Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
um den Bürzower Dorfteich schon am Kennenlernnachmittag im Schloss nicht auf Gerlands Kooperationsangebot eingegangen. Nun beschloss er, dass man aktiv etwas gegen das Gutsherrengehabe unternehmen müsse. Er trat in den Gemeinderat für die Großgemeinde Maltrin/Bürzow ein und stimmte von nun an stur dagegen, wann immer Gerland Gemeindeland an sich reißen wollte. Damit stand er aber mehr oder weniger alleine, sagte Bodin.
Maltrin war nun einmal kein gallisches Dorf. Statt Lust am Aufbegehren umwehte diesen uckermärkischen Sprengel noch der preußische Geist des Gehorsams gegenüber Respektspersonen. Gerland hatte nicht nur die Frau Bürgermeisterin auf seine Seite gebracht, er stellte einen ganzen Interessenverband zusammen, angeführt von dem Ortsvorsteher von Bürzow, der sein Angestellter war. In diesem Interessenverband hatten alle einen Willen: den von Gerland. Zu diesem Interessenverband habe anfangs übrigens auch Bauer Plietsch gehört, der später gottlob die Bande zu Gerland gekappt habe und vor Kurzem, wie wir ja sicher wüssten, das Bürgermeisteramt übernommen habe.
Doch zunächst mal wurde unter dieser »Lex Gerland« für eine ganze Weile Politik gemacht. »Natürlich allet nur symbolisch«, betonte Bodin. Im Gegenzug dafür, dass Bürgermeisterin Sander Windkraftanlagen verhinderte, stattete Gerland mit großem Glanz und Gloria die Grundschule mit neuen Fenstern aus und stiftete Tore für den Fußballplatz. Zwei schöne Tore würden der Stimmung im Dorf sicher guttun, hatte Gerland sich ausgerechnet und bezahlte sie aus der Portokasse. Im Gegenzug dafür, dass Frau Bürgermeisterin den Plattenbau gezielt ausbluten ließ, meldete Gerland drei Gewerbe in der Gemeinde Maltrin an, obskure Briefkastenfirmen, für die er edle Messingschilder an den Torpfosten vor seiner kastaniengesäumten Schlosseinfahrt hämmern ließ: eine Investmentgesellschaft, eine Finanzberatungsfirma und eine Wohnungsbaugesellschaft. Auf einen Schlag eine Million Euro Gewerbesteuer, das klang wie Ostrock in den Ohren der Feierabendpolitiker, die sich einmal im Monat in dem neonbeleuchteten Mehrzweckraum mit den orangefarbenen Gardinen versammelten, hier, wo man von außen nie so genau sagen konnte, was noch Gemeindesaal war und wo die benachbarte Pommesbude schon anfing.
Schluss mit lustig und großen Gesten war, wenn es um die konkreten monetären Interessen Gerlands ging: Kurz vor der Briefkastenfirmeneröffnung hatte Frau Bürgermeisterin mit dem Segen der Gruppe Gerland im Gemeinderat den Hebesatz der Gewerbesteuer flugs noch auf das gesetzliche Minimum von zweihundert Prozent gesenkt.
»Wir hatten mit der Million Gewerbesteuer von Gerland schon ganz groß geplant: Der neue Sportplatz mit der Flutlichtanlage sollte ein Glanzstück werden und Maltrin neuen Schwung geben. Aber nachdem dann die Pflichtumlagen an den Landkreis und den Gemeindeverband entrichtet waren, blieb für Maltrin nur noch die Schlüsselzuweisung übrig – und die Gemeinde war bis über beide Ohren verschuldet«, lamentierte Bodin.
»Blödheit oder Kungelei?«, fragte ich.
Kurt Bodin zuckte mit den Schultern.
»Weeß nich. Weeß nur, dass die gute Frau Sander einen Scherbenhaufen hinterlassen hat. Deswegen ist sie jetzt ja auch abgewählt worden.«
Frau Bodin erschien mit einer Thermoskanne in der Hand in der Terrassentür. »So mein Herr und Meesta, Jemeindevasammlung is beendet, nu is Kaffeeklatsch.«
Wir entschuldigten uns und verschwanden in Richtung Ausgang. Auf dem Treppenabsatz fiel mir der eigentliche Grund unseres Besuchs wieder ein: »Und der See, was ist mit dem Maltriner See?«
»Tja, der See«, sagte Bodin und zwirbelte sich den Schnurrbart. »Mein Sohn erkundigt sich für den Angelverein jedes Jahr neu beim Amt in Templin. Bislang gibt es keine Anfragen, hieß es bislang immer. Aber man weeß ja nie. Den Wandlitzsee hamse ja auch privatisiert.«
»Und was passiert dann?«
»Tja – Zaun drum, Eintritt nehmen, Pachtzahlung für Stege und Badestellen, allet sowatt.«
Bodin lehnte sich an die Glasbausteinwand des Windfangs, wodurch der Bewegungsmelder ständig klickte.
»Ich hatte ja nischt gegen den Gerland. Was er mit dem Schloss gemacht hat und alles, war ja schön anzusehen. Aber er muss sich auch ins Leben hier einordnen. Hier wohnen noch sechshundert Menschen, die auch spazieren gehen, angeln und baden wollen. Aber bisher war es so: Wer nicht auf Gerlands Seite stand, war bei ihm unten durch.«
Frau Bodin erschien im Flur,
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