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Sommerbuch

Sommerbuch

Titel: Sommerbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Jansson
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Kaulquappen, die sich aber wieder beruhigten. Sie spreizte die Zehen und steckte die Beine noch tiefer hinein. Dort, wo sich das Loch verengte, wuchs ein großer Strauß Lysimachia , und gelbes Sedum säumte die Risse im Berg. Der Vater hatte etwas weiter weg ein Feuer gemacht, und der Rauch stieg steil auf. »Ich glaube«, sagte die Großmutter, »ich glaube, es ist in all den Jahren, in denen ich hier gesegelt bin, noch nie zwischen den Inseln so still gewesen. Es hat immer gestürmt. Er ist nie rausgefahren , wenn es nicht Sturm war. Wir haben ein Spritsegel gehabt. Er hat selbst gesteuert, und ich habe im Dunklen auf die Punkte aufgepaßt, ich bin kaum mitgekommen, Zeichen Nord habe ich gesagt, Zeichen West, das ging so schnell, und einmal, als das Steuer abging...«
    »...hast du es mit einer Haarnadel in Ordnung gebracht«, sagte Sophia.
    Die Großmutter rührte mit den Beinen im Wasser hin und her und sagte nichts.
    »Vielleicht war es auch eine Sicherheitsnadel«, nahm Sophia den Faden wieder auf. »An manche Tage erinnere ich mich nicht recht. Wer hat eigentlich gesteuert ?«
    »Dein Großvater natürlich«, sagte die Großmutter, »also der, mit dem ich verheiratet war.«
    »Du verheiratet ?« rief Sophia aus und war furchtbar erstaunt.
    »Saudumm«, murmelte die Großmutter, und laut sagte sie: »Frag deinen Vater, wie es ist mit den Generationen, sag ihm doch, er soll dir das aufzeichnen, falls du Lust hast .« — »Hab ich nicht«, sagte Sophia freundlich. »Außerdem habe ich was zu tun .«
    Das Seezeichen war sehr hoch, es war weiß mit einem roten Dreieck in der Mitte. Der Abstand zwischen den Planken war so groß, daß die Beine gerade noch reichten, und nach jedem Schritt fingen die Knie zu zittern an, nicht so sehr, aber man mußte eben warten, bis es vorüberging. Dann kam der nächste Schritt nach oben. Sophia war beinah bis an die Spitze gekommen, als die Großmutter sie dort erkannte. Ihr war sofort klar, daß sie nicht losschreien durfte, sie mußte warten, bis das Kind wieder heruntergekommen war. Gefährlich war es nicht, kleine Kinder haben viel von einem Affen an sich, sie klammern sich fest und fallen nicht, jedenfalls wenn man sie nicht erschreckt.
    Jetzt kletterte Sophia sehr langsam und mit einer langen Pause zwischen jedem Schritt, und die Großmutter verstand, daß sie Angst hatte.
    Sie stand zu hastig auf, ihr Stock rollte in das Wasserloch und der ganze Felsen wurde eine unsichere Fläche, die sich feindlich vor ihr rundete. Sophia machte noch einen Schritt.
    »Es geht gut«, rief die Großmutter. »Jetzt brauchst du nur noch ein klein bißchen bis zur Spitze .«
    Sophia kletterte weiter. Sie kam mit den Händen über die letzte Planke und bewegte sich nicht.
    »Und jetzt kannst du wieder runtergehen«, sagte die Großmutter. Doch das Kind rührte sich nicht. Es war so heiß in der Sonne, daß das Seezeichen flimmerte, alle Umrisse schwankten.
    »Sophia«, sagte die Großmutter. »Mein Stock ist ins Wasserloch gefallen und meine Beine wollen nicht .«
    Sie wartete und rief wieder: »Mir ist saumiserabel, hörst du mich! Die Balance ist heute sauschlecht, und ich muß den Stock wiederhaben .«
    Sophia begann hinabzuklettern, es ging gut, ein Schritt nach dem anderen.
    Verflixtes Kind, dachte die Großmutter, schreckliches Kind, aber so geht es, wenn sie alles, was Spaß macht, verbieten. Jedenfalls, was zu unserem Alter gehört!
    Sophia war wieder auf dem Felsen. Sie kletterte in das Wasserloch nach dem Stock, gab ihn der Großmutter, ohne sie anzusehen.
    »Du kannst wirklich gut klettern«, sagte die Großmutter streng. »Und mutig bist du auch, ich habe nämlich gesehen, daß du Angst hattest! Soll ich’s ihm erzählen oder nicht ?« Sophia hob die eine Schulter und guckte die Großmutter an. »Wohl lieber nicht«, sagte sie. »Aber du kannst es ja erzählen, wenn du auf dem Totenbett liegst, damit es nicht verlorengeht .«
    »Saugute Idee«, antwortete die Großmutter. Sie marschierte los über den Felsberg und setzte sich neben die Luftmatratze, genau vor den violetten Sonnenschirm.

Die Katze

    Die Katze war sehr klein, als sie kam. Sie konnte nur aus einer Saugflasche Milch trinken; Gott sei Dank war Sophias Sauger noch auf dem Boden. Zu Anfang lag das Katzenkind in der Kaffeemütze, damit es warm blieb. Als es seine Beinchen benutzen konnte, durfte es im Spielhaus in Sophias Bett schlafen. Es hatte sein eigenes Kissen neben ihrem.
    Es war eine graue Fischerkatze, sie wuchs

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