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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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Arzt.«
    Wir tranken noch ein Bier und bestellten eine Flasche Weißwein. Die Sonne war jetzt ganz untergegangen. Hinter dem Restaurant ragten die Felsen steil empor. Oben standen ein paar Villen, in denen schon die ersten Lichter angingen. Ich hörte die Brandung, aber der Strand fiel ziemlich schräg ab, sodass wir unsere Töchter vom Tisch aus nicht sehen konnten.
    »Soll ich mal schauen, wo sie sind?«, fragte Caroline.
    »Ach, warte doch, bis das Essen da ist. Was kann schon passieren?«
    Im Grunde machte ich mir immer genauso viel Sorgen wie sie, aber so hatte es sich eben zwischen uns eingespielt: Sie äußerte ihre Besorgnis, und ich bagatellisierte sie. Wäre ich hier mit meinen Töchtern allein gewesen, dann wäre ich schon dreimal am Strand gewesen, aus Angst, sie könnten von den Wellen aufs offene Meer getragen werden …
    Caroline nahm meine Hand.
    »Marc«, sagte sie, »wird es dir nicht zu viel, dieser Campingplatz? Es ist ja wirklich urig hier. Wir hätten auch auf einen Campingplatz mit etwas mehr Luxus gehen können.«
    »Ich war vorhin bei den Tieren. Die sind schwer unterernährt. Richtig krank.«
    »Sollen wir uns morgen etwas anderes suchen?«
    »Eigentlich müsste man dieses Arschloch anzeigen. Aber dann muss er den Saftladen vermutlich dichtmachen – und die Tiere werden notgeschlachtet.«
    Ein Junge in T-Shirt und Jeans brachte den Wein. Er entkorkte die Flasche und stellte sie in einem einfachen Kühler auf den Tisch. Er hatte nicht gefragt, ob wir ihn probieren wollten. Aber das stellte sich auch als überflüssig heraus. Der Wein war eiskalt und schmeckte nach Trauben, die zum Weichwerden über Nacht in einem Bergbach gelegen hatten.
    »Wir fahren morgen einfach weiter«, sagte Caroline. »Willst du den Mann wirklich wegen der paar kranken Tiere anzeigen?«
    »Ich habe nur die Reiseapotheke dabei, aber auch Antibiotika. Ich werde morgen mal schauen, was ich machen kann.«
    »Marc, du hast Urlaub. Fang doch nicht gleich am ersten Tag wieder ein Projekt an. Es ist ja lobenswert, aber …«
    Diesen Vorwurf machte mir Caroline regelmäßig. Im Grunde war das der einzige Konfliktpunkt zwischen uns: dass ich im Urlaub immer etwas zu tun haben musste. Sie konnte stundenlang mit einem Buch am Swimmingpool sitzen. Oder nur mit Sonnenbrille bekleidet in einem Liegestuhl am Strand liegen und vor sich hin träumen. Während ich mich schon nach einer halben Stunde langweilte. Am Strand schüttete ich Wälle auf und baute Sandburgen, im Ferienhaus säuberte ich den ganzen Weg von der Tür bis zur Straße von Unkraut. Sogar meinen Töchtern wurde es manchmal zu viel. Anfangs halfen sie mir noch beim Graben der Rinnen, damit bei Flut das Wasser zurückfließen konnte, ohne die Sandburg zu zerstören, aber nach einer Stunde reichte es ihnen. »Wir machen mal Pause, Paps.« Und Caroline: »Marc, leg dich doch mal hin. Ich werde ja schon vom Zusehen müde!«
    Ich wollte gerade einwenden, es sei meine ärztliche Pflicht, etwas für die armen Tiere zu tun, es würde bestimmt nicht viel Zeit kosten, als wir Julias Stimme hörten.
    »Papa! Mama!«
    Caroline knallte das Glas auf den Tisch und sprang auf. »Julia!«, rief sie. »Was ist passiert?«
    Aber es war gar nichts passiert. Julia kam seelenruhig anmarschiert. Sie winkte uns zu. Sie war nicht allein. Neben ihr ging ein Junge, den ich sofort erkannte, obwohl ich ihn nur einziges Mal gesehen hatte. Seine blonden Locken. Noch mehr seine Gangart: ein schleppender Schritt, als falle ihm das Gehen schwer.
    »Ihr glaubt nicht, wer hier auch ist«, rief Julia schon von Weitem.

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15
    Manchmal geht alles zu schnell.
    »Wusstest du es?«, fragte Caroline, als wir später am Abend noch vor dem Zelt ein letztes Glas Wein tranken. Julia und Lisa schliefen schon. »Ja, du hast es gewusst«, sagte sie, ohne eine Antwort abzuwarten. Es war dunkel. Ich war froh, dass ich sie nicht anzusehen brauchte. »Warum, Marc? Warum?«
    Ich schwieg. Ich drehte mein Glas hin und her und nahm noch einen Schluck. Es war leer. Wir saßen auf unseren niedrigen Klappstühlen, die Beine ausgestreckt zwischen den Kiefernnadeln. Manchmal krabbelte etwas über meine Füße. Eine Ameise. Eine Spinne. Doch ich rührte mich nicht.
    »Ich dachte, du wolltest diesen Ralph nicht in meiner Nähe haben«, sagte Caroline. »Ich habe dir doch noch gesagt, ich will da nicht hin. Und dann suchst du dir einen Campingplatz direkt neben ihrem Sommerhaus aus?«
    Sie hatte eine Kerzenlaterne an die

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