Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
mangelnden Sichtbarkeit niemals den gleichen Ruhm einbringen würde wie das Sichern der Scheunenstatik und das anschließende seeseitige Öffnen der Scheunenwand zur Terrasse hin.
Unsere Frauen zeigten nur wenig Verständnis für uns. »So denken auch nur Männer«, maßregelte mich Simone, wenn ich ihr von diesen Gartenbankgedanken erzählte, »seid versichert, die Frauen kochen und putzen noch viel mehr als ihr.«
Das war dann auch wieder wahr. Wenn besonders schwere Arbeiten auf dem Gelände anstanden, dann verfielen wir im Weidenhof in klassische Rollenverteilung. Die Männer fällten Bäume, die Frauen kochten. Die Männer schleppten Steine, die Frauen räumten den Tisch ab. Die Männer gossen Fundamente, die Frauen Kaffee auf. Und schwere Arbeiten standen eigentlich immer und überall an auf dem Weidenhof. Immerhin waren wir dabei, einen nicht ganz kleinen Kiesel zu schleifen. Im Prinzip schliffen wir hier an einem Hinkelstein herum.
Trotzdem: Mein typisches Maltriner Morgengefühl war es nun einmal, mich nach der Küchenaufräumaktion und dem Frühstückmachen für nölende Kinder in Selbstmitleid zu weiden. Nicht nur einmal fasste ich während des Aufräumens den Entschluss, die Mitbewohner, sofern sie denn irgendwann einmal aufstünden, durch ein demonstrativ getragenes und wortkarges Auftreten etwas von meiner Pein spüren zu lassen. Tauchten sie dann wirklich irgendwann auf, verzog ich mich besser schnell auf die Gartenbank. Denn ich wusste, sollte einer der Spätaufsteher auch nur einen kleinen Witz reißen, würde ich mich doch sofort wieder auf den infantilen Maltriner Grundmodus einlassen. Für schlechte Laune fehlte es mir an der nötigen Willensstärke.
Olli konnte, kinderlos wie er war, zwar länger schlafen, klagte aber trotzdem. Zum »bösen Maltriner Erwachen«, wie wir es auf der Gartenbank eines schönen Sonntagmorgens auf den Begriff brachten, gehörte für ihn vorneweg jener Moment, in dem er von Harndrang geplagt die Klinke der Badezimmertür drückte und sie mit hoher Wahrscheinlichkeit verschlossen fand – um dann den langen Marsch in den Urwald jenseits der Scheune anzutreten. Den Einbau eines zweiten Badezimmers im ersten Stock hatten die Scheunenboys mit der impertinenten Forderung, der Umbau der Scheune müsse weiterhin attraktiv bleiben, abgeschmettert. Der Harndrang und das Leid der in der Kloschlange Wartenden sollte offenbar ein wichtiger Transmissionsriemen bleiben, der den Scheunenumbau weiter vorantrieb – da dieser auch den Einbau eines zweiten Badezimmers vorsah. Olli und ich holten bei solchen Gartenbankgelegenheiten gerne etwas weiter aus und stellten fest, dass der Weidenhof seine Bewohner nicht nur mit verschlossenen Badezimmertüren quälte, sondern ihnen alle naselang wehtat, sie piesackte und zwickte. Jedenfalls uns beide.
Ein paar Schlaglichter:
Öffnete man den Kühlschrank, um sich eine Flasche Radeberger zu greifen, kamen einem nicht selten mehrere Flaschen torpedoartig entgegen- und auf die nackten Füße geflogen. Denn der Kühlschrank war stets überladen und unsystematisch gepackt. Mehr als einmal vergegenwärtigten Olli und ich uns auch jene Nerzfarm, an die insbesondere der hintere Teil des Kühlschranks aufgrund von Schimmel auf Frischkäsepackungen und Leberwürsten bisweilen erinnerte. Hatten wir mit diesen Themen unser Läster-Aufwärmtraining absolviert, kamen wir auf die Stoßzeiten beim Frühstück zu sprechen und darauf, welche Strapazen sie mit sich bringen konnten. War es zum Frühstücken unter freiem Himmel noch zu kalt, versammelten sich gut und gerne über zehn Personen in der nicht übermäßig geräumigen Bauernküche rings um den Frühstückstisch. Waren alle um die lange Tafel herum versammelt, verblieb zwischen den Frühstückenden und den Küchenschränken ringsherum nur noch ein schmaler Grat, durch den man sich allenfalls seitlich hindurchschlängeln konnte.
Um eine Stoßzeit handelte es sich denn auch im engsten Wortsinne: Man stieß mit dem Schienbein auf dem Weg zum Toaster gegen die aufgeklappte Spülmaschinentür, mit dem Ellbogen gegen randvolle Kaffeetassen und bekam, saß man endlich vor seinem Frühstücksteller, von unachtsamen Mitbewohnern rücklings die Besteckschublade ins Kreuz. Die Butter stand immer am anderen Ende des Tischs und war beschmiert mit den ekelhaften Marmeladenrückständen der anderen. Und das sah abstoßend aus. Auch waren die meisten Kommunarden am Morgen nicht geistesgegenwärtig genug, um nach
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