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Sommer, Sonne, Ferienglück

Sommer, Sonne, Ferienglück

Titel: Sommer, Sonne, Ferienglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heim
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ist.«
    Sie runzelte die Nase. Und wenn sie die Nase runzelte, hatte sie immer die Augen schmal. Und diesen Blick.
    »Radwitz … Radwitz … Das ist Osten. Ja, ein Mädchen. Hatte sich erst letzten Donnerstag angemeldet. Moment mal … Hier: Irma Kröppe. Stimmt. Radwitz. Aber die Anmeldung kam aus München.«
    »Hast du sie schon gesehen?«
    Christa schüttelte nur den Kopf. »Die scheint ständig in ihrem Zimmer zu hocken.«
    Oder im Pavillon, dachte Theo und nahm den Weg durch den Speisesaal, um schneller die ›Orangerie‹ zu erreichen.
    ***
    »Was da zu machen ist, Herr Schmidle?«
    Der Dr. Hans-Dieter Schürmann zog die Lippen ein und massierte mit den Fingerkuppen der linken Hand die linke Wange, um die Qualität der Rasur zu prüfen.
    Er sah nicht nur blendend aus, wie er so vor seinem Badezimmerspiegel stand, er duftete dazu noch äußerst angenehm und schien in keiner Weise bereit, sich durch die Aussicht auf einen möglichen Selbstmord um einen angenehmen Abend bringen zu lassen. »Gar nichts ist da zu machen. Und warum auch?«
    »Warum auch?«
    »Tja, ich bin zwar nur praktischer Arzt, aber soviel Erfahrung habe ich nun doch, um zu sagen, daß ich keinerlei Handlungsbedarf sehe. Im Moment wenigstens nicht.«
    »Aber wenn …«
    »Was dann? – Herr Schmidle: Betrachten wir mal den schlimmsten Fall. Nehmen wir an, es handle sich bei dem Zustand der Dame um eine echte Depression. In solchen Fällen sind Selbstmordankündigungen ernstzunehmen. Aber auch dann, das gehört nun mal zu den Spielchen der Suizidkandidaten, auch dann beschäftigt man sich in Gedanken ja nicht nur mit dem ›warum‹, sondern auch mit dem ›wie‹.«
    »Sie meinen die Methode?«
    »Richtig. Strick, Wasser, Kugel, Eisenbahnschiene, Brücke, Abgrund, Tabletten …«
    »Aber wenn sie sich schon entschieden hat?«
    »Dann ändert das auch nicht viel, Herr Schmidle.« Schürmanns Fingerspitzen nahmen sich jetzt die rechte Wange vor. »Versetzen Sie sich doch einfach mal in ihre Lage.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Doch. Das kann jeder. Selbst Sie. – Na, wie stellen Sie sich das denn vor? Meinen Sie, die kommt einfach hierher, in ein fremdes Land, ein fremdes Hotel, unter wildfremde Menschen, guckt sich einmal um und bringt sich dann – ratschbumm – sofort um?«
    »Wer bringt sich um?«
    Lachsrote, wallende Seide, goldene Borden, ein Goldband um die unzähligen kleinen Löckchen geschlungen – Hedwig Pauli stand im Türrahmen. So majestätisch war ihr Anblick, daß es Theo die Sprache verschlug.
    Den Doktor konnte sie nicht beeindrucken.
    »Nichts, nichts, Frau Pauli. Herr Schmidle hat Sorgen um einen Gast. Aber das wahre Problem brauchen wir gar nicht zu suchen. Das haben wir hier!«
    Die Handfläche klappte auf, als hätte sie etwas zu offerieren, und deutete auf Hedwig Pauli.
    »Fangen Sie schon wieder an?« Ihr Stock knallte auf die Fliesen. »Ständig hat er's mit mir, Herr Schmidle.«
    »Lassen Sie sich von ihr bloß nicht einwickeln. Das versucht sie nämlich die ganze Zeit. Wissen Sie, wobei ich sie vorhin erwischt habe?« Er senkte die Stimme: »Ein Glas voll ›Corpus Christi‹ hatte sie auf dem Tisch. Kein Gläschen, sondern richtige satte zwei Deziliter. Na, was sagen Sie dazu?«
    »Corpus Christi?«
    »Wein, Herr Schmidle, Weinverschnitt. Öliges, zuckerhaltiges Zeug. Eine Zuckerbombe. Meßwein will sie, nichts anderes als Meßwein.«
    »Den hab' ich immer hier getrunken, und er bekam mir gut.«
    »Ja«, sagte der Doktor erbarmungslos. »Vor fünfzig oder sechzig Jahren. Das waren vielleicht noch Zeiten! Da hatten wir ja auch noch keinen Zucker.«
    »Ich halte solche Bemerkungen für wenig taktvoll.«
    Das fand Theo Schmidle nun allerdings auch.
    »Taktvoll vielleicht nicht, aber hilfreich … Warum haben Sie mich mitgenommen? Weil Sie eine ärztliche Begleitperson für diese Reise notwendig hielten. Stimmt's oder wollen Sie mich korrigieren?«
    Hedwig Pauli wollte nicht korrigieren. Sie guckte nur aus veilchenblauen, weit aufgerissenen, anklagenden Augen.
    »Und was tue ich hier?« trumpfte Schürmann auf: »Meine Pflicht.«
    »Sie flirten mit dem ersten Weib, das Ihnen in die Quere kommt. Das ist die Wahrheit. Diese Höllekamp, – nein, Rottenkamp – kennen Sie die Frau Rottenkamp, Herr Schmidle?«
    »Noch nicht. Von den Papieren. Ich glaube, meine Tochter … Aber falls Sie wünschen …«
    »Sie will ja nur ablenken, Herr Schmidle. Merken Sie denn das nicht? Lassen Sie sich bloß nicht aus dem

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