Sommerhaus mit Swimmingpool
Aber Desperate Housewives … Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das doch ziemlich unglaubwürdig finde. Auch ein bisschen albern. Aber vielleicht ist es mehr eine Serie für Frauen. Emmanuelle ist ganz verrückt danach. Nicht? Emmanuelle? You like ›Desperate Housewives‹ a lot, right ?«
Er musste ihren Arm anstoßen und die Frage wiederholen, bevor sie reagierte.
»›Desperate Housewives‹ … is nice« , sagte sie schließlich zu niemandem im Besonderen.
»Gut, das ist klar und deutlich«, sagte Stanley. Er grinste Caroline an. » Anyway , diese Serie wird von HBO produziert, das auch The Sopranos und The Wire gemacht hat. Die teuerste Serie aller Zeiten . Oder habe ich das schon gesagt?«
»Ja«, sagte Caroline. »Aber das macht nichts.«
»Über die Entstehung des römischen Kaiserreichs. Die ganze Blütezeit sozusagen. Von Julius Caesar bis Nero. Das Einzige, worüber man sich noch nicht geeinigt hat, ist der Titel. Sie schwanken noch zwischen Rom und Augustus . Aber weil sieben der dreizehn Folgen in der Regierungszeit von Kaiser Augustus spielen, glaube ich, dass es Augustus wird.«
»Und Ralph?«, fragte ich.
»Ralph spielt den Kaiser«, sagte Stanley. »Kaiser Augustus.«
»Ja, das weiß ich. Ich meine, wie bist du auf Ralph gekommen? Für diese Rolle?«
»Vor vielen, vielen Jahren, als ich noch in Holland wohnte, habe ich schon mit Ralph zusammengearbeitet. Ich weiß nicht, habt ihr jemals Früchtchen gesehen?«
Ich musste kurz nachdenken, aber dann fiel es mir wieder ein. Ich hatte den Film, glaube ich, damals nicht im Kino, sondern viel später im Fernsehen gesehen. Früchtchen … Halbstarke und ihre Mopeds, für die damalige Zeit ziemlich viel Sex und Gewalt. Es gab eine Szene, die sogar einen schlechten Film unsterblich machen kann. Ein paar Jungen spannen einen Draht über die Straße. Auf Kopfhöhe. Ein Moped rast heran. Und dann der über den Asphalt rollende Kopf, der in der Böschung landet. Nein, in einem Wassergraben. Der Kopf ragt noch gerade aus dem Wasser. Man sieht ein erstaunt blickendes Auge zwischen der Entengrütze. Ein Auge, das noch einmal blinzelt. Und dann wechselt die Kameraperspektive. Man sieht, was das Auge sieht. Einen Frosch, der am Rand sitzt und genauso verdutzt den Kopf anstarrt wie der Kopf ihn. Er fängt an zu quaken, das Bild verschwimmt und wird schließlich schwarz. Es war klar, was der Zuschauer denken sollte: Der Kopf lebte noch, als er in den Wassergraben fiel.
»Meine Eltern haben mir damals verboten reinzugehen«, sagte Caroline.
»Ach ja?«, fragte Stanley mit amüsiertem Blick. »Warst du damals so jung?«
»Spielte Ralph in dem Film?«, fragte ich. »In Früchtchen ? Daran erinnere ich mich überhaupt nicht.«
»Mir tut immer noch der Hals weh!«, rief Ralph, der offenbar zugehört hatte. »Hahaha!«
»War er das?«, fragte ich Stanley. Ich drehte mich zu Ralphum. »Warst du das in dem Wassergraben? Da habe ich nie dran gedacht.«
»Es freut mich, dass du die Highlights der Filmgeschichte kennst, Marc«, sagte Ralph. »He, Stanley, findest du nicht auch? Man hört es doch immer wieder gern, dass sich noch jemand an diese Szene erinnert.«
»Oh, pfui Teufel, jetzt weiß ich es wieder!«, rief Caroline. »Der abgeschnittene Kopf im Wassergraben! Ich habe den Film später doch gesehen, aber ich habe nicht hingeguckt. Meine Eltern hatten vollkommen recht gehabt.«
Ralph lachte sein dröhnendes Lachen, und Stanley stimmte ein. Emmanuelle hob kurz den Kopf. Ein verträumtes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, aber sie fragte nicht, was los sei. Ich musste an Stanleys spätere Filme denken, die er in Hollywood gedreht hatte. Ich hatte sie nicht alle gesehen, aber auch in ihnen zeigte er immer alles, wie man so sagt. Sowohl abgerissene Gliedmaßen und blutige Stümpfe wie pochende Geschlechtsteile. Den Inhalt vergaß man schnell, doch diese expliziten Szenen waren sein Warenzeichen geworden.
»Wo bleibt Judith?«, fragte Ralph. »Ich sterbe vor Durst.«
Ja, wo blieb Judith? Sie war ins Haus gegangen, um Wein zu holen, und sie war immer noch nicht wieder da. Judiths Mutter, die am anderen Ende des Tisches saß, gähnte hinter vorgehaltener Hand. »Ja, ja«, sagte sie.
Ich lehnte mich zurück und schaute mich um. Zur Steintreppe, die zum ersten Stock führte. Zum überdeckten Umgang an der Seite des Hauses, unter dem Lisa und Thomas im gelblichen Licht einer Neonröhre Tischtennis spielten. Mehr als eine Portion Sardinen hatten sie
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