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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Tyler war älter, als er aussah - er war britischer Offizier im Zweiten Weltkrieg gewesen und hatte eine kleine Spezialtruppe befehligt, die in Burma und anderswo hinter den japanischen Linien abgesprungen war, um Chaos und Schrecken zu verbreiten. Seit dem Krieg hatte Tylers Familie schwere Zeiten durchgemacht, aber die Erfahrung des Mannes war ausschlaggebender Faktor dafür gewesen, daß Mr. Dennis Ashley-Montague ihn als Butler und Leibwächter eingestellt hatte.
    Die breite weiße Leinwand schlug heftige Wellen, als der Wind zwischen sie und die Mauer des Parkside Cafe fuhr, Vincent Price kreischte, daß seine Schwester noch lebte, lebte, lebte! Der junge Mann packte eine Laterne und eilte zur Gruft.
    Am Himmel explodierte der erste Blitzstrahl und tauchte die ganze Stadt einen Augenblick lang in stroboskopische Klarheit; Mr. Ashley-Montague mußte mehrere Sekunden lang blinzeln, bis er wieder sehen konnte.
    Der Donnerknall war ohrenbetäubend. Die letzten Zuschauer liefen nach Hause oder fuhren los, um dem Unwetter zuvorzukommen. Nur die Limousine des Millionärs stand noch auf dem Schotterparkstreifen hinter dem Pavillon.
    Mr. Ashley-Montague ging zur Vorderseite des Pavillons und spürte die ersten kalten Regentropfen wie eisige Tränen auf den Wangen. »Tyler ... lassen Sie's gut sein! Laden wir die Ausrüstung ein und ...«
    Die Armbanduhr sah er zuerst, Tylers goldene Rolex, in der sich das Licht des nächsten Blitzes spiegelte. Sie war noch an Tylers Handgelenk. Die Hand befand sich aber nicht mehr an einem Arm, sondern lag auf dem Boden zwischen den Büschen und dem Pavillon. Ein großes Loch war ins Holzgitter am Fundament des Pavillons getreten ... oder gefressen ... worden. Aus diesem Loch drangen Geräusche.
    Mr. Ashley-Montague wich zum hinteren Geländer des Pavillons zurück. Er machte den Mund auf, um zu rufen, doch dann fiel ihm ein, daß er allein war - die Main Street war verlassen wie um drei Uhr morgens, nicht ein einziges Auto fuhr auf der Hard Road -, aber er schrie trotzdem, doch der Donner grollte jetzt fast ununterbrochen, ein Schlag ging in den nächsten über. Am Himmel tobten die von hinten erleuchteten schwarzen Wolken und der Wind des entfesselten Hexensturms.
    Mr. Ashley-Montague blickte zu seiner keine fünfzig Schritte entfernt geparkten Limousine. Über ihm peitschten Äste, einer wurde abgerissen und fiel auf eine Parkbank.
    Es will, daß ich zum Auto laufe.
    Mr. Ashley-Montague schüttelte den Kopf und blieb, wo er war. Würde er eben ein bißchen naß werden. Das Gewitter würde früher oder später aufhören. Früher oder später würden der Constable der Stadt oder der County Sheriff auf ihrer nächtlichen Runde hier vorbeikommen und nachsehen, ob der Film auch bei Regen gezeigt wurde.
    Auf der Leinwand ging eine Frau mit weißem Gesicht, blutigen Fingernägeln und einem zerfetzten Leichenhemd durch einen Geheimgang. Vincent Price schrie.
    Unter Mr. Ashley-Montague wölbte sich der Holzboden des zweiundsiebzig Jahre alten Pavillons plötzlich nach oben und splitterte mit einem Krachen, das dem des Donners hoch oben Konkurrenz machte.
    Mr. Dennis Ashley-Montague hatte gerade noch Zeit, einmal zu schreien, bevor das Neunaugenmaul und fünfzehn Zentimeter lange Zähne sich um seine Unterschenkel schlössen und ihn durch das gesplitterte Holz zogen.
    Auf der Leinwand zeigte eine lange Einstellung Schloß Usher vor Blitzschlägen, die weitaus weniger dramatisch waren als die echten Explosionen über dem Parkside Cafe.
    »Folgender Plan«, sagte Mike. Sie standen bei der Zapfsäule neben Kevins Lasterschuppen. Die Tür des Schuppens stand offen, die Pumpe war aufgeschlossen. Dale füllte Colaflaschen, aber jetzt sah er auf.
    »Dale und Harlen gehen zur Schule. Kennt ihr einen Weg hinein?«
    Dale schüttelte den Kopf.
    »Aber ich«, sagte Harlen.
    »Okay«, sagte Mike. »Fang im Keller an. Ich versuche, dort zu euch zu stoßen. Wenn ich anderswo rauskommen, rufe ich eeaw-kee. Wenn ich nicht kann, durchsucht das Gebäude auf eigene Faust.«
    »Wer hat die Funkgeräte?« fragte Harlen. Er hatte die Schlinge abgenommen, damit er beide Arme frei hatte, aber durch den leichten Gips war sein linker Arm unbeholfen.
    Mike gab Harlen sein Funkgerät. »Du und Kev. Kev, weißt du, was du zu tun hast?«
    Der magere Junge nickte, dann schüttelte er den Kopf. »Aber statt ein paar hundert Litern, wie geplant, möchtest du, daß alles abgepumpt wird?«
    Mike nickte. Er steckte Spritzpistolen

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