Sommer, Sonne und dein Lächeln: Sommerträume (German Edition)
halb elf“, korrigierte sie. „Außerdem essen die Leute Würstchen zum Frühstück. Wo liegt da der Unterschied?“
Er war sicher, dass es einen gab, war jedoch nicht zu einer Diskussion aufgelegt. „Gehen Sie schon vor. Ich möchte eine Zeitung kaufen.“
„Fein.“ Blanche überlegte es sich, kletterte noch einmal in den Wagen und griff nach ihrer Kamera. „Wir treffen uns wieder hier in zehn Minuten.“
Blanches Absichten waren gut, aber sie brauchte fast zwanzig Minuten. Schon als sie sich der Snackbar näherte, entzündete die Warteschlange vor dem Fast Food ihre Vorstellungskraft.
Etwa zehn Personen hatten sich angestellt, bekleidet mit weiten Bermudas, zerknitterten Sommerkleidern und langen Baumwollhosen. Ein kurvenreicher Teenager hatte eine knallenge Ledershorts an, die wie aufgemalt wirkte. Eine Frau, die sechste in der Schlange, fächelte sich mit einem breitkrempigen Hut mit flatterndem Hutband Luft zu.
Sie alle waren irgendwohin unterwegs, im Augenblick hatten sie alle dasselbe Ziel: essen. Und keiner kümmerte sich um den anderen. Jeder war für sich allein. Blanche konnte nicht widerstehen. Sie ging die Warteschlange rauf und auf der einen Seite runter, bis sie ihren Blickwinkel gefunden hatte.
Sie schoss die Leute von hinten, so dass die Schlange verlängert und losgelöst wirkte und das Schild der Snackbar viel versprechend über ihr hing. Der Mann hinter der Essenausgabe war nicht mehr als ein vager Schatten, der da sein konnte oder auch nicht. Sie hatte schon mehr als die vereinbarten zehn Minuten aufgebraucht, ehe sie sich selbst anstellte.
Sidney lehnte am Campingbus und las Zeitung, als sie zurückkam. Er hatte schon drei wohl überlegte Aufnahmen des Parkplatzes gemacht, wobei er sich auf eine Reihe von Wagen mit Kennzeichen aus fünf verschiedenen Staaten konzentriert hatte. Als er hochblickte, hatte Blanche ihre Kamera über die Schulter gehängt, einen Riesen-Schokoshake in der einen, eine Riesenportion Pommes frites in Ketchup gebadet in der anderen Hand.
„Tut mir Leid.“ Sie fischte im Gehen Fritten aus dem Karton. „Ich habe ein paar gute Aufnahmen von der Schlange vor der Snackbar bekommen. Die Hälfte des Sommers besteht aus Hetzen und Warten, nicht wahr?“
„Können Sie mit dem ganzen Zeug steuern?“
„Sicher.“ Sie schwang sich auf den Fahrersitz. „Ich bin daran gewöhnt.“ Sie balancierte den Shake zwischen ihren Schenkeln, stellte die Fritten genau davor und streckte die Hand nach den Schlüsseln aus.
Sidney blickte auf das Frühstück hinunter, das zwischen glatten, sehr braunen Beinen eingeklemmt war. „Wollen Sie noch immer teilen?“
Blanche verdrehte den Kopf, um nach hinten zu sehen, während sie rückwärts fuhr. „Nein.“ Sie kurbelte am Lenkrad und steuerte die Ausfahrt an. „Sie hatten Ihre Chance.“ Während sie mit einer Hand geschickt steuerte, fischte sie mit der anderen nach den Pommes frites.
„Wenn Sie solches Zeug essen, sollten Sie Akne bis zum Bauchnabel hinunter haben.“
„Märchen“, verkündete sie und zischte an einem langsameren Pkw vorbei. Nach einer kurzen Suche kam ein altes Lied von Simon und Garfunkel aus dem Radio. „Das ist Musik“, erklärte sie ihm. „Ich mag Songs, die in mir ein Bild erzeugen. Countrymusic dreht sich doch nur um Schmerzen und Betrug und Saufen.“
„Und Leben.“
Blanche griff nach ihrem Shake und sog am Strohhalm. „Vielleicht. Ich schätze, zu viel Realität ermüdet mich. Ihre Arbeit dagegen hängt davon ab.“
Sie zog die Augenbrauen zusammen und entspannte sich dann bewusst. In gewisser Weise hatte er Recht. „Meine Arbeit bietet freie Wahl. Warum haben Sie diesen Auftrag angenommen, Sidney?“ fragte sie plötzlich. „Sommer in Amerika illustriert Vergnügen. Das ist nicht Ihr Stil.“
„Es bedeutet auch Schweiß, Ernte, die von zu viel Sonne verdorrt, und überstrapazierte Nerven.“ Er steckte sich wieder eine Zigarette an. „Schon mehr mein Stil?“
„Das haben Sie gesagt, nicht ich.“ Sie ließ die Schokolade in ihrem Mund kreisen. „Wenn Sie so viel rauchen, werden Sie sterben.“
„Früher oder später.“ Sidney schlug wieder die Zeitung auf und beendete die Unterhaltung.
Wer zum Teufel ist er? fragte Blanche sich, während sie dieGeschwindigkeit bei sechzig Meilen in der Stunde einpendelte. Welche Faktoren in seinem Leben hatten sowohl den Zyniker als auch das Genie in ihm entwickelt? Er hatte Sinn für Humor – sie hatte es ein- oder zweimal bemerkt.
Weitere Kostenlose Bücher