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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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ebenfalls eine Axt oder etwas langes Metallisches trug. Mike betete, daß es kein Gewehr oder eine Schrotflinte sein würde.
    Auf keinen Fall. Sie wollen keinen Lärm.
    Mikes Hände zitterten, als er beide Arme über die Kuppe des flachen Felsens ausstreckte und auf die beiden Gestalten zielte, wobei er die Waffe hoch genug hieltj daß die Schrotladung nicht in die beiden niederen Zelte einschlagen würde.
    Schieß! Schieß sofort! Nein. Er mußte sicher sein. Genau darum ging es ja ... sicher zu sein. Wenn die Männer nun Farmer waren, 'die Holz suchten? - Mitten in der Nacht? Das glaubte Mike selbst nicht. Aber er schoß nicht. Wenn er daran dachte, auf einen Menschen zu schießen, zitterten seine Hände noch heftiger. Er stützte sich auf den Felsen und biß die Zähne zusammen.
    Die beiden Männer auf dieser Seite des Feuers schlichen lautlos um das schwelende Lagerfeuer herum. Die Glut zeigte lediglich dunkle Kleidung und hohe Stiefel. Die Gesichter der Männer waren unter tief heruntergezogenen Mützen verborgen. In den Zelten war kein Laut zu hören, keine Regung zu sehen. Mike konnte immer noch die Wölbungen von Dales und Lawrences Füßen in den Schlafsäcken sehen, Kevs Baseballmütze, Harlens Turnschuhe. Der Mann auf der anderen Seite des Lagers bewegte sich zwischen den Bäumen und trat näher an Kevins Zelt.
    Mike spürte den Drang, eine Warnung zu brüllen, die Eichhornbüchse in die Luft abzufeuern. Beides ließ er sein. Er mußte es wissen. Er wünschte sich, er hätte den Beobachtungsposten dichter beim Lager gewählt. Er wünschte sich, er hätte ein Gewehr oder eine Pistole mit größerer Reichweite. Alles schien falsch und nicht richtig geplant zu sein ...
    Mike zwang sich, sich zu konzentrieren. Die drei Männer standen da, zwei beim Zelt von Dale und Lawrence, einer bei dem von Kev und Harlen. Sie sprachen kein Wort. Es sah so aus, als würden sie daraufwarten, daß die Jungs in den Zelten aufwachten und sich ihnen anschlössen. Mike dachte einen übelkeitserregenden Augenblick, daß dieses Tableau die ganze Nacht so bleiben würde - die stummen Gestalten, die stummen Zelte, das Feuer, das immer düsterer und düsterer wurde, bis er gar nichts mehr sehen konnte.
    Plötzlich kamen die beiden Männer näher beim Lager nach vorne, schwangen die Äxte lautlos, schlugen durch die Zeltleinwand in die Schlafsäcke darunter. Einen Sekundenbruchteil später hieb der dritte Mann seine Axt in Kevins Mütze.
    Der brutale Angriff erfolgte so plötzlch, so unerwartet, daß Mike vollkommen überrascht wurde. Er stöhnte laut, als ihm die Wirklichkeit des Vorfalls bewußt wurde und den Atem nahm.
    Die beiden näheren Männer hoben wieder die Äxte, schlugen wieder zu. Mike hörte, wie die Schneiden durch eingestürzte Leinwand, durch die Schlafsäcke und den Inhalt der Schlafsäcke und in den Erdboden darunter glitten. Sie hoben die Äxte zum drittenmal. Hinter ihnen schwang der kleinere Mann seine wie rasend und grunzte lautstark dabei. Mike sah, wie einer von Harlens Turnschuhen davonflog und beim Feuer landete. Ein zerfetztes Stück roter Socke - oder etwas anderes Rotes - klebte daran.
    Die Männer keuchten und stöhnten jetzt, grunzten einander in sinnlosen Silben zu und gaben animalische Laute von sich. Die Äxte wurden erneut erhoben.
    Mike zog den Hahn zurück, spannte ihn und drückte ab. Das Mündungsfeuer des Schrotschusses blendete ihn; der Rückstoß riß ihm die aufgestützten Arme und Hände so hoch, daß er die Waffe fast fallengelassen hätte.
    Er rang keuchend nach Atem, stellte fest, daß beide Männer noch standen, sich jetzt aber mit im letzten Licht funkelnden Augen zu ihm umdrehten, und dann tastete Mike nach einer neuen Patrone. Sie befanden sich in seiner Brusttasche unter dem schwarzen Pullover, den er angezogen hatte.
    Mike stützte sich auf die Knie und tastete in der Jeanstasche nach einer Patrone. Er machte das Schloß auf und versuchte, die verbrauchte Hülse herauszuschütteln. Sie klemmte. Seine Fingernägel fanden Halt am Messingring. Er verbrannte sich die Finger, als er die Hülse herauszog, eine neue hineinschob und das Schloß zuklappte.
    Einer der Männer war über das Feuer gesprungen und kam in seine Richtung. Der zweite war mit hoch erhobener Axt erstarrt. Der dritte grunzte etwas und hackte weiter auf die Überreste von Kevins und Harlens eingestürztem Zelt und die zerfetzten Schlafsäcke ein.
    Der erste Mann landete auf der anderen Seite des Feuers und kam mit

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