Sommer wie Winter
sein und immer auf der Suche nach neuen Geschäften. Er hat sich hoch verschuldet dabei, und ich bin gegen die ganze Geschichte gewesen, mir hätte die Gästepension auf dem Hof gereicht.
Mir ist es maßlos vorgekommen, und Maßlosigkeit ist eine Todsünde! Ich habe mich aus dem Hotelgeschäft rausgehalten, aber die Anna hat er dafür gewinnen können. Sie arbeitet dort und hat mir deswegen nicht mehr viel helfen können. Auf den Alexander hätte ich nicht verzichten können, da auf dem Hof und bei den Gästen, ich habe gewusst, er will weiter in die Schule gehen, aber ich hätte einfach nicht auf ihn verzichten können.
Wie hoch die Schulden sind, bin ich jetzt erst draufgekommen, vor ein paar Tagen, wie die Beamten vom Finanzamt und der Mitterlehner von der Raiffeisen vor der Tür gestanden sind. Von der Hotelpleite
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habe ich bis jetzt nichts gewusst, der Toni hat über Finanzen, die das Hotel betreffen, nie mit mir geredet. Es sind sehr große Summen abgezweigt worden im letzten halben Jahr, davon habe ich nichts gewusst – und das hat mir die Finanzpolizei nicht geglaubt. Ich habe aber wirklich keine Ahnung, wo das Geld ist!
Wie ich die Zahlen gesehen hab, wäre ich fast in Ohnmacht gefallen! Der Mitterlehner hat mich wie den letzten Dreck behandelt und mir erklärt, dass er meinem Mann schon zweimal im letzten Jahr die Kredite aufgekündigt hat und der Toni aber immer irgendwie die Kurve gekratzt hat, weil er von einem deutschen Partner geredet hat, der einsteigen will. Der Mitterlehner hat gesagt, das kommt davon, wenn die Leute zu hoch hinaus wollen! Jetzt verstehe ich, wieso der Toni so unter Druck gestanden ist in letzter Zeit und wieso er so viel getrunken hat! Das Hotel wird verkauft, und dann werden trotzdem nicht alle Schulden vom Tisch sein.
Den Hof gebe ich nie her! Ruiniert sind wir sowieso, in jeder Hinsicht, nicht nur finanziell.
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Therapiegespräch im Jänner 1990
Dr. Z. und Alexander Sommer
Ich habe mir eine Traumwelt aufgebaut. Ich habe ständig vor mich hin geträumt, während der Arbeit und eigentlich immer.
Ich habe von meinem Leben danach geträumt, von meinem Besuch bei meiner Mutter in Neuseeland. Wie wir gemeinsam am Strand spazieren gehen, wie wir gemeinsam kochen, auf Reisen gehen und gemeinsam Figuren töpfern und Bücher schreiben. Ich werde ein berühmter Künstler und treffe eine wunderschöne Frau. Manchmal bin ich kein Künstler gewesen, sondern ein Held, der vielen Menschen das Leben rettet, dann wieder ein berühmter Forscher und Wissenschaftler oder ein reicher Unternehmer. Lauter so Blödsinn eben.
Dann habe ich auch andere Sachen vor mich hin geträumt. Wie es gewesen wäre, wenn sie nicht ausgewandert und ich bei ihr in der Stadt aufgewachsen wäre, den ganzen Tagesablauf habe ich mir mit ihr vorgestellt, als kleiner Volksschulbub. Wie meine Kindheit verlaufen hätte können, das habe ich mir immer wieder vorgestellt, und wie ich dann geworden wäre. Wäre ich anders als ich jetzt bin? Das habe ich mich so oft gefragt.
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Ich habe mir jede Szene so genau vorgestellt, ich habe sie in meinen Gedanken immer wieder durchgespielt. Dass sie mich zur Schule bringt und wieder abholt und dabei jedes Mal umarmt und küsst. Sie macht mit mir die Hausübung, wir spielen miteinander, wir gehen spazieren, wir fahren zusammen mit dem Fahrrad. Später geh ich ins Gymnasium und bin Klassenbester und wir diskutieren über Bücher und wir gehen ins Theater. Ich bin immer gut angezogen, cool und selbstbewusst, alle mögen mich. Ich lerne ein hübsches Mädchen kennen und meine Mutter ist zu ihr sehr freundlich. Ich weiß, es ist kindisch.
Ein Vater ist nie in meinen Träumen vorgekommen. Ich weiß nicht wieso.
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Therapiegespräch im Jänner 1990
Dr. B. und Manuela Winter
Der Alex wollte nach der vierten Klasse unbedingt weiter in die Schule gehen. Er ist fast immer der Klassenbeste gewesen. Der Kirchmair hat oft gesagt, dass er eigentlich ins Gymnasium gehört. Der Kirchmair ist unser Klassenvorstand gewesen. Der Alex hätte gern nach der Hauptschule so ein Oberstufenrealgymnasium besucht. Hat oft gebettelt darum, dass ihm das erlaubt wird. Der Kirchmair hat mit der Mutter drüber geredet. Auch ein paar Mal mit dem Vater.
Ohne den Alex wäre ich ein paar Mal sitzen geblieben. Er hat mit mir gelernt, am Abend, im Bett. Er hat mir alles, was wir am Vormittag in der Schule gelernt haben, noch mal erklärt. Die Bücher sind vor uns am Polster gelegen. Mit der Taschenlampe
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