare Schütze den Abzug drücken konnte. Das hohe Peitschen einer .22er war zu hören, dann wieder eine Schrotsalve.
Der dritte Mann lief. Direkt auf Mike zu.
Mike stand auf und wartete, bis die stapfende Gestalt noch zwanzig Schritte von ihm entfernt war, dann feuerte er Memos Eichhornbüchse dorthin, wo er die Augen des Mannes funkeln sah.
Die Mütze des Mannes, oder ein Teil seines Schädels flog in hohem Bogen hinter ihn. Die Gestalt schleuderte die Axt in Mikes Richtung, fiel um, torkelte stöhnend im hohen Gras und rutschte unter Krachen und Knacken von Ästen und Schößlingen die Kluft im Nordosten hinunter. Ein großes Insekt flog summend an Mikes Ohr vorbei, er duckte sich in dem Augenblick, als die Axt funkenschlagend gegen den Fels klirrte und nach links abprallte.
Mike lud nach, hob die Eichhornbüchse, umklammerte den Pistolengriff mit beiden Händen und ausgestreckten Armen, atmete durch den Mund und hatte den Hammer schon gespannt und den Finger am Abzug, als er merkte, daß das Lager verlassen war, abgesehen von den zerfetzten und stummen Zelten und dem erlöschenden Feuer. Da fiel ihm der Plan wieder ein.
»Los!« brüllte er, duckte sich, packte den Rucksack und rannte zwischen der Wiese und dem Rand der Kluft nach Nordwesten. Er spürte, wie Zweige brachen, wenn er mit Kopf und Schultern da-gegenstieß, spürte, wie etwas einen langen Kratzer über seine Wange zog, und dann war er beim ersten Checkpoint angelangt -dem umgestürzten Baumstamm, wo der Viehpfad am steilsten Ab» schnitt der Kluft entlang verlief.
Er ließ sich dahinter fallen und hob die Waffe.
Schritte stapften rechts von ihm.
Mike kniff die Augen zusammen und pfiff einmal. Die laufende Gestalt pfiff zweimal als Antwort und rannte ohne langsamer zu werden vorbei. Mike schlug ihr auf die Schulter.
Zwei weitere Gestalten, zwei weitere pfeifende Antworten. Rucksackschnallen klickten, als sie vorbeihasteten. Mike schlug ihnen auf die Schultern. Noch eine Gestalt in der Dunkelheit. Mike pfiff, hörte keine Antwort und richtete Memos Eichhornbüchse auf die Magengegend des laufenden Schemens.
»Ich bin's!« keuchte Jim Harlen.
Mike spürte die Schlinge unter der Hand, als er dem kleineren Jungen im Vorüberlaufen auf die Schulter schlug, ehe dieser mit auf dem kahlen Erdpfad pochenden Keds-Turnschuhen unter den tiefhängenden Bäumen verschwand.
Mike kauerte hinter dem dicken Stamm und wartete noch eine Minute, während er die Sekunden nach der Pfadfindermethode zählte, ohne die Eichhornbüchse zu senken. Es war eine sehr lange Minute. Dann lief er tief geduckt den Pfad entlang, hatte den Rucksack auf der linken Schulter und die Waffe in der rechten Hand, drehte ständig den Kopf hin und her und verließ sich auf seine periphere Sicht. Ihm war, als wäre er meilenweit gelaufen, doch er wußte, daß es nur ein paar hundert Meter waren.
Links vor ihm ertönte ein leises Pfeifen. Er pfiff dreimal als Antwort. Eine Hand schlug ihm im Vorübergehen auf die Schulter, und Mike konnte gerade noch die 45er Automatik von Kevins Dad sehen. Dann fand Mike die Abkürzung, den leichten Knick im Weg, rollte sich ins hohe Gestrüpp, spürte Dornenranken, achtete aber nicht darauf, pfiff einmal, ließ Kevin vorbei und behielt den Weg nach Norden und Süden weitere fünfundvierzig Pfadfindersekunden lang im Auge, bevor er sich selbst den Hügel hinunterrutschen ließ, wobei er versuchte, auf dem weichen Lehmboden und dem dicken Teppich alter Blätter so leise wie möglich zu sein.
Einen
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