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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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dürfen.
    »Sind sie echt?« fragte Mike.
    »Was?«
    Mike beugte sich dichter an Kevins großes linkes Ohr. »Sind ... sie... echt?«
    Kevin nickte, während er Cola mit einem Strohhalm trank. Zu Hause erlaubten ihm seine Eltern nie, derartige Erfrischungen zu sich zu nehmen. »Klar sind die echt. Chucks Dad hat sie im Ausverkauf bekommen.«
    »Welche Reichweite?« fragte Dale. Er mußte die Frage wiederholen.
    »Etwa eine Meile, behauptet Digger«, sagte Kevin. »Die Reichweite ist jedenfalls so kurz, daß sie keine FCC-Lizenz oder "so was brauchen. Aber weit genug für richtige Walkie-talkies.«
    »Stimmt«, sagte Mike, »die hätten wir brauchen können. Könnten wir immer noch. Ich frage mich, ob wir bis Sonntag zwei davon beschaffen können.«
    Harlen trat nach vorne. Er grinste schief und sah merkwürdig aus. Mike brauchte eine Weile, bis er bemerkte, daß Jim seine beste Kleidung trug - Wollhosen, die für so einen Abend viel zu warm waren, blaues Hemd und Krawatte, eine frische Schlinge. »He«, grinste Harlen, »wollt ihr sie haben? Ich beschaff sie euch.«
    Mike beugte sich näher hin und schnupperte. »Herrgott, Jim, hast du Whisky oder so was getrunken?«
    Harlen richtete sich auf, sah gekränkt drein, grinste aber immer noch. »Nur eine kleine Stärkung«, sagte er langsam und deutlich. »Du hast mich selber draufge-bracht, Mike, alter Kumpel, als du dir den Ripple und alles geborgt hast.«
    Mike schüttelte den Kopf. »Hast du ... das andere mitgebracht?« Harlen sah verwirrt drein. »Das andere? Welches andere? Du meinst Blumen für die Gastgeberin? Mein Päckchen Gummis ... so was? Wenn ich mich später mit Miß S. treffe?«
    Dale griff an Mike vorbei und klopfte so fest auf Mikes Schlinge und Gips, daß er das Pochen an der harten Schale hören konnte. »Das, Pißkopf.«
    Der kleinere Junge sah mit großen, unschuldigen Augen um sich. »Ach das?« Er wollte die Pistole Kaliber .38 ans Licht ziehen.
    Mike schob sie wieder zwischen Gips und Schlinge. »Du bist betrunken. Wenn du dieses Ding herumzeigst, wird dich Dr. Staffney bei Kopf und Arsch packen und von der Party rauswerfen, bevor du deine Herzallerliebste auch nur gesehen hast.«
    Harlen verbeugte sich und vollführte ein anmutiges sa-laam. »Wie Ihr meint, mon Capitain.« Er richtete sich plötzlich wieder auf und mußte die Beine spreizen, um sich aufrecht zu halten. »Nun, wollt ihr sie oder nicht?«
    »Was denn?« Mike hatte die Arme verschränkt und sah zur Straße.
    »Die Funkgeräte«, sagte Harlen verzweifelt. »Wenn ihr sie wollt, hab' ich sie bis morgen für euch. Sagt nur das Zauberwort.«
    »Zauberwort«, sagte Mike.
    Harlen bückte sich tief, machte wieder ein salaam, verschwand in der Menge und hätte um ein Haar einen Siebenjährigen umgestoßen, der sich darauf vorbereitete, einen Jart zu werfen.
    Es war schon spät, nach neun, und Mike wollte alleine nach Hause, wenn Dale und Kevin nicht mitkommen wollten, als Michelle Staffney zu ihm kam, als er gerade den letzten Bissen seines dritten Würstchens verschlang.
    »Hi, Mike.«
    Mike sagte etwas mit vollem Mund, schob das letzte Stück Brötchen hinterher und versuchte es noch einmal. Beim zweitenmal hatte er nicht mehr Erfolg.
    »Ich habe dich in letzter Zeit nicht oft gesehen«, sagte der Rotschopf. »Du weißt schon ... seit wir nicht mehr in derselben Klasse sind und so.«
    »Du meinst, seit ich sitzengeblieben bin«, brachte Mike heraus. Er hatte das meiste ohne zu würgen geschluckt, wollte aber nicht lächeln, weil er befürchtete, er könnte Krümel spucken.
    »Hm, ja«, sagte Michelle zurückhaltend. »Unsere Gespräche fehlen mir irgendwie.«
    »Klar«, sagte Mike, der nicht die geringste Ahnung hatte, von was für Gesprächen sie redete. Sie waren von der ersten bis zur vierten in derselben Klasse gewesen -Mikes Eltern hatten ihn nicht in den Kindergarten geschickt -, aber er konnte sich nicht daran erinnern, daß er in all den Jahren mehr als ein- oder zweimal mit Michelle Staffney gesprochen hatte, und diese >Gespräche< hatten sich auf ein gebrülltes >He, Michelle, wirf mal den Ball rüber, ja?< auf dem Spielplatz beschränkt. »Klar«, sagte er wieder.
    »Du weißt schon«, sagte sie, beugte sich näher zu ihm und flüsterte fast, »diese Gespräche über Religion.«
    »Oh, klar«, sagte Mike, schluckte den letzten Bissen Würstchen und wünschte sich mit aller Verzweiflung etwas zu trinken, ein Glas Wasser... irgend etwas Flüssiges. Er konnte sich erinnern, daß

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