Sommer, Sonne und dein Lächeln: Sommerträume (German Edition)
„Sie ist voll dabei.“
„Sie haben hoffentlich nichts dagegen, dass ich sie fotografiere.“
„Nein.“ Die Frau lächelte erneut. „Wohnen Sie in der Stadt?“
Das war eine höfliche Art herauszufinden, wer sie war. Blanche zweifelte nicht daran, dass die Frau jeden im Umkreis von zehn Meilen kannte. „Nein, ich bin auf Reisen. Ich bin freischaffende Fotografin, im Auftrag von LIFE-STYLE unterwegs. Vielleicht haben Sie schon von dem Magazin gehört.“
„Sicher.“ Der Mann deutete mit einem Kopfnicken auf seine Frau, während er den Blick auf das Spiel gerichtet hielt. „Sie kauft es jeden Monat.“
Blanche holte eine Veröffentlichungsgenehmigung aus ihrer Tasche und erklärte ihr Interesse daran, Careys Foto zu benützen. Obwohl sie sich kurz hielt und leise sprach, verbreitete sich die Nachricht auf der Tribüne. Blanche musste Fragen beantworten und mit der Neugierde fertig werden. Um alles auf die einfachste Weise zu lösen, kletterte sie von der Tribüne, wechselte zu einem Weitwinkelobjektiv und machte ein Gruppenbild. Keine schlechte Studie, fand sie, aber sie wollte nicht die nächste Stunde damit verbringen, dass Leute für sie posierten. Um den Baseballfans Gelegenheit zu geben, ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Spiel zu lenken, wanderte sie zu dem Imbissstand.
„Glück gehabt?“
Sie drehte den Kopf und sah Sidney, der sich zu ihr gesellte. „Ja. Und du?“
Er nickte und lehnte sich gegen die Theke des Standes. Es gab keine Erleichterung von der Hitze, obwohl die Sonne sich senkte. Die Nacht versprach, genauso schwül zu werden wie der Tag. Sidney bestellte zwei große Drinks und zwei Hotdogs.
„Weißt du, was ich jetzt möchte?“ fragte sie und begann, ihren Hot Dog unter Relish zu begraben.
„Eine Schaufel?“
Sie ignorierte ihn und häufte Senf obenauf. „Ein langes kühles Bad in einem gewaltigen Pool und danach eine eisgekühlte Margarita.“
„Erst einmal musst du dich mit dem Fahrersitz des Campingbusses zufrieden geben. Du bist dran.“
Sie zuckte die Schultern. Ein Job war ein Job. „Hast du vorhin dieses Mädchen gesehen?“ Sie gingen über die unebene Wiese zu dem Bus.
„Das Kind, das wie ein Geschoss gerannt ist?“
„Ja. Ich saß neben den Eltern auf der Tribüne. Sie haben vier Kinder.“
„Und?“
„Vier Kinder“, wiederholte sie. „Und ich würde schwören, die Frau war nicht älter als dreißig. Wie machen die Leute das?“
„Frag mich das später, und ich zeige es dir.“
Lachend rammte sie ihm den Ellbogen in die Seite. „Das habe ich nicht gemeint – obwohl mir die Idee gefällt. Was ich meine, da ist dieses Paar – jung, attraktiv. Man merkte, dass sie einander sogar mögen.“
„Erstaunlich.“
„Sei nicht zynisch“, befahl sie, als sie die Tür des Campingbusses öffnete. „Eine Menge Paare mögen einander nicht, besonders mit vier Kindern, einer Hypothek und zehn oder zwölf Ehejahren auf dem Buckel.“
„Und wer ist jetzt zynisch?“
Sie setzte zum Sprechen an und runzelte stattdessen die Stirn. „Ich bin es wahrscheinlich“, überlegte sie und startete den Motor. „Vielleicht habe ich mir eine Welt ausgesucht, die meinen Blickwinkel verzerrt hat, aber wenn ich ein glücklich verheiratetes Paar mit etlichen vorweisbaren Erfolgen sehe, bin ich beeindruckt.“
„Es ist auch beeindruckend.“ Sorgfältig verstaute er seine Kameratasche unter dem Armaturenbrett. „Und nun fahr los!“
9. KAPITEL
S ie nahmen eine Scheibe von Tennessee mit – Nashville, Chattanooga –, fingen die östliche Ecke von Arkansas ein – Berge und Legenden – und fuhren durch Twains Missouri nach Kentucky hinauf. Dort fanden sie Tabakblätter, Berglorbeer, Fort Knox und die Mammoth Cave, doch wenn Blanche an Kentucky dachte, dachte sie an Pferde. Kentucky, das waren schlanke, schimmernde Vollblüter, die auf saftigem Gras weideten. Sie dachte an langbeinige Fohlen, die über weite Wiesen liefen, und kraftvolle Rennpferde auf der Strecke von Churchill Downs.
Als sie den Staat Richtung Louisville durchquerten, sah sie viel mehr. Saubere Vorstadthäuser umgaben die größeren und die kleineren Städte, wie sie das in jedem Staat des ganzen Landes taten. Farmen erstreckten sich über viele Morgen – Tabak, Pferde, Getreide. Großstädte ragten auf mit ihren geschäftigen Bürogebäuden und ihren viel befahrenen Straßen. So viel glich dem Westen und dem Süden, und doch war so viel ganz anders.
„Daniel Boone und die Cherokees“, murmelte
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