Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
gebrochen.«
»Und wie ist der Exbürgermeisterin von der PDS die Verrenkung gelungen, für den Großkapitalisten so dienstbar zu sein?«
»Lassen Sie es mich mal so sagen: Frau Sander war die Sorte Politiker, die sich immer und in allen Systemen darauf verstehen, das Beste für sich rauszuholen.«
»Was heißt das?«
Bürgermeister Plietsch antwortete mit einer gleichzeitig viel- und nichtssagenden Miene und ergriff wieder das Wort: »Das Ergebnis ist, dass ich jetzt eine bankrotte Gemeinde übernommen habe. Diese Mentalität meiner Amtsvorgängerin passt gut zusammen mit jemandem, der glaubt, mit Geld könnte man machen, was man will. Einem … Wie sagt man noch gleich?«
»Plutokraten«.
»Genau. Zum Beispiel hatten wir uns in der Interessengruppe auf einen Modus geeinigt, wie die Dorfgrundstücke neu geordnet werden sollten – zu DDR -Zeiten wurde mit Grund und Boden auf dem Land ja so ziemlich nach Gutdünken umgegangen, und deshalb war es so, dass einigen Maltrinern die Vorgärten vor ihren Häusern, die sie seit Jahrzehnten bepflanzten, kurioserweise gar nicht gehörten. Deshalb hatten wir gut demokratisch die, wie ich finde, sehr vernünftige Lösung besprochen, dass die betreffenden Anwohner die Flurstücke zum Vorzugspreis kaufen können. Alles war schon per Handschlag abgesegnet – da schickt der Gerland von heute auf morgen seinen Statthalter los, die Grundstücke im letzten Moment selbst zu kaufen.«
»Vorgärten? Was will der damit?«
»Gute Frage. Ich kann es mir nur so erklären: Der hat ein ausgeprägtes Machtbewusstsein. Da will einer Fürst spielen.«
Am Ende der Sprechstunde klebten unsere Hosen am Sitzfleisch fest. Als wir uns von Bürgermeister Plietsch verabschiedet hatten und außer Sichtweite waren, kniff ich mir überdeutlich nach Bauernart in den Hintern, und Konrad tat es mir sofort gleich.
Auf unserer eigenen Scholle herrschte einstweilen rege Betriebsamkeit. Dunkle Wolken und ein Donnern aus der Ferne hatten der Aufbruchstimmung, die hier im Normalfall erst am späten Sonntagnachmittag oder gegen Abend aufkam, zusätzlich Zunder gegeben. Aus einer irrationalen Angst vor Gewittern machte Simone jedes Mal ein Riesentheater, wenn man auch nur beim leisesten Grummeln noch im See baden wollte, und so wurde mir klar, dass ich trotz der Schwüle heute ungebadet zurück nach Berlin fahren musste. Immerhin hatte ich nun die Sicherheit, dass ich »unseren« See, sofern zwischendurch nicht Krieg ausbrechen oder einer Verfassungsklage gegen das Land Brandenburg stattgegeben würde, auch beim nächsten Mal frei betreten konnte. Und doch appellierte ich noch mal an Konrads Machtinstinkt: »Du weißt ja sicher, was man im Boulevardjournalismus in solchen Fällen immer schreibt, Konrad?«
»Nein, weiß ich nicht.«
»Man schreibt: ›Es bleibt ein mulmiges Gefühl.‹ Und mir geht es ehrlich gesagt auch ein bisschen so. Ich will nicht an unserem Steg irgendwann doch noch aufgescheucht werden. Womöglich von einem Motorboot mit getönten Scheiben.«
»Also das mit dem Aufscheuchen halte ich immer noch für ein Gerücht. Bekloppte Geländewagenfahrer gibt es viele. Außerdem ist der See sicher, du hast es doch selbst gehört.«
»Kann ja sein, Konrad. Aber Fakt ist doch, dass sich über Bürzow was zusammenbraut. Willst du nicht doch kandidieren und in diesem Nest mal richtig aufräumen?«
»Das Bürgermeisteramt ist doch vorerst in den besten Händen. Was ich ehrlich gesagt aber auch schon überlegt habe, ist, ob ich dem Gerland nicht mal einen Besuch abstatten soll. Ihm zeigen, dass mit uns auch zu rechnen ist.«
»Mach es, Konrad! Schließlich hast du als Landadeliger einen Namen wie Donnerhall!«
Es traf sich, dass Gerland zwei Wochen darauf an einem Samstag die Tore seines Schlosses ohnehin für das einfache Volk öffnete. Das »Open-Air-Schlosskonzert zu Bürzow« war schon seit Längerem im Dorf plakatiert. Dem Anschlag nach zu urteilen, handelte es sich um eines der landesüblichen Sommerevents, auf denen beigefarbene Rentner in Brandenburger Schlossgärten mit eingängigen Klassikhits berieselt werden.
Dem Vernehmen nach hatten Andine und Konrad die ganze Zeit nach der passenden Gelegenheit gesucht, mit Gerland zu sprechen, ihn sich einmal gehörig zur Brust zu nehmen, was sich bis in die späte Nacht so hinzog. Gerland war zu beschäftigt. Er hielt eine Ansprache, in der er betonte, wie sehr ihm die Region am Herzen lag, ebenso die Schönheit des Landlebens und die Geschichte
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