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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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und Taxis. Es versteht sich, dass für mich das Land ein Mädchen und die Stadt ein Junge war. Leute, die auf dem Land wohnen, machen allerlei Verrenkungen, um die Nachteile als Vorteile zu verkaufen. Es ist nur eine Stunde Fahrt, und schon bin ich in der Stadt, sagt der Landbewohner. Ich kann ins Kino und ins Restaurant gehen, aber bin immer heilfroh, wenn ich wieder in die Stille der Natur zurückkomme.
    Eine Stunde hin und eine Stunde zurück: Besser kann man den Abstand zwischen einer Tochter und einem Sohn nicht beschreiben. Nach Lisas Geburt fand ich mich damit ab, mein Leben auf dem Land zu verbringen. Ich beschloss, die Nachteile zu akzeptieren und die Vorteile zu genießen. Mädchen sind weniger anstrengend. Mädchen sind lieber. Ein Mädchenzimmer riecht angenehmer als ein Jungenzimmer. Aber bei Mädchen muss man sich mehr Sorgen machen als bei Jungen, ein Leben lang. Wie spät sie nach einer Schulfete nach Hause kommen dürfen, ist eine wesentlich andere Frage als bei Jungen. Zwischen der Schule und dem Elternhaus liegen viele dunkle Radwege. Andererseits verlieben sich alle Töchter in ihren Vater. Der ewige Kampf auf Leben und Tod wird mit den Müttern ausgetragen. Caroline hatte es manchmal schwer. »Was ist denn jetzt schon wieder?«, rief sie verzweifelt, wenn Julia ihr die Tür ihres Zimmers ins Gesicht schlug. »Was gibt’s da zu lachen?«, fragte sie mich, wenn Lisa mit den Augen rollte und mir zuzwinkerte. »Du kannst nie was falsch machen. Was mache ich falsch? Was tust du, was ich nicht tue?«
    »Ich bin ihr Vater«, antwortete ich.
    »Wo hat er eigentlich mitgespielt, Paps?«, fragte Lisa, als wir das Auto ein paar Straßen von Ralph Meiers Haus parkten. Erst waren wir daran vorbeigefahren, an einer gestutzten Hecke, an den wuchernden Sträuchern des Gartens, in einem der ruhigeren, schickeren Viertel unserer Stadt. Zwischen den Sträuchern hindurch sah man die Gäste mit ihren Gläsern und Tellern auf dem Rasen stehen. Rauch zog über den Garten, wahrscheinlich von einem Grill: Durch die offenen Wagenfenster drang der Geruch nach gebratenem Fleisch zu uns herein.
    »Er hat sich vor allem als Bühnenschauspieler einen Namen gemacht«, sagte ich. »Im Fernsehen ist er nicht so oft.«
    Für Lisa war ein berühmter Schauspieler ein Filmschauspieler oder wenigstens ein Soap-Darsteller. Und jung, jedenfalls nicht älter als Brad Pitt. Keiner im Alter von Ralph Meier, der eine Party gab, weil er seit zwanzig Jahren mit derselben Frau verheiratet war.
    »Kann man auch auf der Bühne berühmt werden?«, fragte sie erstaunt.
    »Lisa! Stell dich doch nicht so dumm! Natürlich kann man das.« Julia hatte ihre iPod-Stöpsel im Ohr, was sie aber offenbar nicht daran gehindert hatte, unserer Unterhaltung zu folgen.
    »Na hör mal, ich darf doch wohl noch fragen«, sagte Lisa. »Ja, Paps, kann man auf der Bühne berühmt werden?«
    Wir hatten ursprünglich gar nicht vorgehabt, unsere Töchter mitzunehmen. Aber da die Party auf einen Samstagnachmittag fiel, hatten wir es ihnen vorgeschlagen. Anfänglich hatten beide ziemlich lustlos reagiert, dann aber eine halbe Stunde vor unserem Aufbruch zu unserer Überraschung angekündigt, dass sie doch mitkämen. »Wieso? Ihr braucht wirklich nicht«, sagte ich. »Mama und ich sind in ein paar Stunden wieder zurück.«
    »Julia sagt, es sind vielleicht berühmte Leute da«, sagte Lisa.
    Ich sah Julia an.
    »Was guckst du so?«, fragte sie. »Kann doch sein, oder?«
    Während wir an den Sträuchern und der Hecke entlang zum Haus schlenderten, versuchte ich mich an einer Antwort auf die Frage meiner jüngsten Tochter. Tja, dachte ich, man kann zwar auch heute noch berühmt werden auf der Bühne, aber es ist eine völlig andere Berühmtheit als vor fünfzig Jahren. Man hatte mehrmals versucht, Ralph Meiers Talent auch vor der Kamera zur Geltung zu bringen – mit eher zweifelhaftem Erfolg. So erinnerte ich mich an eine Krimiserie, die nach acht Folgen abgesetzt wurde, weil der Ernst, mit dem Ralph Meier den Satz »Das kannst du uns dann auf dem Revier erklären, du Niete!« aussprach, ausschließlich die Lachmuskeln anregte. Auch seine Rolle als Anführer einer Widerstandsgruppe in Die Brücke über den Rhein , dem teuersten niederländischen Spielfilm aller Zeiten, war kein Erfolg. Aus diesem Film sind mir vor allem der Überfall auf das Einwohnermeldeamt in Arnheim und der Satz »Wir müssen der Moffenhure verdammt noch mal eine Kugel durch den Kopf jagen!« in

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