Sommerhaus mit Swimmingpool
blies. Ich brauchte gar nichts Aufregendes zu sagen, ich war aufregend. Ich war jedenfalls tausendmal aufregender als der Langweiler.
Mein Äußeres habe ich bereits erwähnt. Hinzufügen muss ich noch, dass ich auf den ersten Blick nicht wie ein Arzt aussehe. Jedenfalls nicht auf Geburtstagspartys. Ist ein Arzt anwesend?, rufen die Leute, wenn jemand ohnmächtig wird oder sich die Hand an einem zerbrochenen Glas geschnitten hat. Mich übersehen sie dann immer: einen Mann in nicht mehr allzu neuen Sportschuhen, in nicht ganz taufrischen Jeans, über die ein T-Shirt hängt. Das Haar absichtlich zerzaust. Bei meinem Haar geht das. Bevor ich mich zu der Geburtstagsparty aufmache, stelle ich mich vor den Spiegel, lege die Hände an den Kopf und rubble. Danach sitzt mein Haar genau richtig.
Ich sah die Frau an, die sich als Caroline vorgestellt hatte. Und auf einmal wusste ich, warum sie mit dem Langweiler zusammen war. Die biologische Uhr. Sie hatte einen Blick auf die Uhr geworfen und festgestellt, dass die Zeit drängte. Aberdas wäre jammerschade gewesen. Ich sah den Langweiler an. Ich sah schwache Gene. Hässliche Kinder, die von einem Pfeife rauchenden Vater von der Schule abgeholt würden. Sie hatte gesagt, sie fühle sich »nicht gut«, fiel mir jetzt ein. Kam ich etwa zu spät? Dieser Gedanke entsetzte mich dermaßen, dass ich ohne viel Federlesens gleich zur Sache kam.
Mit einer schwangeren Frau hätte ich noch ein paar Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht und sie dann dem Langweiler überlassen. Die Kinder würden in einem Haus aufwachsen, in dem alles, Kleider, Möbel, Vorhänge, nach Pfeife stinkt.
»Manche Frauen glauben, sie dürften während der Schwangerschaft keinen Alkohol trinken«, sagte ich. »Aber ein Gläschen Rotwein hat noch nie jemandem geschadet. Im Gegenteil. Es entspannt, auch das Ungeborene.«
Caroline wurde rot. Einen Augenblick fürchtete ich, richtig geraten zu haben, doch sie warf nur einen Blick auf den Langweiler und sah mich wieder an.
»Ich … wir … wir versuchen es«, sagte sie. »Schwanger zu werden. Aber bis jetzt ohne Erfolg.«
Ich seufzte tief. Es war ein Seufzer der Erleichterung.
»Verzeihung«, sagte ich. »Was mischt der sich ein?, fragen Sie sich wahrscheinlich. Aber es ist eine Art déformation professionnelle . Wenn eine Frau sagt, sie fühle sich nicht so gut, denke ich gleich … na ja, Sie wissen schon.«
Sie kniff die Augen zusammen. Déformation professionnelle? , las ich in ihrem Blick. Was für ein Beruf?
»Ich bin Hausarzt«, sagte ich.
Ohne den Blick von ihr abzuwenden, griff ich mir ins Haar und zerzauste es noch mehr. Den Langweiler ignorierte ich völlig. Als wären wir nur noch zu zweit. So war es auch.
»Hausarzt«, sagte Caroline. Und lächelte. Sie versuchte gar nicht erst zu verbergen, dass sie jetzt einen kurzen, prüfenden Blick auf den Rest meines Körpers warf. Offenbar gefiel ihr, was sie sah, ihr Lächeln zeigte mir ihre schönen Zähne.
Was hast du damals eigentlich gedacht?, habe ich sie später gefragt. Mindestens zweimal im Jahr. Wir erinnerten uns gerne daran.
»Ich dachte: Darauf wäre ich wirklich nicht gekommen«, antwortete Caroline dann immer. »Ein interessanter Hausarzt, dachte ich. Mit seinem zerzausten Haar und diesen abgetragenen Klamotten. – Und du? Was hast du gedacht?«
»Ich dachte: Was macht sie bloß mit diesem Langweiler? Jammerschade. So eine aufregende, schöne Frau im Pfeifendunst.«
»Wenn du dich wirklich nicht gut fühlst, Caroline«, ließ sich der Pfeife rauchende Langweiler aus dem Off vernehmen, »dann gehen wir besser.«
»Ich glaube, ich bleibe noch ein wenig«, antwortete sie. »Ich glaube, ich trinke noch ein Glas Rotwein.«
»Guck doch, Papa! Da!«, rief Lisa auf dem Rücksitz.
»Was?«, sagte ich und stieg auf die Bremse. »Wo?«
»Da! Der Junge, der da geht. Das ist Alex.«
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17
»Will noch jemand Sardinen? Es sind genug da.«
Ralph wischte sich die Finger an seinem T-Shirt ab und sah uns fragend an. »Du, Caroline? Emmanuelle, you want some more? You can have it . Nein, wie sagt man das auf Englisch?« Er zwinkerte Stanley zu. »Ihr macht es ja nichts aus, wir müssen auf unsere Linie achten. Marc, du noch? Greif zu, du bist doch Arzt. Sardinen sind gesund. Da sind doch die guten Fette drin, oder?«
»Ja, schon«, sagte ich und strich mir über den Bauch. »Aber da geht wirklich nichts mehr rein, Ralph. Vielen Dank.«
Wir saßen an zwei aneinandergeschobenen weißen
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