Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
Dschungel und liefen durchs Dickicht zum Steg. Der Rest begoss das unscharfe Plenumsergebnis schon mal mit rheinhessischem Weißwein und sah dem Schattenspiel der Badenden unten am tiefschwarzen Maltriner See zu. Die Nacht war mondlos.
Das Schöne am Plenum war, dass mal wieder alle zusammen waren. Und dass Andine wieder frohlockte: »Avec toute la famille!«
EINER IST KEINER? – FAMILIENBANDE
Apropos ›toute la famille‹. Los, Olli, hol doch mal eben deinen Laptop und die Rappelkiste- DVD von den Kindern rüber. Und bring noch eine Flasche von dem Roten mit.«
Los, Olli. Ich kramte die DVD aus Simones Reisetasche hervor, rollte auf dem Rückweg die Kabeltrommel quer durch die Scheune bis auf die Terrasse ab und fuhr den Computer hoch. Vor der hundertfünfzig Jahre alten Feldsteinscheune, bei Grillengezirpe und dem entfernten Planschen der Nachtbadenden, nahm sich der leuchtende Laptop futuristisch aus. Der Soundtrack der DVD erklang: »Eene meene miste, es rappelt in der Kiste.« Simone war entzückt.
»Achtung: Das wollten wir euch schon lange mal zeigen. Erinnert mich irgendwie an uns.«
Aus einer ironisch angereicherten Nostalgie heraus kaufte Simone Oscar neuerdings ihre Lieblingskinderserien noch einmal auf DVD und schwelgte in ihrer eigenen Fernsehsozialisation. In der Kollektion »Rappelkiste«, einer Produktion des ZDF aus den Siebzigerjahren, hatten wir eine Folge entdeckt, die auf einem Stück des Berliner Gripstheaters beruhte und »Einer Ist Keiner« hieß. »Einer Ist Keiner« handelte von einer Spießerfamilie, einem Pärchen mit Kind, die das aus Spießersicht zweifelhafte Glück haben, in einer Berliner Altbauwohnung Tür an Tür mit einer linksalternativen Großkommune zu landen – einer jener Wohngemeinschaften, die als Epigonen der berühmten Kommune 1 in diesen Jahren das ausgeblutete Westberlin neu bevölkerten. Die kleine Susanne, wie das Kind der Spießerfamilie heißt, gerät vom Tag des Einzugs an in den Sog der Wohngemeinschaft. Denn in der großen Wohnung nebenan geht es, das trichtert der Film seiner Zielgruppe gleich zu Beginn ein, äußerst bunt und lustig zu. »Montags geht die Angelika mit uns einkaufen, dienstags der Achim, mittwochs der Wolfgang und donnerstags die Uschi«, berichten die quietschbunten Kommunenkids der staunenden Susanne im Treppenhaus. Susanne will daraufhin unbedingt mal mitspielen – was ihr Spießermama nach einem Moment des Zögerns sogar erlaubt. Was für ein Horizont tut sich da hinter der Tür der neuen Nachbarn für die Kleinbürgertochter auf! Susanne entdeckt, dass man als Kind auch anders wohnen kann als in der eicherustikalen Kleinfamilienhölle ihrer Eltern, wo sie ihr Dasein in einem Möbelhaus-Jugendzimmer eingezwängt zwischen Bett und Kinderschreibtisch fristet. Geschätzte Spielfläche: zweieinhalb Quadratmeter.
Selbstverständlich bewohnt der revolutionäre Nachwuchs demgegenüber das größte Zimmer der riesigen Altbauwohnung mit Fischgrätenparkett. Hier feiern die kleinen Ernestos und Rosas auf ihrem eigenen Indoorspielplatz mit Gemeinschaftshochbett, Rutsche und Kinderschaukel den Übergang zu einer neuen, einer freieren Form des Zusammenlebens. In dieser Kommune werden nicht etwa, wie Spießermama womöglich befürchtet hat, Bomben gebaut; ebenso wenig werden die Kinder gezwungen, den Großen bei der freien Liebe zuzuschauen – jedenfalls kommt dies in der Rappelkistenfolge so nicht vor. Stattdessen findet hier ein bunter, jugendfreier Revolutionsringelpietz mit Anfassen statt: Wolfgangs singen, Angelikas lachen, Achims albern rum. In der Gemeinschaftsküche werden keine Molotowcocktails zubereitet, sondern nur Eierpfannkuchen gebacken. Das revolutionäre Element besteht darin, dass hier nicht die Uschi am Herd steht, sondern der Wolfgang. Weil Männer auch mal kochen sollen und der Wolfgang auf Kommando der Kinder immer so lustig die Pfannkuchen in die Luft wirft. Außerdem turtelt die Uschi derweil lieber mit dem Achim auf der Küchenbank herum und schmettert aus voller Kehle mit, als Achim zur Gitarre greift und das WG-Lied anstimmt: Einer ist keiner, zwei sind mehr als einer! Andauernd schubst man uns herum, alleine sein ist dumm. Einer ist keiner, zwei sind mehr als einer! Sind wir aber erst zu dritt, dann machen alle anderen mit. Einer ist keiner, zwei sind mehr als einer! Zusammenwohnen, das macht Spaß, man teilt sich alles ein, zum Spielen hat man viel mehr Platz, und nie ist man allein! Einer ist keiner! So hallt die
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