Sommerbuch

kleiner Teufel .«
    Und der Katzenteller mit den Plötzen stand unberührt auf der Treppe und zog die Fliegen an.
    »Hör mal«, sagte Sophia, »ich wünschte, daß Mappe nie geboren wäre! Oder daß ich nicht geboren wäre. Das wäre viel besser !«
    »Ihr redet also immer noch nicht miteinander ?« fragte die Großmutter.
    »Nicht ein Wort«, antwortete Sophia. »Ich weiß nicht, was ich machen soll. Wenn ich ihr verzeihe, macht es aber auch keinen Spaß, es ist ihr ja gleichgültig .«
    Und die Großmutter fand keine Entgegnung.
    Mappe wurde eine Wildkatze und kam selten ins Sommerhaus. Sie hatte dieselbe Farbe wie die Insel, hell graugelb mit schattierten Streifen, wie ein Berg oder Sonnenflecken auf dem Meeresgrund. Wenn die Katze über die Strandwiese schlich, glichen ihre Bewegungen denen des Windes, der durch das Gras fächelt.
    Sie saß stundenlang im Gebüsch auf der Lauer, eine unbewegliche Silhouette, zwei spitze Ohren im Sonnenuntergang, plötzlich verschwunden... und irgendwas piepste auf, ein einziges Mal. Sie flitzte unter die Zwergtannen, durchnäßt vom Regen und dünn wie ein Strich, und sie wusch sich wollüstig, wenn die Sonne hervorkam. Es war wirklich eine glückliche Katze, aber sie schenkte niemandem etwas. An heißen Tagen rollte sie sich auf den glatten Felsen, und manchmal aß sie Gras und spuckte in aller Ruhe und nach Katzenart ihr eigenes Haar wieder aus. Und was sie in der Zwischenzeit tat, wußte niemand. —
    Eines Sonnabends kamen Övergards zum Kaffee. Sophia ging ans Ufer und sah sich ihr Boot an. Es war groß und voll mit Tüten und Jerry-Kannen und Körben, und in einem Korb miaute eine Katze. Sophia hob den Deckel, und die Katze leckte ihr die Hand. Es war eine große Katze, weiß und mit breitem Gesicht. Die Katze spann weiter, auch als sie sie emporhob und an Land setzte.
    »So, so, du hast die Katze entdeckt«, sagte Övergards Anna. »Es ist eine artige Katze, aber Mäuse fängt sie nicht, deswegen wollten wir sie dem Ingenieur im Dorf schenken .«
    Sophia setzte sich mit der schweren Katze, die die ganze Zeit spann, aufs Bett. Sie hielt sie im Arm, sie war weich und warm und anschmiegsam.
    Der Handel war ganz einfach: eine Flasche Rum als Unterpfand auf den Tausch hin. Mappe wurde eingefangen und begriff nicht, worum es ging, und schon war sie auf Övergards Schiff und auf dem Weg ins Dorf.
    Der neue Kater hieß Svante. Svante aß Plötzen und hatte es gern, wenn man ihn streichelte. Er zog im Spielhaus ein und schlief jede Nacht in Sophias Armen, und jeden Morgen kam er zum Morgenkaffee und schlief dann im Bett am Ofen weiter. Wenn die Sonne schien, rollte er sich auf dem warmen Felsen.
    »Nicht dort !« rief Sophia. »Das ist Mappes Platz .« Sie trug den Kater weiter fort, er schleckte Sophia an der Nase und rollte sich gehorsam auf dem neuen Platz. Der Sommer wurde immer schöner, ein Band blauer Sommertage. Jede Nacht schlief Svante mit der Nase an Sophias Backe.
    »Eigentlich bin ich komisch«, sagte Sophia. »Ich finde, ständig schönes Wetter ist langweilig .«
    »So«, sagte die Großmutter. »Dann bist du genau wie dein Großvater, der liebte auch den Sturm .« Doch bevor sie noch mehr über den Großvater erzählen konnte, war Sophia gegangen.
    Allmählich fing es an zu wehen, vorsichtig irgendwann nachts, und am Morgen gab es einen ordentlichen Südweststurm, der den Schaum über den ganzen Felsen trieb.
    »Aufwachen«, flüsterte Sophia. »Wach auf, mein Liebling, es ist Sturm !«
    Svante spann und streckte seine bettwarmen Beine in alle Richtungen, das Laken war voll von Katzenhaaren.
    »Steh auf«, schrie Sophia, »es ist Sturm !« Und der Kater drehte nur seinen Bauch um.
    Da wurde Sophia ganz plötzlich furchtbar böse. Sie stieß die Tür auf und warf die Katze in den Wind hinaus, sah, wie Svante die Ohren anlegte, und Sophia schrie: »Jage! Tu was! Sei wie eine Katze !«
    Und dann fing sie an zu weinen und lief zum Gästezimmer und bullerte an die Tür.
    »Was ist jetzt los ?« fragte die Großmutter.
    »Ich will Mappe wiederhaben«, schrie Sophia.
    »Aber du weißt doch, was das bedeutet«, sagte die Großmutter.
    »Schlimmes«, sagte Sophia ernst. »Aber ich liebe Mappe doch .«
    Und so wurden die Katzen wieder getauscht.

Die Grotte

    Auf der größten Insel, weit in der Bucht, wuchs das Gras im Sand, kurz und sehr grün. Graswurzeln sind am stärksten von allen, sie winden und verwickeln sich zu Knoten und werden zu einer zähen Masse, die alle