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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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dem nichts vorausgeht und dem nichts folgt.
    Wir hatten das Zelt auf unserer ersten Urlaubsreise in den USA gekauft. Ein Vierpersonenzelt. Wir waren damals noch zu zweit. Wir schmiegten uns eng aneinander in unseren durch Reißverschlüsse miteinander verbundenen Schlafsäcken. Neben uns war noch viel Platz frei. Für die Zukunft. Nach dem Pinkeln blieb ich immer noch eine Weile draußen. Ich sah vom Mond zum vom Mond beschienenen Gras. Im Zelt schliefen außer meiner Frau inzwischen auch meine beiden Töchter. Erst wenn mir der erste kalte Schauer den Rücken hinunterlief, kroch ich zurück in die Wärme des Schlafsacks.
    Die umweltfreundlichen Sanitäranlagen bestanden aus ein paar Brettern mit einem Loch. Blickte man hinein, war nichts zu sehen, nur viel zu riechen. Auf der Tür – innen und außen – tummelten sich dicke blaue Fliegen, die sich auch durch noch so heftiges Wedeln mit den Händen nicht aus der Ruhe bringen ließen. Ich schloss die Tür schnell wieder und ging weiter. Bei einem umzäunten Stück Land stieß ich auf die »Bauernhoftiere«: ein Lama, ein paar Hühner und einen Esel. Der Boden war schlammig und mit Kot übersät, nirgends wuchs Gras. Im dunkelbraunen Fell des Lamas klebten Fäkalien und Schlammklumpen. Der Esel sah aus, als würde er jedenMoment zusammenbrechen. Er stand nah am Zaun, und ich konnte alle seine Rippen zählen. Er zitterte am ganzen Leib und schlug ständig mit dem Schwanz, um die Fliegen zu verjagen. Die Hühner saßen geduckt in einer Ecke.
    Heiße Wut stieg in mir auf. Ich war schon drauf und dran, zurückzugehen und meiner Familie anzukündigen, dass wir sofort abreisen würden, als jemand meine Hand berührte.
    »Papa …«
    »Lisa.«
    Die kleinen Finger schlossen sich um den Zeige- und Mittelfinger meiner linken Hand. Eine Zeit lang standen wir schweigend da und betrachteten die Tiere hinter dem Zaun.
    »Papa?«
    »Ja?«
    »Ist der Esel krank?«
    Ich holte tief Luft. »Ich weiß es nicht, Liebling. Es sind bloß zu viele Fliegen da. Sie ärgern ihn, siehst du?«
    Ich betrachtete den zitternden Esel, der gerade zwei schwankende Schritte auf uns zu machte und den Kopf über den Zaun streckte.
    »Darf ich ihn streicheln, Papa?«
    Ich reagierte nicht. Ich musste erst den Kloß im Hals loswerden.
    Lisa legte ihre Hand auf den Kopf des Esels. Er zwinkerte mit den Augen. Ich wandte den Blick ab.
    »Papa?«
    »Ja, Liebes?«
    »Können wir nachher was für ihn kaufen? Möhren oder so?«
    Ich legte beide Hände auf Lisas Schultern und zog sie an mich. Ich räusperte mich. Schließlich wollte ich meine Tochter nicht erschrecken.
    »Gute Idee, Liebling. Möhren, Salat, Tomaten. Da wirst du staunen, wie ihm das schmeckt.«
    Am Strand gab es nur ein einziges Restaurant, die Tische und Stühle standen einfach im Sand. Es war voll, aber wir hatten Glück und fanden noch einen letzten freien Tisch. Wir bestellten Bier für Caroline und mich, eine Fanta für Lisa und eine Cola-Light für Julia. Die Sonne war schon hinter den Felsen verschwunden, aber es war noch wunderbar warm.
    »Dürfen wir ans Meer?«, fragte Lisa.
    »Okay«, sagte Caroline, »aber bestellt erst mal was. Dann rufen wir euch, wenn es so weit ist.«
    Sie warfen einen raschen Blick auf die Speisekarte. Lisa wollte Makkaroni mit Tomatensoße, Julia nur Salat.
    »Julia, du musst was Richtiges essen. Noch einen Hamburger oder Makkaroni wie Lisa.«
    »Keine Lust«, sagte Julia. Sie stand auf. »Kommst du?«, sagte sie zu ihrer Schwester.
    »Passt gut auf«, sagte Caroline. »Und nicht ins Wasser, wenn wir nicht dabei sind. Bleibt auf dem Strand.«
    Julia verdrehte stöhnend die Augen. Lisa war schon davon. Julia folgte ihr langsam, die Slipper in der Hand. Sie trug nur ein T-Shirt und das rote Bikinihöschen, das sie sich kurz vor den Ferien gekauft hatte, und ich sah zwei Männer ein paar Tische weiter ihr nachschauen.
    »Sie isst wirklich zu wenig in letzter Zeit«, sagte Caroline. »Das ist nicht gut.«
    »Ach«, sagte ich. »So schlimm ist es doch nicht. Besser zu wenig als zu viel. Oder hättest du lieber eine Tochter mit Fettwülsten?«
    »Sehr witzig. Ich mache mir wirklich manchmal Sorgen. Zu Hause ist es das Gleiche. Sie isst nur den Salat und sagt dann, sie hätte keinen Hunger mehr.«
    »Das ist in ihrem Alter ganz normal. Sie will so aussehen wie die Fotomodells in den Zeitschriften. Kate Moss isst bestimmt auch nicht viel. Aber lieber so als andersrum. Hier spricht nicht dein Ehemann, sondern der

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