Sommer der Nacht
Garten in der Broad Avenue waren wie immer in ein buntes Märchenland verwandelt worden, teils Jahrmarkt, teils Gebrauchtwagenhandel, teils reinstes Chaos: Bunte elektrische Lichter und Papierlampions waren von der langen Veranda zu den Bäumen gespannt worden, von dort zu Pfosten über Tischen mit Essen und Punsch, von den Pfosten zu den Bäumen hinter dem Haus und von dort wiederum zu der riesigen Scheune an der Grenze des Anwesens. Ungeachtet aller Anstrengungen einiger Erwachsener, sie im Zaum zu halten, rannten Kinder überall hin und her, hinten im Garten spielte eine jauchzende Gruppe Kinder Jarts, ein Rasenspiel mit Darts mit Spitzpfeilen, die so groß und schwer waren, daß man einem Wasserbüffel den Schädel hätte spalten können, von dem eines Kindes ganz zu schweigen. Andere Kinder hatten sich neben dem Haus versammelt, wo die Staffneys ein Dutzend Hula-Hoop-Reifen verschiedener Farben ausgegraben hatten und so - wenn auch nur für diesen Abend - die Hysterie Wiederaufleben ließen, die die Stadt und eine Nation vor zwei Jahren plötzlich überkommen hatte. Eine noch größere Gruppe ballte sich beim Grillstand zur kritischen Masse zusammen, wo Dr. Staffney und zwei männliche Helfer heiße Würstchen und Hamburger brieten und einer anscheinend endlosen Abfolge von Händen und Mündern entgegenhielten, wo auf Tischen mit rotkarierten Plastiktischdecken Chips und Dips und verfrühte Desserts standen, von denen einige der pummeligeren und hungrigeren Kinder nie weit wichen.
Auf der vorderen Veranda lief ein Plattenspieler; dort drängten sich zahlreiche Mädchen, wiegten sich auf der Verandaschaukel, ließen die Beine vom Verandageländer baumeln und kicherten sich ganz allgemein durch den Abend. Jungs spielten Fangen und jagten einander durch die Menge, wurden gelegentlich von Dr. oder Mrs. Staff-ney oder einem der Helfer zurechtgewiesen, wurden des Spiels aber häufiger überdrüssig und reduzierten es auf die Essenz, jemanden zu suchen und zu schubsen.
Das runde erste Dutzend Kinder hatte pflichtschuldig die Einladungen gezeigt, aber nachdem fünfzig bis sechzig Kinder eingetroffen waren, wurde Michelles Party zu einer Art offener Kinderparty für den gesamten Umkreis, die Geschwister von Michelles Klassenkameraden anzog, Farmkinder, mit denen sie nie ein Wort gesprochen hatte, sowie ältere Jungs der Junior High-School, die unter wehmütigem Protest der Mädchen auf der Veranda von den Erwachsenen weggescheucht wurden. Sogar C. J. Cong-den und Archie Kreck fuhren vorbei, ließen den Motor des '57er Chevy aufheulen, hielten aber nicht an. Vor zwei Jahren hatte Dr. Staffney die Highway Patrol gerufen, damit sie C. J. und seine Freunde fortschafften.
Als es dunkel wurde, kam die Party so richtig in Schwung, die Mädchen tanzten - versuchten die Jitter-bug-Schritte, die ihre älteren Geschwister oder Eltern ihnen beigebracht hatten, manche wagten Rock and Roll, einige ahmten Elvis nach, bis die Erwachsenen ihnen befahlen, damit aufzuhören -, und selbst einige der älteren Jungs hatten sich auf die Veranda gesellt, sie lachten über die Mädchen, schubsten, drängten und versuchten ganz allgemein, so oft wie möglich Fleisch des anderen Geschlechts zu berühren, ohne richtig mit den Mädchen zu tanzen.
Dale und Mike waren früh eingetroffen, hatten sich beizeiten in die Schlange für die heißen Würstchen eingereiht - Dale hatte eins gegessen, während er einen gelben Hula-Hoop-Reifen wirbeln ließ -, und jetzt wanderten sie durch den Garten und bestaunten blinzelnd Lichter und Fröhlichkeit. Beide waren sie müde. Mikes Augen sahen geschwollen und erschöpft aus.
Harlen und Kevin gesellten sich zu ihnen. Kev mußte brüllen, damit man ihn über das Johlen der Jartsspieler hinweg verstehen konnte, wo jemand gerade versehentlich ein Stück Wassermelone durchbohrt hatte. »Ich hab' grade was gesehen, das wir letzte Nacht gebraucht hätten!« rief er.
Mike und Dale beugten sich dichter zu ihm. »Was denn?« Sie hatten sich ermahnt, nicht über die Lage zu sprechen, wo andere mithören konnten, aber beim momentanen Tohuwabohu konnten sie sich ja selbst kaum hören.
»Kommt mit!« sagte Kev und winkte sie zur Seite.
Chuck Sperling und Digger Taylor führten zwei kleinen, aber in völliger Aufmerksamkeit gefesselten Gruppen kleinerer Kinder gerade Walkie-talkies vor. Die Kleinen prügelten sich förmlich um das Privileg, über zwanzig Meter Rasen und Lärm hinweg miteinander sprechen zu
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