Sommerhaus mit Swimmingpool
die Lippen fuhr, wenn er mich anschaute. Er schmatzte. Als wäre ich ein Hamburger! Wir standen am Grill, er stach mit der Gabel ins Fleisch, um zu schauen, ob es schon gar ist. Dann senkte er den Blick. Er schaute wie ein schlechter Schauspieler in einem Spielfilm, der komisch sein soll. Er rollte mit den Augen, während er auf meine Brüste starrte. Versteh mich nicht falsch: Manchmal macht so was Spaß. Manchmal macht es einer Frau Spaß, wenn ein Mann ihren Körper bewundert. Aber das war … war anders. Das war, wie hast du gesagt … dreckig. Ja, das war es. Ein dreckiger Blick. Ich wusste nicht, wohin ichgucken sollte. Und dann erzählte er auch noch einen Witz. Er fällt mir jetzt nicht mehr ein, aber es war ein dreckiger Witz. Er war nicht witzig, nur einfach dreckig. Du hättest ihn sehen sollen! Es gibt Leute, die lachen über einen Witz, als hätten sie ihn selbst erfunden. Genauso hat er gelacht.«
»Und jetzt hast du wahrscheinlich auch keine Lust mehr, ein paar Tage bei ihnen in ihrem Ferienhaus zu verbringen?«, fragte ich. Sie zögerte einen Moment.
»Nein, lieber nicht, nein«, sagte sie dann. »Ich mag das sowieso nicht, im Urlaub andere Leute besuchen, aber in diesem Fall schon gar nicht. Ich könnte keine Minute in Ruhe am Swimmingpool sitzen, wenn dieser Ralph in der Nähe ist.«
»Aber als wir an dem Abend aufgebrochen sind, hast du noch so getan, als ob du die Idee super fändest. Als wir uns verabschiedeten. Und im Auto hast du Julia und Lisa auch noch gefragt. Wie sie es fänden.«
Caroline seufzte.
»Ach, wir hatten doch alle ein wenig zu viel getrunken. Und man sagt doch nicht: Schon bei dem Gedanken, Sie in Ihrem Ferienhaus zu besuchen, wird mir schlecht. Und im Auto dachte ich vor allem an Julia. An diesen Jungen, der ihr so gefiel. Aber zum Glück war sie auch nicht so richtig begeistert.«
»Nun, wir werden sehen«, sagte ich. »Wir sind ja zu nichts verpflichtet.«
Und jetzt standen wir draußen am geöffneten Kofferraum unseres Autos. Ich witterte Morgenluft, aber ich musste meinen Widerstand gegen das Mitnehmen des Zeltes aufgeben. Und zwar sofort.
»Weißt du«, sagte ich. »Es ist ja schon wieder ein paar Jahre her. Manchmal vermisse ich es auch, das Zelten. Wir versuchen es einfach. Aber kein Zirkus mit Töpfen und Gasbrennern! Abends gehen wir schön essen.«
Meine Frau sah mich zweifelnd an. Im nächsten Augenblick fiel sie mir um den Hals.
»Marc! Das ist aber wirklich ganz schrecklich lieb von dir!«
Ich drückte sie an mich. Ich konnte es nicht ändern, aber ich dachte an die letzte halbe Stunde auf dem Gartenfest. Ich hatte Judith überall gesucht und sie schließlich in einer Ecke des Gartens gefunden, wo sie Gläser und Dosen und halb volle Schüsseln mit Chips und Nüssen aufräumte.
Ich hatte sie am Handgelenk gefasst. Und sie hatte sich erschrocken zu mir umgedreht. Aber als sie sah, dass ich es war, erschien ein fast verträumtes Lächeln auf ihrem Gesicht.
»Marc …«
»Ich muss dich wiedersehen«, sagte ich.
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13
Wir fuhren an einem Samstag los. Am ersten Tag übernachteten wir im Hotel. Am zweiten auch. Wir hatten keinen festen Plan, wie meist im Urlaub. Das heißt, eigentlich müsste ich sagen: Es hatte den Anschein, als hätten wir keinen festen Plan. Wir machten den Eindruck einer stinknormalen Familie mit zwei Töchtern, die sich gen Süden treiben ließ. In Wirklichkeit kamen wir fast unmerklich in die Nähe des Sommerhauses, in dem Ralph und Judith ihren Urlaub verbrachten.
Im dritten Hotel blätterte ich morgens im Bett in dem Campingführer, den wir im letzten Augenblick noch mitgenommen hatten. In einem Umkreis von zehn Kilometern um das Sommerhaus gab es drei Campingplätze.
»Was meint ihr?«, fragte ich. »Sollen wir morgen mal irgendwo unser Zelt aufschlagen?«
»Jaaa!«, jubelten Julia und Lisa wie aus einem Mund.
»Nur wenn das Wetter schön ist«, sagte Caroline und zwinkerte mir zu.
Das war der Plan. Mein Plan. Wir würden irgendwo zelten. Wir würden ein paar Tage, wenn nötig eine Woche, auf demselben Campingplatz bleiben. Irgendwo – am Strand, im Supermarkt, auf einer Terrasse in dem nahe gelegenen Städtchen – würden wir den Meiers zufällig über den Weg laufen.
Ein paar Wochen vor unserer Abreise hatte ich in einer Buchhandlung für Reiseführer eine sehr detaillierte Kartedes Gebiets gekauft, auf der jedes Haus eingetragen war. Und durch die Wegbeschreibung mit Adresse, die Judith uns ein paar Tage nach
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