Sommer des Schweigens: Ich war in der Gewalt dreier Männer. Und ein ganzes Dorf sah zu (German Edition)
Ende. Dann wäre ich wirklich verloren.
Ach, wenn ich doch nur einen Bruder, einen Cousin, einen Mann in der Verwandtschaft hätte, den ich um Hilfe bitten könnte, der mich wirklich beschützen könnte. Aber da gibt es niemanden. Ich muss allein klarkommen. Und daher bin ich hier und warte vor der Schule auf sie.
Domenico Iannello hat mich nach meiner Handynummer gefragt, und ich habe sie ihm gegeben. Ich konnte nicht nein sagen. Beim ersten Mal bin ich auch allein mit ihm gegangen. Er ist mit mir aus dem Dorf rausgefahren, mit seinem grünen Golf, dem neuesten Modell.
Das letzte Mal ist zwei Monate her, es war im Sommer. Wie üblich ist Domenico Iannello vor unserem Haus vorbeigefahren, um mir zu sagen, dass sie mit mir reden müssten. Ich bin eingestiegen. Iannello war nicht allein, Cutrupi saß am Steuer. Sie haben mich zu Iannellos Land bei San Martino in der Nähe vom Sportplatz gebracht und mich dort in die Hütte geschleppt.
Ich hatte meine Tage. Also habe ich nein gesagt. Aber sie haben getan, was sie wollten. Einer nach dem anderen, die anderen standen in der Zwischenzeit im Kreis um uns herum und masturbierten.
Viele Dinge wusste ich noch nicht. Ich habe niemals Fragen gestellt. Aber ich habe es auch so herausgefunden.
Beim letzten Treffen war Cucinotta nicht mit dabei. Zum ersten Mal. Aber ich habe nicht gefragt, warum er nicht da war. Ich bin nach Hause gegangen.
Ich hoffe bloß, dass sie mich nicht so bald wieder anrufen. Ich hoffe bloß, dass es beim nächsten Mal schneller geht, dass es länger dauert bis zum nächsten Mal.
Sie sagen immer wieder zu mir: »Wir sind deine Freunde. Und wenn du etwas brauchst, egal was, dann helfen wir dir schon. Es ist doch schön, dass wir befreundet sind, das ist unser kleines Geheimnis.«
Ja, es stimmt, sie sind meine einzigen Freunde. Die einzigen, die mir geblieben sind. Die einzigen, die ich seit zweieinhalb Jahren sehe, die einzigen, mit denen ich mich treffe.
Und vielleicht haben sie mich ja wirklich gern. Sie behaupten das zumindest. Ich weiß es nicht. Ich klammere mich an sie. Sie sind die einzigen Gesichter, die ich tagsüber sehe. Die einzigen, die in der Nacht in meinen Albträumen wiederkehren.
Ich empfinde meine Seele wie ein Labyrinth von Straßen. Ich weiß nicht, welche ich wählen soll, und deshalb nehme ich die, die direkt vor meiner Nase liegt, auch wenn dieser Weg mir noch mehr Angst macht.
Das Dorf
Sie haben ihren Hund getötet. Sie haben Sissi umgebracht, den Schäferhund, den Anna als Welpen bekommen hatte.
Heute Nacht ist es passiert. Sie haben den Zaun mit einer Blechschere durchgeschnitten und den Hund aus der Hütte gezerrt. Sie müssen mindestens zu zweit gewesen sein. Einer hat ihm das Maul mit einer Schnur zugebunden, damit er nicht bellt.
Anna war wach. Sie hat Geräusche gehört. Aber sie hatte keine Ahnung, was es war. Sie hat sich im Bett zusammengekauert und darauf gewartet, dass wieder Stille einkehrte. Sie hatte keine Ahnung.
Sie haben Sissi aufs freie Feld gebracht und dort auf sie eingeschlagen. Erst haben sie auf sie eingetreten, dann haben sie eine Stange benutzt. Die haben Sissi zu Tode geprügelt.
Dann haben sie sie dort verbluten lassen, mit zugebundenem Maul und zerschlagenen Knochen, zerfetzten Ohren und mit blut- und dreckverschmiertem Fell.
Sie haben Sissi umgebracht, den Hund von Anna Maria.
Verschwunden
C ucinotta ist verschwunden. Er kommt nicht mehr zu unseren Treffen außerhalb des Dorfes. Ich sehe ihn auch nicht mehr auf den Straßen. Er ist komplett von der Bildfläche verschwunden. Ich versuche, von Domenico eine Erklärung zu erhalten, aber er antwortet mir, das ginge mich nichts an, und beginnt sofort, mich aufzuziehen. Daher frage ich nicht mehr weiter. Ihren Gesprächen entnehme ich, dass sie gestritten haben, sie erzählen was von einem gestohlenen Autoradio. Ich verstehe nicht genau, was passiert ist. Ich versuche, alles zusammenzufügen, was sie sich im Auto erzählen, während wir rausfahren.
Die Geschichte vom Autoradio und dem Diebstahl überzeugt mich nicht. Eines Tages höre ich den Satz: »Also, Mimmo wollte diese kleine Hure wirklich für sich allein haben?«
»Dieser Schlappschwanz hat kalte Füße bekommen, er hat einen Rückzieher gemacht. Unter dem Vorwand, er wollte damit nichts mehr zu tun haben.«
»Hauptsache, er hält den Mund und macht uns nicht alles kaputt.«
»Der hält schon dicht, keine Bange. Der steckt bis zum Hals mit drin. Er hat sie schließlich das erste
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