Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
schwarzes Haar, das gravitätische Auftreten – hätte man Plietsch aus seinen Gummistiefeln, der alten Cordhose und dem Karohemd geholt und in einen Anzug gesteckt, er wäre ebenso gut als Manager durchgegangen. Mit seiner Art zu fragen: »Was kann ich für Sie tun?« und seinem Gestus des Auf-die-Menschen-Zugehens hatte er eher das Zeug zum Politprofi. Plietsch führte uns über den korrekt gemähten Rasen zu einer Gartenmöbelsitzgruppe unter einem Sonnenschirm. Offensichtlich war er gar kein Feierabendpolitiker, sondern auch als Bürgermeister immer im Dienst, und so eine spontane Bürgersprechstunde zwischen zwei Mähdreschereinsätzen war nichts Ungewöhnliches.
Die Angst um unseren See konnte Plietsch uns schnell nehmen. In gewählten Worten legte uns der studierte Großagrarier dar, dass der Maltriner See Eigentum des Landes Brandenburg sei und in der Landesverfassung unmissverständlich geschrieben stehe, dass in Landesbesitz befindliche Gewässer nicht veräußert werden dürften. Auf dem Verkaufskatalog stünden nur Seen, die traditionell vorwiegend der Erwerbsfischerei dienten und daher als ehemalige volkseigene Gewässer in das Finanzvermögen des Bundes geflossen seien. So wie im Falle des Bürzower Sees, der ja nun schon einen Abnehmer gefunden habe. Nur diese Seen sollen, so will es der Bund, von der Bodenverwertungs- und Verwaltungsgesellschaft veräußert werden. Und selbst das sei vorerst auf Eis gelegt, entwarnte der Bürgermeister.
Hinter dem gelben Elend brüllte eine Kuh, als hätte sie gerade einen Hitzschlag erlitten.
»Wie erklären sich dann die hartnäckigen Gerüchte von der Privatisierung des Maltriner Sees im Dorf?«
»Gibt es die? Wenn, dann kann das meiner Einschätzung nach nur zwei Gründe haben. Der eine Grund war sicherlich die Online-Petition des Zossener Stadtverordneten Carsten Preuß von der Linkspartei, der im Sommer 2009 gegen den Seen-Ausverkauf mobilgemacht hat.«
Plietsch führte aus, dass das im Sommerloch 2009 der ganz große Aufreger war und dass danach in ganz Brandenburg das Drohszenario von eingezäunten, durch rein wirtschaftliche Nutzung ökologisch reihenweise umkippenden Seen die Runde machte. In der Tat sei ja einiges schiefgelaufen bei der Seenprivatisierung durch die BVVG , sagte Plietsch und verwies auf das Beispiel Wandlitzsee: Dort hatte die Kommune zwar ein Vorkaufsrecht, aber sie musste sich bei der Versteigerung des Sees frühzeitig geschlagen geben. Ein Privatunternehmer aus Düsseldorf legte schließlich das Doppelte auf den Tisch. Als der See dann als einer der ersten Seen Ostdeutschlands in Privatbesitz übergegangen war, verwehrte der neue Eigentümer den Anwohnern angeblich die freie Nutzung einiger Badestellen und knöpfte ihnen Pachtzahlungen für privat genutzte Stege ab. Durch die Online-Petition von Carsten Preuß fünf Jahre später seien zwar nicht genügend Unterschriften für eine Gesetzesänderung zusammengekommen, sie schlug aber dennoch Wellen in der Landespolitik. Die Schlagzeilen waren in der Welt: Drei- bis fünfhundert Seen in Brandenburg drohe ein ähnliches Schicksal. Im Frühjahr 2010 wurde die Seenprivatisierung auf Drängen von Brandenburger Landespolitikern verschiedener Fraktionen erst einmal unter ein Moratorium gestellt.
Die Kuh mit dem Hitzschlag muhte nochmals um ihr Leben, aber den Bauern ließ das offenbar kalt.
»Und der zweite Grund für die Gerüchteküche wohnt ein Dorf weiter«, sagte Stefan Plietsch bedeutungsvoll. »Die Leute haben natürlich sehr genau wahrgenommen, wie Herr Gerland mit den Sportfischern am Bürzower Dorfweiher umgesprungen ist.«
»Haben wir gehört. Aber um ehrlich zu sein, wir waren uns nicht sicher, ob das nur Anti-Wessi-Stimmungsmache war.«
Plietsch ließ sein ernstes Gesicht noch ernster werden. »Da muss ich Ihnen jetzt mal was sagen: Vielleicht kommt das für Sie aus meinem Munde überraschend, aber für mich ist der Gerland tatsächlich schlimmer als die übelsten Gutsherren vergangener Zeiten.«
»Aber mit Verlaub«, warf Konrad ein, »so wie ich das verstanden habe, gehörten sie doch am Anfang selbst mit zur Wählergruppe des hochmögenden Herrn Gerland.«
»Ja, das stimmt. Aber, wie soll ich sagen, in der Wählergruppe hat uns der Gerland – auf Deutsch gesagt verarscht.«
»Das mit der Gewerbesteuer?«
»Ja, weil wir plötzlich den niedrigsten Satz hatten, mussten wir dem Land eine Menge zurückzahlen. Das hat dem Gemeindehaushalt fast das Genick
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