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Sommerbuch

Sommerbuch

Titel: Sommerbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Jansson
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wie es sich gerade ergab, denn eine besondere Leeseite gab es nicht, es war nirgends windig. Sie trugen ihre Sachen hinauf und stellten die Butter in den Schatten. Der Felsen war heiß unter den Füßen. Der Vater steckte den Sonnenschirm in eine Bergspalte, und dort sollte die Großmutter auf einer Luftmatratze liegen und sich wohl fühlen.
    Sie sah, wie jeder in seiner Richtung verschwand, und die Insel war so groß, daß sie bald zu kleinen Pünktchen wurden, die sich an den Ufern entlang bewegten. Nun kroch sie unter dem Sonnenschirm hervor, nahm ihren Stock und ging auch los, in ihrer eigenen Richtung, doch zuerst legte sie Pullover und Bademäntel auf die Matratze, damit es aussähe, als ob sie schliefe.
    Die Großmutter kam an einer interessanten Stelle ans Ufer heran, eine tiefe Bergspalte zerschnitt die schönen Badeklippen, und obwohl es mitten am Tage war, lag die Schlucht in ihrem eigenen Schatten und führte weiter ins Meer hinein und weit hinaus wie ein Riß aus Dunkelheit.
    Sie setzte sich hin und rutschte langsam weiter und verschwand schließlich in der Schlucht. Hier hatte sie Ruhe. Sie zündete sich eine Zigarette an und betrachtete den stillen Wellengang. Allmählich tauchte das Boot hinter der Landzunge auf, der Vater drehte um das Riff herum und legte Netze.
    »Ach so, da bist du«, sagte Sophia. »Ich habe gebadet .«
    »Ist es kalt ?« fragte die Großmutter. Von hier unten her sah das Kind gegen das Sonnenlicht wie ein schlanker Schatten aus, wie ein kleiner Stock.
    »Saukalt«, antwortete Sophia und sprang in die Bergspalte hinein. Die ganze Kluft war voller Geröll, Steine groß wie Köpfe und immer kleiner wie Glasmurmeln. Sie fanden eine Stelle, wo in den Berg lauter kleine finnische Granatsteinchen eingesprengt waren, die man manchmal finden kann, und sie versuchten sie mit dem Taschenmesser abzublättern. Es ging nicht. Es geht nie. Sie aßen Knäckebrot und guckten zum Boot hin, alle Netze waren jetzt ausgelegt, es kam zurück und verschwand wieder hinter der Landzunge.
    »Weißt du, manchmal finde ich es saulangweilig, wenn alles immer klappt«, sagte Sophia.
    »Soso«, sagte die Großmutter und nahm eine neue Zigarette. Es war erst die zweite vor zwölf Uhr. Sie versuchte immer heimlich zu rauchen, wenn sich Gelegenheit dazu fand.
    »Es passiert ja nichts«, erklärte ihr Enkelkind. »Ich wollte auf das Seezeichen klettern, aber Papa hat gesagt, daß ich das nicht darf .«
    »Bedauerlich«, sagte die Großmutter.
    »Nein«, sagte Sophia, »gar nicht bedauerlich. Saudumm.«
    »Woher hast du das mit >sau<, du sagst ständig >sau< .«
    »Ich weiß nicht, aber das klingt gut .«
    »Violett ist eine Saufarbe«, sagte die Großmutter. »Ich habe mal eine richtige Sau gefunden. Es war ein Schwein. Wir haben die Beine eine Woche lang gekocht, es hat furchtbar gestunken. Dein Vater wollte das Skelett für die Schule haben. Zoologie. Weißt du .«
    »Wie ?« fragte Sophia mißtrauisch, »welche Schule?«
    »Als dein Papa klein war .«
    »Wie klein? Welches Schwein? Wie hieß es ?«
    »Och, nichts«, sagte die Großmutter. »Mal, als dein Papa so klein war wie du .«
    »Er ist groß«, sagte das Kind und kratzte sich Sand zwischen den Zehen weg. Sie versanken beide in ihr eigenes Schweigen. Nach einer Weile sagte die Großmutter: »Jetzt meint er also, ich schliefe unter dem Schirm da .«
    »Und du schläfst also nicht«, sagte Sophia, »sondern du sitzt hier und rauchst heimlich !«
    Sie suchten Steine, die noch nicht ganz rund waren und warfen sie ins Meer, damit sie noch runder werden konnten. Die Sonne wanderte weiter, das Boot tauchte wieder an der Inselspitze auf, die Netze wurden nach oben gezogen und gleich wieder hineingelassen.
    »Sauschlecht mit Fisch«, sagte die Großmutter.
    »Hör mal«, sagte Sophia, »jetzt habe ich aber keine Zeit mehr für dich, ich habe heute erst zweimal gebadet. Du bist wohl nicht traurig deswegen ?«
    »Ich will auch baden«, erklärte die Großmutter.
    Sophia dachte nach und sagte: »Du darfst baden. Aber nur dort, wo ich es bestimme.«

    Sie halfen einander, um aus der kleinen Schlucht nach oben zu kommen und gingen um die Klippe herum, damit man sie nicht sehen konnte. Schräg hinter dem Seezeichen war eine große Auswaschung.
    »Ist die gut ?« fragte Sophia.
    »Gut«, sagte die Großmutter, zog sich die Strümpfe aus und steckte die Füße ins Wasser. Es war warm und angenehm. Leichter brauner Staub wirbelte an die Oberfläche und eine Menge

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