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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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Plastiktischen draußen auf der Terrasse, die rundherum von einer halbhohen, bogenförmigen Mauer mit eingelassenen Muscheln und Fossilien umgeben war. Der Grill stand in einer Nische der Mauer und hatte sogar einen Abzug in Form eines mit roten Ziegeln verkleideten Schornsteins. Trotzdem waberte der Fischgeruch zwischen uns wie der dichte Rauch eines Feuers. Er blieb überall hängen: an unseren Kleidern, unserem Haar, an den Weinranken und Palmenblättern über uns. Ich hatte gehofft, es würde Fleisch geben. Lamm oder Schwein. Zur Not Hähnchenkeulen. Ich kann Sardinen auf den Tod nicht ausstehen. Nicht die aus der Dose, deren Gräten sich schon in der Marinade aufgelöst haben, sondern die frischen. Man ist länger mit dem Entgräten beschäftigt alsmit dem Essen. Und wenn man glaubt, es endlich geschafft zu haben, bleiben einem pro Bissen immer noch gut zwanzig Gräten zwischen den Zähnen und im Hals stecken. Und dann der Geruch oder, besser gesagt: der Gestank! Ein deutliches Warnsignal, derartige Nahrung zu meiden. Man hat den Gestank noch tagelang an den Händen, unter den Fingernägeln. Die Klamotten steckt man am besten sofort in die Waschmaschine. Duschen und das Haar gründlich waschen. Doch auch dann noch erinnern einen die ganze Nacht und den nächsten Morgen die Rülpser an das, was man am Abend zuvor gegessen hat.
    »Vera?«, fragte Ralph jetzt Judiths Mutter. »Du wirst mich doch hoffentlich nicht auch enttäuschen!«
    Es war das erste Mal, dass ich jemanden ihren Namen aussprechen hörte. Sie hatte kurz geschnittenes graues Haar.
    Vera, wiederholte ich den Namen in Gedanken. Ihre Frisur passte eher zu einer Thea oder Ria. Sie hatte ein liebes, doch leeres Gesicht, für ihr Alter wenig Falten. Eine praktische, gesunde Frau, die aller Wahrscheinlichkeit nach ein ordentliches Leben geführt hatte, ohne allzu große Ausschweifungen, und die nach dem einen Glas Wein, das sie getrunken hatte, schon einzunicken drohte. Ich erwartete jeden Moment, dass sie sich entschuldigen und zur Nachtruhe begeben würde.
    Kurz nach unserer Ankunft hatte Judith uns durch das Sommerhaus geführt. Im ersten und größten Stockwerk befanden sich Wohn- und Esszimmer, die Küche und drei Schlafzimmer. Auch ohne Judiths Erklärungen hätte ich gewusst, wer wo schlief. Das Zimmer mit dem Doppelbett und den Bücherstapeln und Zeitschriften auf den Nachttischen war das von Ralph und ihr, das etwas kleinere mit zwei Einzelbetten, in dem auf dem Fußboden Kleidungsstücke, Schuhe, Tennisbälle und Taucherbrillen herumlagen, war das von Alex und Thomas und das kleinste Zimmer mit Einzelbett das der Mutter. Aus mir unerfindlichen Gründen blieb ich hier etwas längerin der Tür stehen, während Judith und Caroline schon wieder zum Wohnzimmer zurückgingen. Das Zimmer war so gut wie leer, fast wie die Zelle einer Nonne. Über der Rückenlehne des einzigen Stuhls hing eine braune Strickweste, darunter standen ordentlich nebeneinander zwei violette Pantoffeln. Über dem Bett an der Wand hing die Kohlezeichnung eines an Land gezogenen Fischerbootes. Auf dem Nachttisch stand ein gerahmtes Foto – davon ging ich zumindest aus, obwohl ich nur die Rückseite sehen konnte. Ich hörte, wie die Stimmen der Frauen sich entfernten. Ich hätte leicht meine Neugierde befriedigen und schauen können, wen (oder was) das Foto zeigte, aber ich hielt mich zurück. Es würde sich später bestimmt noch eine Gelegenheit ergeben. Vom Wohnzimmer aus hatte man durch die große Fensterfront einen ungehinderten Blick zu den Hügeln, die die Küstenlinie bildeten, doch das Meer sah man nicht. Hier standen hauptsächlich hässliche Möbel. Eine grüne Couch und zwei ebenso grüne Sessel, deren Bezug aus Kunstleder oder Kunststoff war. Ein niedriger Rohrtisch mit einer Platte aus Milchglas. Der Esstisch aus dunklem Massivholz, die Rückenlehnen der dazugehörigen Stühle mit rotem Plüsch bezogen. »Die Besitzer sind Engländer«, sagte Judith.
    Im Erdgeschoss befanden sich ein vom Rest des Hauses getrenntes Apartment und eine Garage. Hier wohnten Stanley und Emmanuelle. Ich hatte die vage Hoffnung, dass Judith uns auch hier herumführen würde, doch sie öffnete die Tür nur einen Spalt und rief etwas. Stanley kam heraus, ein weißes Badehandtuch um die Taille geschlungen, das bis knapp unter seine Knie reichte. »Emmanuelle duscht gerade«, sagte er. Ich betrachtete den nackten Teil seines Körpers. Für sein Alter war sein Bauch noch ziemlich straff. Straff

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