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Sommer, Sonne, Ferienglück

Sommer, Sonne, Ferienglück

Titel: Sommer, Sonne, Ferienglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heim
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und Kugelschreiber und stopfte beides in ihre Strohtasche. Daß dabei ein Stück Papier zwischen den Blättern herausrutschte und zu Boden segelte, bemerkte sie gar nicht. Wie denn auch? Irmas ganzes Denken, ihr Herz hatte sich auf ein einziges Problem verengt. Und das war kantig, schwarz, rissig wie ein Stück Kohle.
    In ihrem Zimmer würde sie wieder die Fensterläden zuziehen, damit alles dunkel wurde.
    Und denken würde sie … Immer im Kreis.
    ***
    Was deutsche Urlauber von einem deutsch geführten Hotel erwarten, ist peinlichste Ordnung und Sauberkeit …
    Soviel war Theo Schmidle klar. Und zwischen den Rosen leuchtete ja auch kein Abfall, sondern ein Blatt liniertes Papier, bis zur Hälfte mit einer gestochenen, wenn auch ziemlich kindlichen Handschrift ausgefüllt.
    Theo hob es auf.
    Fremde Briefe soll man nicht lesen, aber man ist ja schließlich auch nur ein Mensch. Außerdem schien dies ein abgebrochener Brief oder ein Briefentwurf zu sein. Die Unterschrift fehlte auch.
    Theo wollte sich setzen. Schon der erste Satz trieb ihn wieder hoch.
    Was stand da?
    »Gardasee«, stand da. Nicht mal der Hotelname.
    Und dann …
    »Es ist vorbei!« Das als Anfang. »Glaub mir, ich habe es mir hundert-, ja tausendmal überlegt, aber es gibt keine andere Lösung, als Schluß zu machen. Gott wird mir verzeihen, obwohl von dem Vertrauen, das ich einst in ihn und in die Menschen gehabt habe, kaum noch ein Fetzchen übriggeblieben ist. Dafür hast Du gesorgt. Wie soll ich so weiterleben?

Ich schreib Dir diesen Brief nur, damit Du weißt, daß Deine Rechnung dieses Mal nicht aufgegangen ist. Mit den zweitausend Mark, die Du mir gegeben hast, deinem Judas –, bin ich nicht zurück nach Radwitz gefahren, sondern hierher an den Gardasee. Und hier werde ich auch allem ein Ende machen …«
    Was wird sie?! – Herrgott!
    Eine Selbstmörderin, oder genauer gesagt, eine potentielle Selbstmörderin, ein depressives, vom Leben gebeuteltes und offensichtlich von irgendeinem Scheißtyp betrogenes und verratenes Geschöpf muß diese Sätze geschrieben haben. Und jetzt? Zwei Stunden, ehe der Omnibus vorfahren würde, um die Gäste hinauf zum Mirtillo-Hof, zu seiner ganz persönlichen Eröffnungs-Gala zu bringen …
    Es gibt keine Widrigkeit im Leben, die Theo Schmidle nicht mit Mut und Entschlossenheit angehen würde. Doch auch seine Kraft hatte ihre Grenzen.
    Was nun? Ich weiß ja noch nicht einmal, um wen es sich da handelt. Und wenn die Schrift auch kindlich wirkt, was heißt das schon? Frauen führen sich manchmal bis ins hohe Alter hinein auf wie die Kinder … Und wer das Leben einfach wegschmeißen will, weil er mal betrogen wird, ist sowieso …
    Theo rannte.
    Daß die Selbstmörderin am Swimmingpool saß – kaum vorstellbar. Aber wer ist sie? Du kannst doch nicht durch die Zimmer laufen und fragen: »Entschuldigen Sie, haben Sie vielleicht die Reise gebucht, weil der Selbstmord am Gardasee so schön sein soll?«
    Theo spürte die Hitze. An den Ohren, auf den Wangen, der Stirn. Ein Fachmann mußte her. Und wer war ein Fachmann? Ein Psychologe, ein Psychiater, ein Arzt zumindest!
    Arzt? Moment mal … Den haben wir doch? Aber was kannst du dem Dr. Schürmann schon erklären? Der hält dich doch glatt für verrückt, wenn du nicht mal den Namen weißt.
    Kies knirschte. Vögel flatterten in den Zweigen. Am Swimmingpool – Geschrei. Keine Gäste – Evi und Uwe, Karl Plascheks grauenhafte Brut, plantschten dort herum.
    Und weiter lief Theo, die Hand in der Brusttasche, die Finger in Kontakt mit dem verhängnisvollen Blatt Papier, auf dem die Ankündigung eines baldigen Freitods festgehalten war.
    Moment mal! Einen Anhaltspunkt hast du doch! War da nicht so ein komischer Ortsname?
    Hinter einer der Bananenstauden ging Theo in Deckung und las. – Hier, richtig: RADWITZ.
    Schon der Name. So was gibt's doch nur drüben im neuen Deutschland. Darauf kommt man im Westen doch gar nicht. Klingt preußisch oder thüringisch. Meinethalben auch sächsisch!
    ***
    »Hast du jemand aus Radwitz, Christa?«
    »Hab' ich was?«
    »Erklär' ich dir noch. Jetzt haben wir für langes Reden keine Zeit.«
    Wie wahr. Ein Blick auf die Uhr bewies es ihm. Theo überkam das unangenehme Gefühl, in eine gewaltige Maschine gezogen zu werden, deren Räder sich schneller und schneller drehten.
    »Hier muß es jemand geben, der von dort stammt. Frag' mich nicht, woher ich's weiß. Nur eines ist wichtig, daß wir rasch rauskriegen, wer das

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