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Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Titel: Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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einem die anderen, ob mit oder ohne Nachwuchs, eben auch zu viel werden – was noch so ein Indiz dafür war, dass wir wirklich eine Art Familie geworden waren.
    In Maltrin hörte Olli keinesfalls auf, von Zeit zu Zeit Sartre zu zitieren: »Die Hölle, das sind die anderen.« Im Gegenteil. Das sagte er oft, wenn wir zwei sonntagmorgens auf der Gartenbank vor dem Eingang des Weidenhofs saßen und er sein morgendliches »Erfrischungsstäbchen« rauchte. Hier auf dieser Gartenbank wurden wir nicht müde, dasselbe Leitmotiv in zahllosen Possen zu variieren: dass man einiges an Entbehrungen auf sich zu nehmen hatte, um in den Genuss so einer Großgemeinschaft zu kommen.
    »Mal sind die anderen der Himmel, mal die Hölle«, sagte Olli. »Bis mittags tendenziell die Hölle«, ergänzte ich.
    So ein Sommerhaus, das man mit vielen Menschen bewohnte, diente nun einmal nicht der Ausweitung der privaten Komfortzone. Hier gab es anderes zu tun, als permanent an der Perfektionierung seines individuellen Wohlbefindens zu arbeiten. Hier musste man für die Wochenenden den Begriff Toleranz neu für sich kalibrieren. Und man hatte nicht nur im Großen strapazierfähig zu sein, so wie Andine, die fortan entgegen ihren Geschmackspräferenzen zähneknirschend ein brombeerfarbenes Landhaus bewohnen musste. Auch im Kleinen war man in Maltrin besser nicht zimperlich. Ich zum Beispiel musste mich immer zusammenreißen, um mich nicht vor dem Blumenstrauß von Zahnbürsten zu ekeln, der in dem Bierkrug vor dem Badezimmerspiegel stand. Schaute ich zu genau dorthin, kamen mir während des Zähneputzens unangenehme Gedanken, stellte ich mir vor, wie oft die anderen wohl versehentlich meine mit ihrer Zahnbürste verwechselt hatten und ich meine mit einer der ihren. Russisches Karies-Roulette. Nichts gegen die Mitbewohner, aber dann musste ich würgen.
    Besonders die Maltriner Morgen waren mitunter hart – nicht nur wegen der biochemischen Nachwirkungen vom Vorabend. Wenn die Kinder, wie so oft, vor sieben Uhr wach wurden und am Vorabend, wie so oft, am Küchentisch gekocht und getafelt worden war, dann hatte man keine Wahl und musste als Frühaufsteher die Trümmer alleine beseitigen. Man trug sein Schicksal in Demut, um den Kindern in einer einigermaßen kindgerechten Küche ohne halb leere Bierflaschen, Haschkrümel und einer Kruste von Rindergulaschsoße auf dem Tisch ihre Cornflakes und Joghurts vorsetzen zu können. Dass irgendein Kommunarde im Eifer der Nacht noch auf die Idee gekommen wäre, vor dem Schlafengehen die Küche aufzuräumen, war nicht zu erwarten. Einer nach dem anderen war in der Koje verschwunden. Man selbst ja auch.
    Die Illusion, dass es gleichanteilige Arbeitsbeiträge geben könnte, löste sich für mich in Maltrin sehr schnell in Wohlgefallen auf. Die Vorstellung, dass es womöglich eine langfristige, übergeordnete Gerechtigkeit gebe, implodierte ebenso rasch. Ich jedenfalls war nicht in der Lage, sie auszumachen, schon mal gar nicht vor 8 Uhr morgens. Ab 10, halb 11 Uhr betraten die ersten kinderlosen Hausgenossen die Küche und grummelten rum, dass es im Flur den ganzen Morgen über ziemlich laut war – und wo überhaupt der Kaffee sei. Überhaupt erzeugten die Langschläfer immer den Eindruck, dass sie noch viel mehr zu leiden hatten als ich , der ich schon einen halben Arbeitstag lang unter den Aufrechten war, als ich , der ich die Küche wiederhergerichtet hatte und von den Kindern mit Frühstückswünschen traktiert worden war. An den Morgen entbrannte häufiger mal ein subtiler Wettbewerb unter den Weidenhofbewohnern, wer sein Leiden durch Stöhnen eindrücklicher bekundete. Mitunter blieb nur die Flucht nach draußen. Mich zum Schmollen mit einer Tasse Kaffee draußen vor den Hauseingang zu verziehen. Olli saß meist schon da.
    Ein von Olli und mir auf der Gartenbank routinemäßig wiedergekäuter Gedanke war es, das Engagement, das wir als erprobte Hausmänner im laufenden Betrieb des Weidenhofs einbrachten, gegenzurechnen mit dem Aufwand, den unsere Baulöwen und Scheunenversteher mit der Koordination der Blaumanngroup, den zahlreichen Wolle-Audienzen und sonstigen Großprojekten wuppten. Nur um ein ums andere Mal bei der larmoyanten Feststellung anzukommen, dass unser ständiges Aufräumen, Tisch decken, Tisch abdecken, Spülmaschine einräumen, Spülmaschine ausräumen und Kochen möglicherweise unterm Strich den gleichen oder gar einen größeren Arbeitbeitrag ergab – uns dieser aber aufgrund seiner

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