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Sommer des Schweigens: Ich war in der Gewalt dreier Männer. Und ein ganzes Dorf sah zu (German Edition)

Sommer des Schweigens: Ich war in der Gewalt dreier Männer. Und ein ganzes Dorf sah zu (German Edition)

Titel: Sommer des Schweigens: Ich war in der Gewalt dreier Männer. Und ein ganzes Dorf sah zu (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maria Scarfò
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plaudert mit meiner Mutter. Er kennt meinen Vater sehr gut.
    Einmal versucht er, mir Geld zu geben. Vielleicht fühlt er sich schuldig. Aber ich nehme das Geld nicht. Ich gehorche. Ich rede nicht.
    La Torre, Trinci, das Haus im Umland … bis jetzt habe ich zugelassen, dass der Torero tanzt, zustößt und mit seiner Männlichkeit prahlt.
    Ich habe mich nicht gewehrt. Aber wohin führt mich mein Weg? Wohin bringen sie mich? Wann kommt der Todesstoß? Doch der kommt nie. Und die Wunden schmerzen.
    Das ist jetzt nicht mehr nur eine Sache zwischen uns. Jetzt weiß es das ganze Dorf. Vielleicht auch mein Vater. Oder nein, mein Vater nicht.
    Mein Körper gehört mir nicht mehr. Er gehört denen, daher leide ich nicht mehr. Daher wehre ich mich nicht mehr. Ich ziehe mich in den Bauch des Stiers zurück. Aber der Schmerz kommt auch hierhin.
    Ich war ein Objekt, das man benutzt. Eine Schuld. Eine Abmachung.
    Und jetzt?
    Ich habe Angst. Angst davor, das weiter auszuhalten.
    Das Dorf
    »Man sollte ihr das auf den Kopf schmeißen, dieser Hure … dieser Schlampe.«
    Ein Blumentopf mit Geranien wackelt bedenklich auf einem Balkon. Anna schaut nach oben. Das Licht blendet sie, und der Schrei trifft sie.

Abdriften
    I nzwischen bin ich sechzehn. Ich habe eine neue Arbeit gefunden. Nicht mehr als Friseurin. Ich habe gerne im Salon gearbeitet und Tönungen und Frisuren gemacht, aber wegen meinem Asthma ging das nicht mehr. Ich habe in Taurianova eine andere Stelle gefunden, dieses Mal in einer Rosticceria.
    Ich bin unzufrieden mit mir. Oder mit meinem Leben. Die sind immer da.
    Domenico Iannello hat mir zweimal gesagt, dass er mich in seinem Lastwagen mitnehmen will, wenn er seine Touren fährt. Bis jetzt hat er es nicht getan. Auf seinem Laster fahre ich nicht mit. Und ich hoffe, dass er es nicht tun wird, denn dann müsste er es meinem Vater sagen. Ich kann nicht tagelang von zu Hause verschwinden.
    Michele hat mir jedoch einmal gesagt, dass er nicht wie die anderen sei, dass er mich gern hätte und mich heiraten wollte. Oh, Michele, wie habe ich mich an deine Worte geklammert. An seine mehr als an die der anderen. Aber auch das waren Lügen.
    Michele wird in ein paar Tagen heiraten, und zwar seine Verlobte.
    * * *
    Michele Iannello hat vor einiger Zeit mit einem Holzscheit nach mir geworfen. Er hat mich am Fuß verletzt. Ich musste fast einen ganzen Monat lang einen Verband tragen. Meiner Mutter habe ich gesagt, dass ich vom Fahrrad gefallen sei. Mein Vater hat es zum Glück gar nicht bemerkt.
    Warum hat er mir den Holzscheit auf den Fuß geworfen?
    Weil ich es eines Tages nicht mehr aushielt und ihn angeschrien habe: »Es reicht. Nein. Ich will das nicht. Warum gehst du nicht zu deiner Freundin?« Da hat er den Holzscheit vom Boden aufgehoben und nach mir geworfen.
    Das war nicht das erste Mal, dass er mich schlägt. Wenn meine Tage zu spät kommen und sie das mitkriegen, dann treten sie auf mich ein. Immer in den Bauch.
    »Du darfst keine Kinder kriegen, sonst sind wir alle geliefert. Hast du das begriffen?« Als ob ich darüber entscheiden könnte, ob ich ein Kind bekomme oder nicht. Das machen alles die.
    Nach Trincis Haus sind wir noch an vielen anderen Orten gewesen. Immer draußen vor dem Dorf. Sie haben mich zu einem abgelegenen Haus gebracht, mit einem betonierten Hof und einem Spülstein draußen. Drinnen gab es einen großen Raum mit einem Herd und kleinen braunen Möbeln und noch ein Zimmer mit einem Ehebett.
    Am Abend des Sankt-Martin-Festes haben Michele und Domenico Iannello und Domenico Cutrupi mich zu einem Haus an der Straße nach Varapodio gebracht. Auf dem Vorplatz dort waren eine kleine Madonnenstatue und ein Brunnen. Sie haben mich auf das Mäuerchen des Brunnens gesetzt und getan, was sie tun mussten. Domenico Iannello hat mir gesagt, wenn seine Frau oder sonst jemand aus dem Dorf mich nach unseren Treffen fragte, müsste ich alles abstreiten, sonst würde er mich umbringen. Dann hat er mich herumgedreht, er hat mich an den Haaren gepackt und meinen Kopf unter Wasser gedrückt. Ich bin im Wasser liegen geblieben, ohne mich zu wehren, doch leider hat er mich dann wieder rausgezogen.
    Es muss etwas passiert sein. Oder wird noch passieren. Ich verstehe es nicht genau. Aber sie sind brutaler geworden. Wir treffen uns einmal die Woche, nicht öfter. Aber immer kommen neue Leute dazu. Jetzt ist es nicht mehr geheim.
    Einmal haben sie mir den Lauf einer Pistole in den Mund gesteckt.
    Sie sind immer bewaffnet. Hatte

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