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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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am Rücken in den Hosenbund und stopfte die Taschen mit 410er Patronen voll.
    Kev ballte die Faust. »Warum? Du hast nur ein bißchen auf Fenster und Türen gepumpt haben wollen.«
    »Der Plan wird nicht funktionieren«, sagte Mike. Er klappte die Eichhornbüchse seiner Großmutter auf, überprüfte die Patrone, klappte sie wieder zu. »Ich möchte, daß das Ding voll ist. Wenn nötig, fahren wir damit durch die Nordtür dort rein.« Er deutete über den Schulhof. Wind war aufgekommen, Blitze zerrissen den Himmel, die Ulmenwächter winkten mit meterdicken Ästen wie mit verkrüppelten Armen.
    Kevin sah Mike an. »Und wie sollen wir das anstellen? Die Eingangsveranda hat vier oder fünf Stufen. Selbst wenn das Ding breit genug für den Laster ist, würden wir nie die Stufen raufkommen.«
    Mike deutete auf Dale und Harlen. »Erinnert ihr euch an die dicken alten Bretter, die sie hinten beim Müllcontainer aufgeschichtet haben, als sie voriges Jahr die alte Veranda an der Westseite der Schule abgerissen haben?«
    Harlen nickte. »Kenne ich. Vor ein paar Wochen bin ich beinahe auf sie gefallen.«
    »Okay - legt die auf die Eingangsveranda der Schule, bevor ihr reingeht. So wie eine Rampe, irgendwie.«
    »Wie eine Rampe... irgendwie«, äffte Kevin ihn nach und betrachtete den massiven Viertonner-Tanklaster seines Vaters. Jedesmal, wenn ein Blitz am Himmel aufleuchtete - und das war inzwischen fast ununterbrochen -, spiegelte er sich auf dem riesigen Edelstahltank. »Wer will mich da verarschen?« sagte er zu niemand Bestimmtem.
    »Gehen wir«, sagte Dale. Er ging bereits den Hang hinunter zur Schule und ließ die anderen hinter sich zurück. »Gehen wir!« Vom Auto seiner Mutter war keine Spur zu sehen. In diesem Stadtteil waren sämtliche Lichter erloschen. Nur Old Central schien im selben ekelhaften Licht zu leuchten, das auch das Innere der Wolken erhellte.
    Mike schlug Harlen auf die Schulter, ebenso Kevin, dann lief er den Hang hinunter zu Dales Haus. Dale war auf der anderen Straßenseite stehengeblieben und sah zu seinem Freund zurück. Mike hörte den Ansatz eines Rufs, aber die Worte gingen im nächsten Donnergrollen unter. Es hätte >Gebt acht< sein können. Möglicherweise aber auch >Lebt wohl<. Mike winkte und ging in den Keller der Stewarts.
    Dale wartete ungeduldig dreißig Sekunden auf Jim Harlen, dann rannte er den Schotterweg entlang und rief: »Kommst du jetzt oder nicht?«
    Harlen kramte im Lasterschuppen der Grumbachers herum. »Kev hat gesagt, daß ein Seil hier sein muß ... ah, da.« Er zog zwei dicke Schlaufen Seil von Nägeln an den Brettern. »Ich wette, jedes ist gut und gerne acht Meter lang.« Er stülpte die Schlingen wie Banderolen über Schultern und Brust.
    Dale drehte sich verdrossen um. Er lief über den dunklen Spielplatz und kümmerte sich nicht darum, ob Harlen Schritt halten konnte. Lawrence war irgendwo da drinnen. Wie Duane... »Verdammt, wozu brauchst du das Seil überhaupt?« fragte Dale, als Harlen, der nach dem kurzen Lauf schon schnaufte, ihn einholte.
    »Wenn wir schon in diese verdammte Schule müssen, möchte ich gerne etwas sanfter als beim letzten Mal wieder herauskönnen.«
    Dale schüttelte den Kopf.
    Äste wurden abgerissen und fielen ringsum herunter, als Dale und Harlen unter den Ulmen durchgingen. Das kurze Gras des Spielplatzes wogte und wurde vom Wind flach gedrückt, als würden riesige, unsichtbare Hände darüber streichen.
    »Sieh mal!« flüsterte Harlen.
    Die Furchen der unterirdischen Wesen waren jetzt überall, Wülste braunen Erdbodens, die sich wanden und krümmten und kreuzten und die fünfundzwanzig Ar des Spielplatzes in ein bizarres geometrisches Muster verwandelten.
    Dale griff zum Gürtel, zog eine Spritzpistole heraus und überlegte sich noch, während er es tat, wie albern es war. Aber er hakte die Pfadfindertaschenlampe am Gürtel fest, hielt die Spritzpistole in der linken Hand und die Savage-Pump-Flinte in der rechten.
    »Hast du was von Mikes Zauberwasser?« flüsterte Har-len.
    »Weihwasser.«
    »Was auch immer.«
    »Komm mit!« flüsterte Dale. Sie stemmten sich gegen den zunehmenden Wind. Der Himmel war eine Masse brodelnder schwarzer Wolken, die von grünlichen Blitzen erhellt wurden. Donner grollte wie Artilleriefeuer.
    »Wenn es regnet, versaut das Kevins Plan.«
    Dale sagte nichts. Sie gingen an der Nordveranda vorbei, unter den vernagelten Fenstern hindurch... Dale stellte fest, daß der Wind die Bretter von dem Buntglasfenster über

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