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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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schob die Tür beiseite und ging voraus, die Treppe hinauf zum ersten Absatz. Er hörte, wie seine Tennisschuhe bei jedem Schritt schmatzten. Die Flüssigkeit war dunkel braunrot, aber zu dick für Wasser, wahrscheinlich auch zu dick für Blut. Eher Motorenöl oder Getriebeöl. Sie roch ein wenig nach Katzenurin.
    Dale stellte sich eine riesige, dreistöckige Katze vor, die über ihnen kauerte, und mußte fast kichern. Harlen warf ihm einen warnenden Blick zu.
    »Mike wird nach oben kommen und nach uns suchen«, flüsterte er Harlen zu, und es war ihm einerlei, wer ihn hören konnte. Aber in diesem Augenblick glaubte er nicht, daß Mike noch am Leben war.
    Zwei lange Blocks weiter südlich, jenseits der dunklen und verlassenen Main Street, war der Bandstand Park verlassen, abgesehen von der Limousine, die auf dem Schotterstreifen an der Westseite parkte. Der Projektor lief noch, weil er an die Stromversorgung der Freiwilligen Feuerwehr angeschlossen war. Der Pavillon war still, das große Loch im Boden nur aus einem bestimmten Blickwinkel zu sehen. Ein großer Ast war auf die Lautsprecher gefallen, hatte sie beide zertrümmert und den Film zum Stummfilm gemacht.
    Die Leinwand war teilweise aus ihren Ösen an der Seitenmauer des Parkside Cafe gerissen worden, das viereinhalb mal sechs Meter große Stück Stoff flatterte und knatterte gegen die Mauer wie ein Schnellfeuergewehr. Auf der Leinwand kämpften ein Mann und eine Frau in einem Kerker, wie es aussah. Die Kamera schnitt in ein Zimmer über ihnen, wo ein umgestürzter Kandelaber einen roten Samtvorhang entzündete. Das Feuer breitete sich aus und stieg zur Decke.
    Eine Frau machte den Mund auf und schrie, aber es war kein Laut zu hören, abgesehen vom Knattern der Leinwand und dem Rollen des Donners.
    Ein langer Pritschenwagen fuhr durch die Hard Road, böige Windstöße rüttelten an den Metallklappen seitlich, die Scheibenwischer bewegten sich, obwohl es noch nicht regnete. Der Laster wurde nicht langsamer, als er durch die GESCHWINDIGKEITSBESCHRÄNKUNG 25 MEILEN, RADARKONTROLLEN-Zone fuhr.
    Blitze im Süden offenbarten eine solide schwarze Wand, die sich mit der Schnelligkeit eines galoppierenden Pferdes Elm Haven näherte, aber es war niemand da, der sie sehen konnte.
    Auf der flatternden Leinwand und der weißen Wand des Cafes schienen die Flammen dreidimensional zu sein, als sie das Haus Usher verschlangen.
    Kevin sprang auf den hohen Kotflügel des Tankers, packte das Walkie-talkie und drückte fünfmal den Sendeknopf. Er hörte kein Klicken als Antwort.
    »He, Dale ... he, etwas kommt hierher! «brüllte er in das Funkgerät. Aus dem Lautsprecher drang nur Statik und ein lautes Knistern bei jedem Blitzschlag.
    Es kam wahrhaftig etwas. Das zweifache Kielwasser frischer Erde, das über den Schulhof pflügte, verschwand unter dem Asphalt der Depot Street.
    Wie Haie, dachte Kevin. Er hatte den Colt Government Modell .45 seines Vaters in beiden Händen und ließ eine Patrone in die Kammer gleiten und hielt den Griff der Halbautomatik in der linken Hand, Finger am Abzug, während er den Schieber zurückschob. Die erste Runde war drinnen, die Automatik >rastete und paßte<, wie sein Vater immer sagte, und Kevin legte den Daumen auf den Hahn, während er daraufwartete, daß die Neunaugenwesen auf dieser Straßenseite auftauchten.
    Eine Minute oder länger passierte gar nichts. Kein Laut-zumindest keiner, den man über das Toben des Sturmes und das anhaltende Gurgeln der Zentrifugalpumpe hinweg hätte hören können. Kevin hielt die Automatik mit beiden Händen und ließ den Hahn langsam sinken, bevor er sich selbst den Fuß abschoß. Er betrachtete Pumpe und Schlauch, stellte fest, daß das Benzin immer noch ordnungsgemäß strömte, und beschloß, lieber auf dem Laster zu bleiben als hinunterzuspringen.
    Einer der Neunaugenwürmer kam sechs Schritte rechts vom Laster an die Oberfläche, der andere schleuderte Kies in die Luft, als er aus der Einfahrt auftauchte. Die Leiber waren lang und in Segmente unterteilt. Kevin sah die mahlenden Kiefer, als der erste vorbeischoß, sah die zitternden Tentakel und den von Zähnen gesäumten Mund.
    Er hob die Pistole, als das Ding zur Oberfläche kam und wieder untertauchte, aber er schoß nicht. Mein Gott! Seine Arme zitterten.
    Derjenige in der Einfahrt tauchte nach rechts, als er sich wieder eingrub, schleuderte noch mehr Kies hoch und tauchte unter dem Schlauch durch, bis der letzte Rest Schwarz verschwunden war. Und wenn

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